Klausurenkurs im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht. Thomas Rauscher
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a)Deutsches Umwandlungsrecht
–Normen zur Umwandlung ausländischer in deutsche Form § 1 UmwG (-)
b)Europarechtliche Garantie der Zuzugsumwandlung
–Verstoß fehlender Gleichbehandlung gegen Art. 49, 54 AEUV?
Vale-Entscheidung: Soweit deutsche Gesellschaft Umwandlung vornehmen kann (+)
c)Frist
–Wegfall der auf Art. 49, 54 AEUV beruhenden Freizügigkeit der UK-Gesellschaft mit dem Wirksamwerden des Brexit, sofern kein Übergangszeitraum oder Völkervertrag
–Art. 122m UmwG nicht anwendbar
Ergebnis:Der Rechtsformwechsel in eine GmbH ist in EU-Rechtskonformer Analogie zu § 1 Abs. 1 Nr 4 UmwG zulässig, wenn sämtliche sonstigen Voraussetzungen der §§ 190 ff UmwG erfüllt sind; der Rechtsformwechsel muss bis zum Ausscheiden des UK aus der EU vollzogen sein, sofern das UK nicht im EWR verbleibt. Eine Verschmelzung auf eine deutsche GmbH oder GmbH&Co KG wäre hingegen intertemporal durch § 122m UmwG begünstigt.
Frage 6: Umwandlung in luxemburgische Sárl ohne Verwaltungssitzverlegung
1.Anwendbares Recht
–Bisher GmbH nach deutschem Recht
–Umwandlung ohne Sitzverlegung ändert daran nichts
2.Europarechtliche Garantie der Umwandlung aus Sicht des Wegzugstaates
–Deutsches Recht sieht Sarl mit Sitz in Deutschland nicht vor
–Polbud-Entscheidung: Kein Umwandlungsverbot, wenn aufnehmendes Recht Umwandlung erlaubt
Ergebnis:Der Rechtsformwechsel ist zulässig, da das Recht von Luxemburg nicht verlangt, dass der Verwaltungssitz nach Luxemburg verlegt wird und das deutsche Recht sich wegen der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49, 54 AEUV dem nicht durch Auflösung der GmbH entgegenstellen darf.
Lösung
Frage 1: Eintragung der Komm kaufen wir‘s! GmbH
1. Ablehnung der Eintragung
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Womöglich hätte das AG München die Eintragung nach § 9c Abs. 1 S. 1 GmbHG ablehnen müssen. Das würde voraussetzen, dass die Gesellschaft nicht ordnungsgemäß errichtet oder angemeldet wurde. Da die Zulässigkeit der Firma nach Bearbeitervermerk nicht zu prüfen ist, kommt allein ein Formmangel des Gesellschaftsvertrages in Betracht. Nicht abwegig wäre es auch, nach der Zulässigkeit der Ein-Gesellschafter-GmbH zu fragen.
2. Formstatut
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Zu ermitteln ist das Formstatut des Gesellschaftsvertrages. Dieses könnte gemäß Art. 11 Abs. 1 EGBGB alternativ an das Recht des Vornahmeortes oder das Geschäftsrecht anzuknüpfen sein, so dass die Wahrung der schweizerischen Ortsform genügen würde.
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Fraglich ist jedoch, ob eine ausländische Ortsform bei Gründung einer (deutschen) GmbH ausgeschlossen ist. Ausdrücklich wird die Ortsform in bestimmten Fällen durch Art. 11 Abs. 4 EGBGB ausgeschlossen. Dieser ist jedoch nach seinem Wortlaut nicht betroffen.
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Zu erwägen ist jedoch eine analoge Anwendung von Art. 11 Abs. 4 EGBGB; in gleicher Richtung wird teilweise auch ohne Hinweis auf Art. 11 Abs. 4 EGBGB argumentiert:[1] Da das Internationale Gesellschaftsrecht bisher im EGBGB nicht geregelt ist, lässt sich trotz der singulären Regelung in Art. 11 Abs. 4 EGBGB kein Argument gegen eine Analogie herleiten. Eine Beschränkung auf die Geschäftsform für gesellschaftsrechtliche Beurkundungen könnte gerade dem bisher unkodifizierten Internationalen Gesellschaftsrecht immanent sein. Art. 11 Abs. 4 EGBGB unterstellt dingliche Verfügungen nach tradiertem Verständnis deshalb ausschließlich der Geschäftsform, weil Formvorschriften in diesem Bereich häufig dem Interesse des Rechtsverkehrs an Klarheit der Zuordnung sowie öffentlichen Registerinteressen dienen. Für eine Analogie spricht, dass die gesellschaftsrechtlichen Formvorschriften des deutschen Rechts ebenfalls den genannten Zielen dienen.
Dagegen wird allerdings eingewendet, dass Art. 11 Abs. 1 EGBGB eine Argumentation mit den Zwecken der Form des Geschäftsrechts prinzipiell nicht zulässt, da mit der Alternativität die Formwirksamkeit erleichtert werden soll und das Risiko, hierfür auf Zwecke der Form des Geschäftsrechts zu verzichten, bewusst eingegangen werde. Art. 11 Abs. 4 EGBGB ist eine eher systemwidrige, traditionell bedingte Ausnahmevorschrift.
Auch wenn man dieser auch im Schrifttum vordringenden Ansicht folgt, kann freilich die Wahrung der Ortsform nur genügen, wenn das Ortsrecht für das Rechtsgeschäft (Gründung einer GmbH) eine Form bereithält.[2] Unzweifelhaft ist das nur, wo der jeweiligen deutschen Gesellschaftsform, hier der GmbH, sehr ähnlich strukturierte Gesellschaftsformen vorgesehen sind.
3. Ortsform
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Das schweizerische Recht als danach grundsätzlich zulässiges Ortsformstatut kennt die Rechtsform der GmbH. Sie ist nach Art. 777 OR in öffentlicher Urkunde zu gründen (MAT a). Diese Form ist gewahrt.
4. Geschäftsform
a) Sitztheorie-Gründungstheorie
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Folgt man der ersten Ansicht (sonst jedenfalls Hilfsgutachten, weil die Frage erheblich strittig ist), so wäre ausschließlich (sonst alternativ) auf die Geschäftsform abzustellen.
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Unstrittig hat jede juristische Person wie eine natürliche Person ein Personalstatut, das Gesellschaftsstatut. Diesem Statut unterstehen ua die hier maßgebliche Gründung und der Erwerb der Rechtsfähigkeit. Dieses Statut ist im EGBGB bisher nicht bestimmt. Entweder könnte das Gesellschaftsstatut dem Recht des Staates unterstellt werden, nach dessen Recht sie gegründet wurde (Gründungstheorie), oder dem Recht des Staates, in dem sie ihren effektiven Verwaltungssitz hat (Sitztheorie). Für die Gründungstheorie spricht die Vorhersehbarkeit der Rechtslage durch die Gründungsgesellschafter und Mobilitätsinteressen (Fortbestand bei Verlegung der Verwaltung), für die Sitztheorie der Schutz mit der Gesellschaft kontrahierender Dritter und der Minderheitsgesellschafter gegen eine Manipulation des Gesellschaftsstatuts. Die Gründungstheorie führt leicht zu einem Wettlauf um ein den Gründern möglichst vorteilhaftes und Dritten möglichst nachteiliges Gesellschaftsrecht, wie das Beispiel der USA, wo