Die Magie von Pax. Sarah Nicola Heidner
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»Viel Glück«, formte ich lautlos mit den Lippen, dann folgte Bea ihrer Mentorin Quandri aus der Mensa. Alleine aß ich mein Müsli auf und beobachtete, wie nach und nach alle älteren Schüler von ihren Mentoren abgeholt wurden, bis nur noch die Unter- und Mittelstufenschüler da waren, deren Unterricht erst um kurz nach neun Uhr begann.
Ich dachte schon, dass mich niemand mehr abholen würde, als Yu Weiß die Mensa betrat.
»Sofia, kommst du mit?«, fragte er und ich stand sofort auf. Wir gingen in einen leerstehenden Klassenraum, der nicht von den Klassen genutzt wurde. Yu Weiß setzte sich auf (ja, auf! Das machte ihn sehr sympathisch) das Lehrerpult und ich nahm auf der Fensterbank Platz. »Weißt du, was die Magie der Schwarzkutten ist?«, fragte er sofort ohne eine Art von Erklärung oder Einleitung á la »Ich bin jetzt dein neuer Mentor und erzähle dir erst einmal etwas von den Themen, die wir ansprechen werden.«
»Sie beherrschen die Nekromantie – Totenmagie. Aber niemand weiß wirklich, welche Magie sie haben. Die Schwarzkutten schotten sich sehr von uns ab«, sagte ich sofort und schauderte. Schwarzkutten waren gefährlich. Sie waren sehr mächtig, standen aber nicht, wie die Blaukutten, für Weisheit und Güte, sondern für List und Falschheit. Das war natürlich nicht fair, weil es natürlich auch miese, arrogante Blaukutten und nette Schwarzkutten gab, aber dennoch hatten die Schwarzkutten eben diesen Ruf – und auf die Mehrheit trafen die Eigenschaften List und Falschheit auch zu.
»Und ab welchem Jahr setzt die Magie bei Kindern ein?«
Ein heikles Thema für mich. »Ab sechs Jahren«, sagte ich leise. Ich wusste nicht, wie lange Yu Weiß mir Fragen stellte. Es gab allgemeine Fragen, dann bezogenen sie sich auch wieder auf ein bestimmtes Kraut oder eine Art von Magie. Irgendwann nickte er. »Du weißt wirklich viel, Sofia. Das ist eine gute Grundlage. Du fragst dich sicher, was ich mit dir machen werde, da du keine Magie beherrschst.«
Ich zuckte zusammen, aber er redete einfach weiter. »Wir werden hier natürlich viel Theorie machen, aber auch etwas anderes. Und ich muss dir das Versprechen abnehmen, darüber mit niemandem, wirklich niemandem, zu sprechen. In Ordnung?«
Verwirrt nickte ich. Was wollte er denn mit mir schon machen?
»Gut«, sagte er. »Denn ich werde dich ein bisschen auf das Leben vorbereiten. Ich möchte, dass du fragst, wenn du etwas nicht verstehst. Aber ich werde dir nicht sagen, warum wir bestimmte Dinge tun. Das bedeutet, dass du lernen musst, mir zu vertrauen. Du kannst jetzt zum Mittagessen gehen. Nach der Pause hole ich in deinem Zimmer ab.«
Sehr verwirrt machte ich mich auf den Weg zum Mittagessen. Bea saß schon an unserem Tisch und stocherte in ihren Nudeln herum.
»Sie ist schrecklich«, zischelte sie mir zu, als ich mich neben sie setzte und deutete mit dem Kopf in Richtung Lehrertisch. »Wir haben die ganze Zeit nur Gegenstände verrückt«, stöhnte sie. »Kein Wort hat Quandri gesagt. Kein Wort! Na ja, wie war es bei dir?«
»Yu Weiß hat die ganze Zeit Fragen gestellt«, sagte ich vorsichtig. »Ich bin mal gespannt, was wir beim Nachtmittagsunterricht machen.« Ich wollte Bea von den Andeutungen erzählen, aber ohne dass ich wusste, worum es überhaupt ging, machte es wenig Sinn.
Bea war wegen Quandri schlecht gelaunt und so gingen wir gleich nach dem Essen auf unser Zimmer und übten Gegenstände verschieben (Bea natürlich, ich feuerte sie nur an). Ich liebte es, wenn sie Kissen allein mit Gedankenkraft durchs Zimmer fliegen ließ und war mir sicher, dass Quandri stolz auf sie sein würde.
Quandri holte Bea als erstes ab, sie kam (ohne zu Klopfen übrigens!) in unser Zimmer und das Kissen, das Bea mir gerade ohne es zu berühren an den Kopf werfen wollte, segelte langsam auf halbem Weg zu Boden.
Quandri hob die Brauen. »Gut, dass du übst«, sagte sie gönnerhaft und nickte mit dem Kopf in Richtung Tür. Bea trottete ihr missmutig hinterher. Yu Weiß kam dieses Mal sehr kurz nach Quandri, um mich abzuholen – im Gegensatz zu ihr klopfte er jedoch höflich an, und stürmte nicht einfach in unser Zimmer.
Ich folgte ihm wieder in ein leeres Klassenzimmer. Kaum hatten wir den Raum betreten, als Yu Weiß sich ein Stück Kreide aus dem Behälter neben der Tür nahm und etwas an die Tafel schrieb:
1. Beobachten
2. Verstehen
3. Reagieren
Seine Schrift war ordentlich und gerade – was für Mentoren und Lehrer meiner Meinung nach sehr ungewöhnlich war. Die Schrift der meisten Lehrer, die ich in den letzten zehn Jahren gehabt hatte, konnte man in etwa so gut entziffern, wie mir Magie beibringen. Verwundert setzte ich mich auf einen der Tische in der ersten Reihe und ließ meine Füße baumeln. »Das«, sagte Yu Weiß, »ist sehr wichtig. Ich möchte, dass du dir das einprägst. Alles was du tust, sollte auf diesen drei Dingen beruhen. Du beobachtest etwas, erschließt, was passiert ist und reagierst angemessen.«
Ich runzelte immer noch verwirrt die Stirn, weil ich nicht wusste, was er mir damit sagen wollte. »Ich nenne dir ein Beispiel«, sagte Yu Weiß, der mir wohl ansah, dass ich ihn nicht verstand. »Angenommen, ich würde jetzt zusammenbrechen und Blut spucken. Du würdest sehen, was mit mir passiert, dann würdest du dich hoffentlich daran erinnern, dass vor allem Babaspilze eine solche Wirkung haben. Deine Reaktion wäre das Holen eines Krankenwagens. Verstehst du, was ich meine?«
Ich nickte langsam. Ja, ich verstand, was er meinte, aber ich wusste immer noch nicht, was er mir damit sagen wollte. Warum dachte er, dass so etwas gerade für mich wichtig wäre, mich aufs Leben, wie er gesagt hatte, vorbereiten würde?
»Nun, ich möchte, dass du das anwendest. Nicht nur bei alltäglichen Gelegenheiten, sondern überall. Wenn du etwas Merkwürdiges siehst, das du nicht verstehst, solltest du dir Informationen beschaffen, damit du es verstehst und anschließend reagieren kannst.«
Den Rest des Unterrichts redeten wir über Magie im Allgemeinen, wie sie sich auswirkte, wenn sie begann (beispielsweise litten viele sechsjährige, wenn sie ihre Magie bekamen, unter Schlafstörungen, Fieber und Kopfschmerzen).
Beas Mentorin Quandri war wohl genauso merkwürdig wie Yu Weiß.
»Sie meinte, ich solle Mentorin werden«, Bea tickte sich gegen die Stirn. Ich saß mit angezogenen Beinen auf dem Rand der Dusche, während Bea sich schminkte. (Sie hatte vor, Luis heute zu fragen, ob sie sich mal treffen wollten. Seit der achten Klasse waren die beide eines von diesen Fast-Paaren, bei denen man sich fragt, weshalb sie noch nicht zusammen sind.)
»Genau, ich. Sehr lustig. Morgen will sie mit mir in die Stadt fahren und ein paar Dinge besorgen, die wir bewegen können. Keine Ahnung, woran sie so denkt. Sessel vielleicht«, Bea grinste und steckte ihre Schminksachen wieder in ihre kleine Tasche zurück. »Und was habt ihr gemacht?«
Ich erzählte ihr von den drei Stichworten an der Tafel. »Ich hab das Gefühl, dass Yu Weiß ziemlich merkwürdig ist«, sagte ich. »Ob das gut oder schlecht ist – keine Ahnung.«
Bea schaffte es an diesem Abend tatsächlich, Luis zu fragen. Sie verabredeten sich für das Wochenende in einem Restaurant in der Stadt (was natürlich nicht erlaubt war) und Bea vergaß sogar ihren Ärger wegen ihrer Mentorin Quandri. Erst als wir in den Betten lagen, kamen wir wieder auf unsere Mentoren zu sprechen.
»Kopf hoch und Schultern raus, Bea«, ahmte Bea die Stimme ihrer Mentorin nach.
Ich