Compliance-Handbuch Kartellrecht. Jörg-Martin Schultze

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Compliance-Handbuch Kartellrecht - Jörg-Martin Schultze Recht Wirtschaft Steuern - Handbuch

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in den meisten Fällen nur eine Ordnungswidrigkeit vorliegt, ermittelt grundsätzlich die Kartellbehörde gegen das Unternehmen und setzt ein Bußgeld fest. Ist aber mit dem Wettbewerbsverstoß gleichzeitig ein Straftatbestand erfüllt, sah der VerSanG-E die Möglichkeit vor, dass bei Untätigkeit der Kartellbehörde die Staatsanwaltschaft nicht nur gegen die Mitarbeiter, sondern auch gegen das Unternehmen ermittelt und es zur Festsetzung einer Verbandssanktion durch ein Strafgericht käme.82

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       3. Zivilrechtliche Nichtigkeit

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      Die zivilrechtliche Nichtigkeit kartellrechtswidriger Vereinbarungen ist im Kontext von Hard-core-Kartellen nur selten relevant. Die wenigsten Unternehmen sind heute noch derart unbedarft, den Versuch zu unternehmen, die Einhaltung dieser Abreden gerichtlich einzuklagen. Passiert es doch, wird sich auch das Bundeskartellamt der Sache annehmen: Gemäß § 90 i.V.m. § 87 GWB sind die Zivilgerichte verpflichtet, das Bundeskartellamt über Rechtsstreitigkeiten zu informieren, deren Ausgang ganz oder teilweise von Normen des deutschen oder europäischen Kartellrechts abhängt.

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      Von besonderer Bedeutung ist die zivilrechtliche Nichtigkeit kartellrechtlicher Verträge dagegen im Zusammenhang mit Lizenzverträgen, Forschungs- und Entwicklungskooperationen, Liefer- oder Vertriebsverträgen oder auch im Transaktionskontext. Hier hat die Nichtigkeit beschränkender Klauseln oder gar des ganzen Vertrages (etwa bei einem Verstoß gegen das fusionskontrollrechtliche Vollzugsverbot) erhebliche kommerzielle Konsequenzen, da mit diesen Verträgen oft ein hohes Investitionsvolumen einhergeht.

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      Auch der Verstoß gegen das Missbrauchsverbot ist verboten und ein entsprechendes Verhalten folglich nach § 134 BGB nichtig.

       4. Wettbewerbsregister

      Am 29.7.2017 ist das Gesetz zur Einführung des Wettbewerbsregisters in Kraft getreten.90 Im März 2021 hat das Bundeskartellamt den Betrieb des Registers, das in Form einer elektronischen Datenbank geführt wird, aufgenommen; die Mitteilungs- und Abfragungspflichten sind jedoch erst anwendbar, sobald sie im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Öffentliche Auftraggeber sind danach ab einem Auftragswert von EUR 30.000 verpflichtet, das Wettbewerbsregister im Rahmen von Vergabeverfahren einzusehen und zu prüfen, ob Unternehmen an Wirtschaftsdelikten beteiligt waren und deshalb von einem Auftrag auszuschließen sind oder ausgeschlossen werden können. § 123 Abs. 1 und 4 GWB beinhalten Delikte, für die rechtskräftige Verurteilungen, Strafbefehle oder Bußgeldentscheidungen zwingend zum Ausschluss aus dem Vergabeverfahren führen (darunter Bestechung, Menschenhandel, Bildung krimineller Vereinigungen, Terrorismusfinanzierung, Geldwäsche, Vorenthalten von Sozialabgaben, Steuerhinterziehung). Zu den in § 124 GWB aufgeführten fakultativen Ausschlussgründen zählen Submissionsabsprachen sowie Verstöße gegen das Kartellrecht. Nach drei (fakultative Ausschlussgründe) bzw. fünf Jahren (zwingende Ausschlussgründe) sind die Einträge zu löschen. Allerdings haben Unternehmen die Möglichkeit, durch eine Selbstreinigung eine vorzeitige Löschung zu erwirken. Die Voraussetzungen der Selbstreinigung sind in § 125 GWB explizit geregelt: Dazu ist erforderlich, dass das Unternehmen (i) für jeden durch eine Straftat oder ein Fehlverhalten verursachten Schaden einen Ausgleich gezahlt oder sich zur Zahlung eines Ausgleichs verpflichtet hat, (ii) die Tatsachen und Umstände, die mit der Straftat oder dem Fehlverhalten und dem dadurch verursachten Schaden in Zusammenhang stehen, durch eine aktive Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden und dem öffentlichen Auftraggeber umfassend geklärt hat, und (iii) konkrete technische, organisatorische und personelle Maßnahmen ergriffen hat, die geeignet sind, weitere Straftaten oder weiteres Fehlverhalten zu vermeiden.

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      Letzteres setzt ein wirksames Compliance-Programm voraus. Wie dieses konkret ausgestaltet werden muss, hat das Bundeskartellamt als Registerbehörde in seinen Anfang Juni 2021 zum Zwecke der öffentlichen Konsultation veröffentlichten Entwurfsfassungen von „Leitlinien zur vorzeitigen Löschung einer Eintragung aus dem Wettbewerbsregister wegen Selbstreinigung“ sowie von „Praktischen Hinweisen für einen Antrag“ dargelegt (abrufbar unter www.bundeskartellamt.de/DE/Wettbewerbsregister).

       5. Schadensersatzrisiken

      „Einen ergänzenden Beitrag zur Abschreckungswirkung des Kartellrechts leistet in den letzten Jahren zunehmend das Instrument privater Schadensersatzklagen. Müssen Kartellmitglieder neben einem empfindlichen Bußgeld auch mit zusätzlichen Forderungen der geschädigten Kunden auf Schadensersatz rechnen, schwächt dies spürbar die Attraktivität illegaler Absprachen. Die Bedingungen für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Kartellrechtsverstößen haben sich durch die zunehmende gerichtliche Praxis und höchstrichterliche Entscheidungen in den vergangenen Jahren weiter verbessert.“

      Informationsbroschüre des Bundeskartellamtes 2017 – Erfolgreiche Kartellverfolgung – Nutzen für Verbraucher und die Wirtschaft

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