Handbuch Ius Publicum Europaeum. Martin Loughlin

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Handbuch Ius Publicum Europaeum - Martin  Loughlin

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liberalen Abwehrrechte zu beschränken, zu denen man üblicherweise die justizstaatlichen Garantien (nulla poena sine lege, Schutz vor willkürlicher Verhaftung, rechtliches Gehör), wesentliche Kommunikationsgrundrechte (Meinungs-, Presse-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit) sowie Eigentums- und Berufsfreiheit zählt.[52] Für diese im bemerkenswerten Kontrast zu den vorkonstitutionellen Landesverfassungen[53] stehende Beschränkung gab es im Wesentlichen zwei Gründe, die den historischen Doppelbezug (vgl. oben, Rn. 7) exemplarisch belegen. Zum einen hatte gerade die Missachtung menschlicher Würde, Freiheit und Gleichheit in der NS-Zeit die Notwendigkeit dauerhafter Sicherung der Grundrechte erwiesen, die in der Zwischenkriegszeit europaweit und bei weitem nicht nur in Deutschland in die Defensive geraten und von anderen, sei es ständisch-korporativen, sei es autoritären oder totalitären Konzepten zurückgedrängt oder gänzlich verdrängt worden waren.[54] Dieser auch von Bergsträßer angesprochene Bezug wurde in der folgenden Debatte vom späteren langjährigen hessischen Ministerpräsidenten Zinn klar zum Ausdruck gebracht: „Nach den Exzessen der staatlichen Macht in den vergangenen 12 Jahren haben auch die klassischen Grundrechte wieder eine evidente Bedeutung erlangt.“[55] Zum anderen war es nur bei Konzentration auf liberale Abwehrrechte möglich, den Grundrechten durchgängig den Charakter unmittelbarer und einklagbarer subjektiver Rechte im Sinne der von Carlo Schmid erhobenen Forderung zu verleihen. Hiermit war eine signifikante Veränderung im Verhältnis zur Weimarer Reichsverfassung vollzogen. Nicht, dass man dort Grundrechte ganz generell nur als Programmsätze und Direktiven für den Gesetzgeber gekannt hätte, wie man aufgrund einer hartnäckig sich haltenden Legende auch heute noch immer wieder lesen und hören kann.[56] Die Weimarer Reichsverfassung enthielt eine Vielzahl an klassisch-liberalen Gewährleistungen, die zumeist schon aus der Paulskirchenverfassung bekannt und nicht selten mit ihr wortgleich waren (wie z.B. die Freizügigkeit, die Auswanderungsfreiheit, die Freiheit der Person, der Schutz der Wohnung sowie des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses u.v.a.m.). An ihrem Charakter als aktuell geltendem, unmittelbar anwendbarem, „für Behörden und Bürger“ verbindlichem Recht[57] bestand kein Zweifel. Aber der mit „Grundrechte und Grundpflichten der Deutschen“ überschriebene Zweite Hauptteil der Weimarer Reichsverfassung kannte eben darüber hinaus eine Vielzahl von Bestimmungen zu den so genannten „Lebensordnungen“, zum Gemeinschafts- und Wirtschaftsleben: Reinerhaltung, Gesundung und soziale Förderung der Familie, Schutz der Jugend vor Ausbeutung und Verwahrlosung, Schulwesen und Lehrerbildung, gesunde Wohnungen, Nutzung der Bodenschätze, Sozialversicherungswesen, Schutz des Mittelstands sowie Arbeiter- und Wirtschaftsräte u.a.m. Von solchen Materien hielt sich der Parlamentarische Rat sub specie Grundrechte (weitgehend) fern. Und wo man ihnen dann doch wie bei den staatskirchenrechtlichen Regelungen oder den Grundrechtsartikeln zu Schule, Ehe und Familie nahetrat, blieben heftige Kontroversen nicht aus (dazu unten, Rn. 33ff.).

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