Rechtsgeschichte. Stephan Meder

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Rechtsgeschichte - Stephan Meder

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und innenpolitischen Konflikten im Prinzipat des Augustus 27 v. Chr. Das Wort princeps blieb bis in die Spätantike hinein die häufigste Bezeichnung für den Kaiser. Augustus hatte das Wort gewählt, weil er nichts anderes sein wollte als der erste Bürger einer freien Stadt, in der es einzelnen nicht gestattet ist, sich als Herren über alle anderen emporzuschwingen. Die Wahl des Wortes hat insoweit eine strategische Bedeutung.

      Augustus bewahrt durch weise staatspolitische Maßnahmen die Gesellschaft vor dem Niedergang und legt die Grundlage für das jahrhundertelange Fortbestehen des römischen Reiches. Er stellt im Inneren des Reiches Ruhe und Ordnung wieder her und verhindert durch eine Verbesserung der Provinzialverwaltung, dass die Provinzen zum Ausbeutungsobjekt der Statthalter und der römischen Hochfinanz herabgewürdigt werden. Er bringt den Handel mit dem Orient wieder in Gang und [<<79] schafft die Grundlage für ein großes Straßennetz. Die durch seine Maßnahmen eintretende Erholung der Wirtschaft kommt auch den weniger vermögenden Teilen der Bevölkerung zugute. Der Wirtschaftsaufschwung geht Hand in Hand mit einer kulturellen Blüte. Man bezeichnet die Zeit des Augustus als das goldene Zeitalter der römischen Literatur, in dem Autoren wie Vergil, Horaz, Ovid, Tibull und Properz wirken. Auch die bildenden Künste, insbesondere die Architektur, erleben in dieser Zeit einen großen Aufschwung.

      Freiheit (libertas) gehört seit den Anfängen der republikanischen Epoche zu den leitenden Begriffen der römischen Gemeinschaftsordnung. Den Zeitgenossen des Augustus ist die Schreckensherrschaft des letzten etruskischen Königs Tarquinius Superbus ebenso in lebendiger Erinnerung geblieben wie das Schicksal Caesars, von dem behauptet wurde, er habe sich offen zum König (rex) ausrufen lassen wollen. Augustus ist daher bestrebt, so bescheiden wie möglich aufzutreten und seine Regierungsform von Königtum und Diktatur klar abzugrenzen. Ein berühmtes Zeugnis seiner ‚Bescheidenheit‘ bietet der von ihm verfasste Rechenschaftsbericht. Den Text hat man 1555 an den Innenwänden der Vorhalle eines Augustus-Tempels in Ankara entdeckt. Nach seinem Fundort heißt er Monumentum Ancyranum. In § 34 der Inschrift lässt Augustus verlautbaren:

      In meinem sechsten und siebten Konsulat, nachdem ich den Bürgerkriegen ein Ende gesetzt hatte, habe ich, der ich mit Zustimmung aller die höchste Gewalt erlangt hatte, den Staat aus meinem Machtbereich wieder der freien Entscheidung des Senats und des römischen Volks übertragen. Für dieses mein Verdienst bin ich durch Senatsbeschluß Augustus genannt worden … Danach überragte ich zwar alle an Ansehen, Macht aber besitze ich seitdem nicht mehr als die anderen, die meine Kollegen in irgendeinem Amt waren oder noch sind.

      Neben der Annuität, dem Jahreswechsel leitender Beamter, bildet die Kollegialität ein weiteres Prinzip, dem die Beamtenschaft in der [<<80] republikanischen Epoche unterstellt war. Man vermutet, dass sie gegen Ende der Ständekämpfe im 3. Jahrhundert v. Chr. eingeführt worden ist. Die Kollegialität war ursprünglich als Kontrollmechanismus gedacht, der ein allzu großes Anwachsen der Macht einzelner Beamten verhindern sollte. Augustus behauptet nun, er habe im Jahre 27 v. Chr. alle Gewalt den verfassungsmäßigen Organen zurückgegeben und nach Bereinigung der politischen Konflikte die Republik fortgeführt. An potestas (Gewalt) habe er nicht mehr besessen als seine ranggleichen Kollegen, nur an auctoritas habe er alle überragt. Neben libertas (Freiheit) zählt die mit Autorität nur unzureichend übersetzte auctoritas zu den wichtigsten Begriffen der römischen Gemeinschaftsordnung. Der Begriff entstammt dem altrömischen Privatrecht und sei hier noch einmal in Erinnerung gerufen: Bei der Veräußerung im Wege einer mancipatio gewährleistet der Verkäufer (auctorem esse), dass er auch wirklich Eigentümer der verkauften Sache ist. Diese Gewährleistung (auctoritas) ist für den Käufer wichtig, weil er im Falle einer Nichtberechtigung des Veräußerers befürchten muss, dass sich ein Dritter, nämlich der wirkliche Eigentümer, meldet und die bereits bezahlte Sache herausverlangt. Der Glaube des Käufers an die Veräußerungsbefugnis bildet also das Gegenstück zur auctoritas des Verkäufers (S. 36). Auch außerhalb des Privatrechts gewährleistet derjenige etwas, der auctoritas hat. Allerdings ist hier der Inhalt der Gewährleistung kaum fassbar, er bezieht sich viel stärker auf die Person, die auctoritas hat.

      Augustus hat die Juristen wiederholt zur Mitarbeit an der von ihm geschaffenen neuen Ordnung aufgerufen. Man wird darin keinen bloßen Beschwichtigungsversuch erblicken können. Denn die Maßnahmen des Augustus führten zu einer erheblichen Verstärkung des Einflusses der Juristen auf die Rechtspflege. Die wichtigste Verbindung zwischen Kaisertum und Jurisprudenz ist dadurch entstanden, dass Augustus herausragenden Juristen das ius respondendi verliehen hat. Dabei handelt es sich um das Privileg, juristische Gutachten ex autoritate principis, also mit der Autorität des Augustus, zu erstellen. Das Privileg erhebt das Gutachten eines mit ius respondendi ausgestatteten Juristen zur Quelle autoritativen Rechts. Der Richter wird davon kaum jemals abgewichen sein, es sei denn, [<<82] ein Gegengutachten hat ihn zu einer eigenen Entscheidung gezwungen. Nach den Ausführungen des Gaius (I, 7) begründet das ius respondendi eine Kompetenz zur Rechtsschöpfung (iura condere): Den Ansichten der Juristen komme die Bedeutung einer selbständigen Rechtsquelle und damit Gesetzeskraft zu, wenn sie übereinstimmten. Noch heute bildet die „herrschende Meinung“ eine wichtige Grundlage zur Legitimation richterlicher Entscheidungen. Die Geschichte des Rechts lehrt, dass dieses Phänomen seinen Ursprung im Bereich der Rechtsquellenlehre hat. Neben dem ius respondendi gibt es noch weitere Faktoren, die auf eine enge Verbindung von Kaisertum und Jurisprudenz schließen lassen. So kommt es in der auf Augustus folgenden Zeit immer häufiger vor, dass Juristen als Beamte des Prinzeps mit wichtigen Verwaltungsaufgaben des Imperiums betraut werden. Erheblichen Einfluss auf die Rechtspflege und die Rechtspolitik des Kaisers gewinnen einzelne Juristen zudem dadurch, dass sie als Mitglieder des kaiserlichen Rates (consilium principis) berufen werden (s. u.).

      Wie die Juristen der republikanischen Epoche sind auch die Juristen der Kaiserzeit Praktiker der Rechtsanwendung. So überrascht es nicht, dass nicht alle Juristen Fachliteratur veröffentlicht haben. Doch wird der „literarische Ausweis“ (Liebs) im Laufe der Zeit immer wichtiger. Wie im Grunde noch heute

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