Kommunalrecht Bayern. Tobias Weber
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A. Die Grundrechtsfähigkeit der Gebietskörperschaften
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Die Frage der Grundrechtsfähigkeit einer Gebietskörperschaft (Gemeinde, Landkreis, Bezirk) wird zwischen dem BVerfG und dem BayVerfGH kontrovers diskutiert.
2. Teil Verfassungsrechtliche Positionen der kommunalen Gebietskörperschaften › A. Die Grundrechtsfähigkeit der Gebietskörperschaften › I. Auf der Ebene des Grundgesetzes
I. Auf der Ebene des Grundgesetzes
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Das Grundgesetz schließt mit der Bestimmung in Art. 19 Abs. 3 GG nicht aus, dass inländische juristische Personen in den Schutzbereich von Grundrechten einbezogen werden können. Damit ist es rechtstheoretisch denkbar, dass auch die Gebietskörperschaft als juristische Person des öffentlichen Rechts in den Schutzbereich einzelner Grundrechtsbestimmungen fallen kann. Unbestritten ist dies für die Fälle, in denen ein Grundrecht eine juristische Person des öffentlichen Rechts positiv als Grundrechtsträger normiert. Dies ist der Fall für die Kirchen in Art. 4 GG, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Art. 5 Abs. 1 GG sowie die Universitäten in Art. 5 Abs. 3 GG.[1]
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Außerhalb dieser Fälle hat das Bundesverfassungsgericht die Grundrechtsfähigkeit der Gemeinde generell ausgeschlossen und festgestellt, dass dies sowohl für die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben wie auch bei Wahrnehmung privater Rechtsangelegenheiten gelte. Begründet wird dies damit, dass die Gebietskörperschaft nach Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG Grundrechtsverpflichtete ist, die nicht gleichzeitig Grundrechtsträger sein kann (Identitätsargument). Grundrechte sind Abwehrrechte gegen den Staat. Die Gebietskörperschaft ist aber Teil mittelbarer Staatsverwaltung und befindet sich damit in keiner grundrechtstypischen Gefährdungslage.[2]
2. Teil Verfassungsrechtliche Positionen der kommunalen Gebietskörperschaften › A. Die Grundrechtsfähigkeit der Gebietskörperschaften › II. Auf der Ebene der Bayerischen Verfassung
II. Auf der Ebene der Bayerischen Verfassung
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Der Bayerische Verfassungsgerichtshof[3] stellt hingegen im jeweiligen Einzelfall darauf ab, ob sich die auf Grundrechte berufende Gemeinde in einer konkreten „Schutzsituation“ befindet (vergleichbar der grundrechtstypischen Gefährdungslage). Allein aus der Tatsache, dass die Gemeinden als Körperschaften des öffentlichen Rechts öffentliche Aufgaben wahrnehmen und in die (mittelbare) staatliche Verwaltungsorganisation eingebunden sind, kann nicht geschlossen werden, dass die Gemeinden generell vom Grundrechtsschutz ausgenommen sind. Auch die Gemeinde kann sich in einer dem Bürger vergleichbaren Situation befinden. Anerkannt hat der BayVerfGH dies regelmäßig für Art. 118 BV (Willkürverbot) und Art. 103 Abs. 1 BV (bei erwerbswirtschaftlichem Handeln der Gemeinde).
Anmerkungen
BVerfG BVerfGE 31, 314 ff.; 18, 395 ff.; 75, 192 ff.; Bauer/Böhle/Ecker Art. 1 Rn. 13.
BVerfG BVerfGE 39, 302 ff.; 61, 82 ff.; BVerfG DVBl 1987, 844, BayVBl. 1988, 400.
BayVerfGH BayVerfGHE 29, 105 ff.; BayVerfGH BayVBl. 1984, 655.
2. Teil Verfassungsrechtliche Positionen der kommunalen Gebietskörperschaften › B. Selbstverwaltungsrecht
B. Selbstverwaltungsrecht
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Unstreitig ist, dass die Gebietskörperschaft Gemeinde sich auf ihr Recht aus Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2 BV – kommunale Selbstverwaltung – berufen und insoweit Grundrechtsschutz beanspruchen kann (vgl. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, Art. 98 S. 4 BV).[1] Durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ist den Gemeinden das Recht gewährleistet, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Für die Gemeindeverbände (Landkreise, Bezirke) gilt dieses Recht auf Selbstverwaltung innerhalb der Gesetze nur im Rahmen ihres gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereichs (Art. 28 Abs. 2 S. 2 GG).
JURIQ-Klausurtipp
Denken Sie in Klausuren, in denen eine Gemeinde klagt, bei der Klagebefugnis immer an eine mögliche Verletzung des Rechts zur kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2 BV. Häufig ist eine derartige Konstellation im Bereich der Kommunalaufsicht zu finden.
2. Teil Verfassungsrechtliche Positionen der kommunalen Gebietskörperschaften › B. Selbstverwaltungsrecht › I. Begriff der Selbstverwaltungsgarantie der kommunalen Gebietskörperschaft
I. Begriff der Selbstverwaltungsgarantie der kommunalen Gebietskörperschaft
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Art. 1 GO bestimmt, dass die Gemeinde eine ursprüngliche Gebietskörperschaft ist, mit dem Recht, die örtlichen Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze zu ordnen und zu verwalten. Ähnliche Regelungen treffen Art. 1 LKrO, Art. 1 BezO in Bezug auf die überörtlichen Angelegenheiten, die durch Bezirk und Landkreis wahrzunehmen sind. Bei der Ausgestaltung der Rechtsstellung von Gebietskörperschaften sind die verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 11 Abs. 2 BV zu beachten. Von überragender Bedeutung ist dabei für das Verständnis des Wesens der Gebietskörperschaften die Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG. Danach muss insbesondere den Gemeinden das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln. Gemäß Art. 11 Abs. 2 S. 2 BV haben die Gemeinden das Recht, ihre eigenen Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze selbst zu ordnen und zu verwalten, insbesondere ihre Bürgermeister und Vertretungskörper (Organe) zu wählen. Die örtliche Gemeinschaft soll nach dem Leitbild des Art. 28 Abs. 2 GG ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und in eigener Verantwortung solidarisch gestalten.[2]
Kommunale Selbstverwaltung bedeutet das Recht und die tatsächliche Fähigkeit der kommunalen Gebietskörperschaften, im Rahmen der