Kapitalmarktrecht. Petra Buck-Heeb
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4. Wertpapier-Informationsblatt (§ 4 WpPG)
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Der deutsche Gesetzgeber hat im Optionsgesetz von 2018 mit der Schaffung des § 3a WpPG aF von der in der ProspektVO enthaltenen Möglichkeit Gebrauch gemacht (Art. 3 Abs. 2 ProspektVO), für bestimmte Fälle von einer Prospektpflicht abzusehen und stattdessen die Erstellung eines Wertpapier-Informationsblatts zu verlangen. Die Bestimmung gilt für diejenigen Anbieter, die von der Prospektausnahme des § 3 Nr. 2 WpPG Gebrauch machen, indem sie Wertpapiere anbieten, deren Gesamtgegenwert im EWR innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten weniger als 8 Millionen Euro beträgt[67]. Diese dürfen Wertpapiere erst dann öffentlich anbieten, wenn sie zuvor ein Wertpapier-Informationsblatt erstellt, bei der BaFin hinterlegt und veröffentlicht haben (§ 4 Abs. 1 WpPG)[68].
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Zwar sind die Regelungen zum Wertpapier-Informationsblatt an die Bestimmungen zum Vermögensanlagen-Informationsblatt (§ 13a VermAnlG) angelehnt[69], allerdings tritt das Wertpapier-Informationsblatt, anders als das Vermögensanlagen-Informationsblatt, an die Stelle eines Prospekts[70]. Kein Wertpapier-Informationsblatt muss erstellen, wer ein Basisinformationsblatt iS der PRIIP-VO oder wesentliche Anlegerinformationen (vgl § 301 KAGB) zu veröffentlichen hat.
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Das Wertpapier-Informationsblatt darf maximal drei DIN-A4-Seiten umfassen und muss sich jeweils auf ein bestimmtes Wertpapier beziehen (§ 4 Abs. 3 WpPG)[71]. Der Mindestinhalt ist in § 4 Abs. 3 WpPG aufgeführt. Danach ist zwingend ein bestimmter Warnhinweis aufzunehmen. Die Reihenfolge der Angaben ist vorgeschrieben (§ 4 Abs. 5 WpPG). Insgesamt muss das Informationsblatt für den Anleger aus sich heraus verständlich sein, dh der Anleger darf nicht zusätzliche Dokumente zum Verständnis der Informationen heranziehen müssen (§ 4 Abs. 7 WpPG).
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Das Wertpapier-Informationsblatt ist vor seiner Veröffentlichung der BaFin in elektronischer Form zu übermitteln (§ 5 Abs. 1 WpPG) und von dieser zu gestatten (§ 4 Abs. 2 WpPG)[72]. Dabei muss der Anbieter (vgl § 2 Nr. 6 iVm Art. 2 lit. i ProspektVO), worunter regelmäßig der Emittent fällt[73], das Billigungsverfahren betreiben (§ 4 Abs. 1 ProspektVO). Tritt in der Zeitspanne zwischen Gestattung und dem endgültigen Schluss des öffentlichen Angebots ein wichtiger neuer Umstand ein, besteht eine unverzügliche Aktualisierungs- bzw Nachtragspflicht. Das gilt auch, wenn eine wesentliche Unrichtigkeit des Informationsblatts festgestellt wird (§ 4 Abs. 8 WpPG).
5. Europäischer Pass
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Durch den sog. Europäischen Pass können Unternehmen ihre Wertpapiere europaweit anbieten, wenn der Prospekt von der Aufsicht eines einzigen Mitgliedstaats gebilligt wurde (Art. 24 f ProspektVO). Dadurch kann ein von der BaFin gebilligter Prospekt allein aufgrund der Übermittlung der Billigungsbescheinigung an die zuständige Behörde des jeweiligen Aufnahmestaats dort für ein öffentliches Angebot oder eine Börsenzulassung verwendet werden (Notifizierung, Art. 25 ProspektVO).
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Die Billigungsbescheinigung erfolgt auf „Ersuchen“ (so Art. 25 Abs. 1 UAbs. 1 ProspektVO) des Emittenten, des Anbieters, der die Börsenzulassung beantragenden Person oder des Prospektverantwortlichen. Sie bezieht sich darauf, dass der Prospekt im Einklang mit der ProspektVO erstellt wurde. Da es sich bei der Notifizierung um eine Bescheinigung über die Prospektbilligung zwischen den mitgliedstaatlichen Behörden handelt, stellt diese keinen Verwaltungsakt gegenüber dem Emittenten dar[74].
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Der Europäische Pass hilft aber nicht darüber hinweg, dass dem Emittenten in Bezug auf die Prospekthaftung das Risiko bleibt, dass die Gerichte der EU-Mitgliedstaaten die Richtigkeit und Vollständigkeit eines Prospekts verschieden beurteilen und die Regelungen der EU-ProspVO unterschiedlich auslegen[75]. In Deutschland wird für Prospekte, die aufgrund des Europäischen Passes anerkannt wurden, nach den §§ 9 ff WpPG[76] gehaftet.
II. Prospektpflicht nach dem VermAnlG
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Das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) wurde durch die Schaffung des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) zum Juli 2013 in seiner Anwendbarkeit eingeschränkt. Eine Änderung erfuhr es zudem durch das Kleinanlegerschutzgesetz von 2015[77].
1. Anwendbarkeit des VermAnlG
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Anwendbar ist das VermAnlG auf nicht in Wertpapieren iS des WpPG verbriefte Anteile (§ 1 Abs. 2 VermAnlG), die öffentlich im Inland angeboten werden. Wertpapiermäßig verbriefte Anteile fallen dagegen unter das WpPG. An Bedeutung verloren hat das VermAnlG zudem mit der Regelung sog. geschlossener Fonds bzw Investmentvermögen im KAGB. Damit findet das VermAnlG nur dann Anwendung, wenn nicht schon nach anderen Vorschriften eine Prospektpflicht besteht (§ 6 VermAnlG). Nicht in den Anwendungsbereich des VermAnlG fallen auch Vermögensanlagen, die ausschließlich im Ausland angeboten werden[78].
→ Definition:
Vermögensanlagen iS des VermAnlG sind nunmehr Beteiligungsanteile, Treuhandvermögensanteile und Genussrechte[79] sowie Namensschuldverschreibungen[80] (§ 1 Abs. 2 Nr. 1–5 VermAnlG) nur noch, wenn sie kein „Investmentvermögen“ iS des KAGB sind. Auch lange Zeit unregulierte Kapitalbeteiligungen wie partiarische Darlehen[81], Nachrangdarlehen sowie sonstige Anlagen, „die einen Anspruch auf Verzinsung und Rückzahlung gewähren“ oder die „im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld einen vermögenswerten, auf Barausgleich gerichteten Anspruch“ vermitteln, sind erfasst (§ 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG)[82].
Beispiel:
Vermögensanlage iS des VermAnlG ist auch das Angebot einer BGB-Gesellschafts-Beteiligung zur Finanzierung von Bürgersolaranlagen[83].
Da das VermAnlG nicht auf einer europäischen Richtlinie basiert, besteht kein Bedarf für eine richtlinienkonforme Auslegung.
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Öffentlich ist ein Angebot, wenn es oder die Werbung hierzu sich an einen unbestimmten Personenkreis wendet[84]. Ein Prospekt ist daher entbehrlich, wenn nur ein bestimmter Personenkreis angesprochen wird (Privatplatzierung, Private Placement). Nach zutreffender hM ist der Personenkreis qualitativ zu bestimmen[85]. Eine aA will ihn rein quantitativ bestimmen[86], sodass wertende Gesichtspunkte außer Betracht bleiben.
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Ausnahmen bzgl der Anwendbarkeit