Handbuch Ius Publicum Europaeum. Martin Loughlin

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Handbuch Ius Publicum Europaeum - Martin  Loughlin

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spiegelt sich dies in anfänglichen, später bisweilen wiederholten Zweifeln an der Legitimität des Grundgesetzes („Geburtsmakel“-These[30]). Die Präambel enthalte eine unrichtige Beschreibung der Entstehungsgeschichte,[31] verkläre den historischen Prozess[32] oder stelle gar eine „fromme Lüge“[33] dar. Näheres Hinsehen ergibt, dass die entsprechenden Bedenken letztlich nicht durchgreifend sind. So verkennt der Hinweis auf die fehlende Volksabstimmung, dass eine solche nicht zwingend mit der Ausübung der verfassunggebenden Gewalt verbunden ist, wie die amerikanische Bundesverfassung von 1787 und die französische Revolutionsverfassung von 1791 nicht anders demonstrieren als die Paulskirchenverfassung 1848/49 oder die Weimarer Reichsverfassung von 1919. Allerdings kommt im Falle des Grundgesetzes hinzu, dass das Fehlen eines Plebiszits nicht durch die Wahl einer verfassunggebenden Versammlung kompensiert wurde.[34] Der Verweis auf die fehlende Legitimation der Landtage ist zwar insofern treffend, als bei deren Konstitution nicht klar war, welch entscheidende Rolle sie bei der Verabschiedung des Grundgesetzes spielen würden; der Parlamentarische Rat selbst war eine ad-hoc-Konstruktion der Alliierten. Aber ein ausdrückliches Mandat zur Verfassunggebung durch das Volk hatte der Dritte Stand 1789 in Frankreich ebenso wenig erhalten wie der amerikanische Verfassungskonvent in Philadelphia 1787. Letztlich vermittelt hier der historische Erfolg die entscheidende Legitimation. Für die Abweichung von den Standardmodellen gab es im Falle der Entstehung des Grundgesetzes mit der Besatzungssituation sowie der weltpolitischen Lage zwingende Gründe; dieser Besonderheit korrespondierte das zweifelsohne außergewöhnliche, letztlich aber wohl alternativlose Verfahren.[35] In dieser exzeptionellen Situation musste als entscheidend und hinreichend gelten, dass mit dem Parlamentarischen Rat eine außerordentliche Versammlung, die in einem besonderen Verfahren kreiert und durch einen besonderen „Auftrag“ legitimiert war, eine Verfassung entworfen, beraten und (vorbehaltlich der Zustimmung der Länder) beschlossen hat, deren Atypizität auch insofern die Bezeichnung als „Grundgesetz“ signalisiert.[36] Was schließlich in der Anfangszeit an tatsächlichen Legitimationsmängeln noch vorhanden gewesen sein mag, ist durch die spätere „Annahme“ des Grundgesetzes wettgemacht worden, die sich in hoher Wahlbeteiligung mit großen Erfolgen für die das Grundgesetz bejahenden Parteien, in der allgemeinen Akzeptanz durch die Staatsorgane und das Volk sowie in einem sich sukzessive festigenden, wenngleich naturgemäß diffusen Verfassungskonsens zum Ausdruck brachte.[37] Mit einem Wort: die Genese des Grundgesetzes war irregulär, aber nicht illegitim.

      § 1 Grundlagen und Grundzüge staatlichen Verfassungsrechts: Deutschland › I. Der Ursprungskontext des Grundgesetzes › 2. Historischer Doppelbezug: NS-Regime und Weimarer Republik

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      § 1 Grundlagen und Grundzüge staatlichen Verfassungsrechts: Deutschland › I. Der Ursprungskontext des Grundgesetzes › 3. Konsequenzen für zentrale Regelungskomplexe

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      Aus dem skizzierten Doppelbezug erwuchsen prägende Strukturen des Grundgesetzes. Besonders deutlich zeigt sich dies bei den Grundrechten (a), bei einigen Elementen der Staatsorganisation (b) sowie der auffälligen Tendenz zur verstärkten Bestandssicherung der Verfassung (c).

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