Kapitalmarktrecht. Petra Buck-Heeb
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Der Prospekt stellt regelmäßig die wichtigste Informationsquelle des Anlegers dar und ist Grundlage für dessen Anlageentscheidung[1]. Flankiert wird die Prospektpflicht von der Prospekthaftung[2].
→ Definition:
Prospekt ist ein gesetzlich vorgeschriebenes Dokument, das Informationen über ein Unternehmen enthält.
Er dient der Information des Anlageinteressenten, der sich ein zutreffendes Bild über den Emittenten und die angebotenen Wertpapiere machen können soll[3]. Dadurch soll das Informationsgefälle zwischen Emittent und Anleger verringert werden.
→ Definition:
Emittent ist diejenige Rechtspersönlichkeit, die Wertpapiere begibt oder zu begeben beabsichtigt (Art. 2 lit. h ProspektVO).
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Ein umfassendes, für alle Anlagen einheitliches Prospektrecht gibt es bislang nicht. Vielmehr findet sich nach wie vor eine Dreiteilung (ProspVO und WpPG, VermAnlG, KAGB). Für Prospekte zur Wertpapierzulassung an einem organisierten Markt (Börse) sowie zum öffentlichen Angebot von Wertpapieren waren bis 2019 das Wertpapierprospektgesetz (WpPG)[4], mit dem die EU-Wertpapierprospektrichtlinie 2003/71/EG in deutsches Recht umgesetzt wurde[5], sowie die Vorgaben der ProspektVO von 2004[6] maßgeblich. Abgelöst wurden diese zum 21. Juli 2019 durch die EU-ProspektVO von 2017 (ProspektVO), die nunmehr nahezu umfassend die Prospektvoraussetzungen regelt. Ergänzt wird die ProspektVO durch das neu gefasste WpPG. Da damit zahlreiche Regelungen des WpPG aF gestrichen wurden, erfolgte eine Neunummerierung des WpPG. Dagegen ist für bestimmte, bislang unter den Begriff „Grauer Kapitalmarkt“ gefasste Vertriebsformen außerhalb der Börse die Prospektpflicht im Vermögensanlagegesetz (VermAnlG) geregelt. Für Investmentvermögen, wie etwa ehemals „geschlossene Fonds“, gilt das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB).
I. Prospektpflicht nach der ProspektVO und dem WpPG
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Wesentliche Rechtsgrundlagen:
– | ProspektVO (VO (EU) Nr. 2017/1129 v. 14. Juni 2017) |
– | DelVO 2019/980 v. 14. März 2019 |
– | DelVO 2019/979 v. 14. März 2019 |
– | WpPG |
– | WpPGebV (Wertpapierprospektgebührenverordnung) v. 21. Juli 2019 |
– | ESMA, Leitlinien zu den Risikofaktoren im Rahmen der Prospektverordnung v. 1. Oktober 2019, ESMA31-62-1293 DE |
– | ESMA, Questions and Answers on the Prospectus Regulation, ESMA/2019/ESMA31-62-1258, Version 3, 4. Dezember 2019 |
– | BaFin, Neue Regeln für Wertpapierprospekte nach EU-Prospektverordnung 2017/1129 – Frequently Asked Questions, Stand: 30. Oktober 2019 |
1. Grundlagen
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Die unmittelbar geltende EU-Prospektverordnung vom Juni 2017 (ProspektVO)[7] findet in den Mitgliedstaaten im Wesentlichen seit 21. Juli 2019 Anwendung (Art. 49 ProspektVO)[8]. Ziel der Verordnung ist daher neben dem Anlegerschutz und der Markteffizienz die Stärkung des Kapitalbinnenmarkts[9], dh sie ist eine der Maßnahmen zur Schaffung einer EU-Kapitalmarktunion[10]. Konkretisiert wird sie durch delegierte Rechtsakte[11].
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Die ProspektVO ersetzt die Prospektrichtlinie 2003/71/EG sowie die entsprechende nationale Umsetzung im WpPG aF. Sie hat zur Aufhebung zahlreicher Paragrafen des WpPG aF geführt. Da die Prospektpflichten jetzt weitgehend in der Verordnung enthalten sind, besteht das WpPG nunmehr überwiegend aus lediglich ergänzenden Regelungen zur ProspektVO (§ 1 WpPG). Bereits zum 21. Juli 2017 konnten die Mitgliedstaaten aber bestimmte Ausnahmen von der Prospektpflicht vorsehen (Art. 1 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 2 ProspektVO). Der deutsche Gesetzgeber hatte von dieser Möglichkeit mit dem am 21. Juli 2018 in Kraft getretenen „Gesetz zur Ausübung von Optionen der EU-Prospektverordnung und zur Anpassung weiterer Finanzmarktgesetze“[12] (Optionsgesetz) Gebrauch gemacht und das WpPG aF ergänzt. Diese Regelungen finden sich nunmehr in § 3 ff. WpPG.
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Die ProspektVO regelt die Erstellung, Billigung und Verbreitung des Prospekts, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren (Angebotsprospekt) oder bei deren Zulassung zum Handel an einem in den Mitgliedstaaten befindlichen geregelten Markt (Zulassungsprospekt) erforderlich ist (Art. 1 Abs. 1 ProspektVO). Der Anwendungsbereich sowie die Ausnahmetatbestände der ProspektVO sind weiter als die des WpPG aF. Erhebliche Änderungen erfahren haben die Vorgaben für die Zusammenfassung, welche dem Prospekt voranzustellen (!) sind. Inhaltlich ausgestaltet sind diese parallel zum Basisinformationsblatt der zum 1. Januar 2018 in Kraft getretenen sog. PRIIP-Verordnung[13], die für verpackte Anlageprodukte und Versicherungsanlageprodukte für Kleinanleger spezielle Regeln enthält.
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Die ProspektVO harmonisiert insbesondere die Prospektpflichtschwellen, das Prospektbilligungsverfahren und den Prospektinhalt. Zudem sind die Prospekte nun kürzer und klarer zu fassen. Außerdem kann das Prospektbilligungsverfahren durch ein einheitliches Registrierungsformular („Rahmenregistrierung“ für Unternehmen, die häufig Wertpapiere begeben) vereinfacht sein. Prospekte werden künftig v.a. in elektronischer Form vorliegen, wobei der Anleger auf Verlangen diese auch weiterhin in Papierform erhält. Die ProspektVO soll auch den kleineren und mittleren Unternehmen (sog. KMU) Erleichterungen bieten[14].
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Prospekte, die vor dem 21. Juli 2019 gebilligt wurden, unterlagen bis zum Ablauf ihrer Gültigkeit bzw während eines Zeitraums von 12 Monaten noch dem „alten“ Recht (Art. 46 Abs. 3 ProspektVO).
a) Pflicht zur Erstellung eines Prospekts