Umsatzsteuerrecht. Christian Möller
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Umsatzsteuerrecht - Christian Möller страница 54
Beispiele:
Die Veräußerung einer nicht vermieteten oder verpachteten Immobilie ist grundsätzlich keine GiG.[49] Die Übertragung eines vermieteten Grundstückes ist dagegen eine GiG, wenn der Erwerber mit dem Grundstückserwerb in den Mietvertrag eintritt und auf diese Weise ein „Vermietungsunternehmen“ übernimmt.[50] Veräußert ein Vermieter von mehreren vermieteten Immobilien nur eine oder einzelne, liegt eine § 1 Abs. 1a UStG unterfallende Teilgeschäftsveräußerung vor. Veräußert ein Bauträger (Unternehmer, dessen wesentliche Tätigkeit darin besteht, ein Grundstück zu finden und zu erwerben, darauf ein Gebäude errichten zu lassen, Mieter zu finden, und die vermietete Immobilie gewinnbringend zu veräußern), liegt eine GiG oft nicht vor, obwohl eine vermietete Immobilie übertragen wird. Der Erwerber übernimmt hier gerade nicht das beim Veräußerer im Vordergrund stehende Bauträgergeschäft. Nach neuerer Rechtsprechung des BFH kann aber auch die Veräußerung durch einen Bauträger eine GiG sein, wenn dieser bereits so nachhaltig vermietet hatte, dass bei ihm ein Vermietungsunternehmen zu bejahen war; der BFH hat dies für eine bei Veräußerung bereits seit 17 Monaten andauernde Vermietung durch den Bauträger bejaht.[51]
§ 5 Lieferung und sonstige Leistung › D. Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG) › II. Rechtsfolgen
II. Rechtsfolgen
280
Die GiG ist nicht steuerbar. Ein Kaufpreis aus der Unternehmensveräußerung unterliegt damit nicht der Umsatzsteuer. Sinn dieser Regelung ist vor allem eine Verfahrensvereinfachung. Bei Steuerbarkeit müsste der Veräußerer die Lieferung sämtlicher einzelner Gegenstände, die das Unternehmen umfasst, versteuern; u. a. die Ermittlung der korrekten Bemessungsgrundlage würde sich dabei im Einzelfall als schwierig erweisen. Dem hohen Aufwand des Veräußerers stünde ein Nutzen des Fiskus nicht gegenüber, weil sich der Erwerber die vom Veräußerer abgeführte Umsatzsteuer im Wege des Vorsteuerabzuges zurückholen würde.
281
§ 1 Abs. 1a S. 1 UStG schließt (schon) die Steuerbarkeit aus, regelt also keine Steuerbefreiung. Diese Unterscheidung ist wichtig, weil Rechtsfolge einer Steuerbefreiung regelmäßig ist, dass der Unternehmer die Vorsteuer auf Eingangsleistungen nicht abziehen kann (kein Vorsteuerabzug, § 15 Abs. 2 S. 1 Nr 1 UStG, s. dazu noch im Einzelnen Rn 753 ff). Die fehlende Steuerbarkeit löst diese Rechtsfolge nicht aus. Das ist von Bedeutung im Hinblick auf die Transaktionskosten, die der Veräußerer aufwendet, etwa Beraterhonorare (für Rechtsanwälte, Steuerberater oder Investmentbanken), Makler- oder Beurkundungskosten. Der Vorsteuerabzug für diese Aufwendungen wäre ausgeschlossen, wenn die GiG steuerfrei wäre. Weil sie schon nicht steuerbar ist, ist der Vorsteuerabzug dagegen grundsätzlich möglich.
282
Nach § 1 Abs. 1a S. 3 UStG tritt im Falle der GiG der erwerbende Unternehmer umsatzsteuerrechtlich an die Stelle des Veräußerers. Er führt insbesondere etwaige Vorsteuerberichtigungszeiträume nach § 15a UStG fort, kann also verpflichtet sein, nach dieser Vorschrift vom Veräußerer abgezogene Vorsteuerbeträge (anteilig) zurückzuzahlen (s. dazu noch Rn 825 f, insb. das dortige Beispiel).[52] Dagegen bedeutet der Eintritt in die Rechtsstellung des Veräußerers nach zutreffender Auffassung nicht, dass der Erwerber für Umsatzsteuerschulden des Veräußerers haftet; eine solche Haftung kann sich nur aus § 75 AO und in den dort geregelten Grenzen ergeben.[53]
§ 5 Lieferung und sonstige Leistung › E. Mehrpersonenverhältnisse
E. Mehrpersonenverhältnisse
283
Bei einem Sachverhalt mit mehr als zwei Beteiligten kann sich die Frage stellen, wer genau Leistender und Leistungsempfänger (im Sinne der Umsatzsteuer) sind. Hier gilt: Leistender ist grundsätzlich derjenige, der im eigenen Namen Lieferungen oder sonstige Leistungen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt. Wer dies ist, ist regelmäßig den zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen zu entnehmen. Selbstständige oder unselbstständige Hilfspersonen (etwa Arbeitnehmer, Frachtführer oder Spediteure), die von den Parteien eines Kaufvertrages in dessen Vollzug eingeschaltet werden, werden dadurch nicht Lieferer oder Erwerber im umsatzsteuerrechtlichen Sinne.
284
Beispiel:
Ein Einzelhändler lässt sich beim Abschluss und Vollzug von Kaufverträgen durch sein Personal vertreten (§§ 164 ff BGB).
Lösung: Partei der geschlossenen Verträge ist (als Verkäufer) der Einzelhändler, nicht die jeweils an der Kasse arbeitende Person. Leistungen im Sinne der Umsatzsteuer sind nur zwischen dem Einzelhändler und dessen Kunden zu bejahen.
285
Wegen der Maßgeblichkeit der zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen ist derjenige, der als Verkäufer Partei eines Kaufvertrages ist, selbst dann Leistender i. S. d. Umsatzsteuerrechts, wenn er aufgrund einer Vereinbarung mit einem Dritten im Innenverhältnis für dessen Rechnung handelt.[54]
286
Beispiel:
Eine Dame, die über zwei eBay-Konten 140 Pelzmäntel verkauft hatte, verteidigte sich gegen ihre Heranziehung zur USt, indem sie behauptete, „im Auftrag“ ihres Ehegatten tätig geworden zu sein.
Lösung: Der BFH hielt diese Behauptung für unerheblich, da es für die Frage, wer umsatzsteuerrechtlich Leistender sei, ausschließlich darauf ankomme, wer im Außenverhältnis als Vertragspartner auftrete. Die klagende Ehegattin sei gegenüber den Käufern nicht als Vertreterin ihres Gatten aufgetreten, sondern in eigenem Namen. Sie – nicht der Gatte – sei daher Leistende.[55] Umstritten war im entschiedenen Fall übrigens auch die Unternehmereigenschaft der Ehegattin; s. dazu Rn 113 f.
287
Von einem Reihengeschäft ist die Rede, wenn mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen und dieser Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer zum letzten Abnehmer gelangt. In diesen Fällen kann vor allem die Frage des Lieferortes Schwierigkeiten bereiten. Die darauf bezogenen Regelungen (§ 3 Abs. 6 S. 5 sowie Abs. 7 S. 2 UStG) werden unten behandelt (Rn 314 ff). An dieser Stelle genügt es festzuhalten, dass jedem zivilrechtlichen Umsatzgeschäft eine Lieferung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne entspricht. Der Umstand, dass es tatsächlich nur eine Warenbewegung gibt, spricht also nicht gegen die Annahme von zwei Lieferungen.
288
Beispiel:
Ein Einzelhändler verkauft nicht vorrätige Ware an eine Kundin. Der Einzelhändler bestellt die Ware beim Großhändler. Dieser liefert die Ware auf die Bitte des Einzelhändlers direkt an die Kundin aus. Hier gibt es zwar nur einen Transport