Besonderes Verwaltungsrecht. Группа авторов
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Die Nutzung eines Grundstücks auch im Wege der Bebauung gehört zu den von Art. 14 Abs. 1 GG umfassten Bestandteilen des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes[44]. Dementsprechend müssen sich das Bauplanungsrecht und die hierauf basierenden Pläne in ihrer Ausgestaltung an den Vorgaben des Eigentumsgrundrechts messen lassen. Dies hat vor allem in der Vergangenheit zu Verunsicherungen geführt. Durch die Klärung der Dogmatik des Eigentumsgrundrechts in der Folge des Naßauskiesungsbeschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 15.7.1981[45] mussten eine Reihe von baurechtlichen Rechtsfiguren – etwa die eigentumskräftig verfestigte Anspruchsposition oder der Bestandsschutz – aufgegeben oder einer neuen Begründung zugeführt werden[46]. Die genannten Institute wurden unmittelbar aus der verfassungsrechtlichen Verbürgung des Art. 14 Abs. 1 GG abgeleitet und sollten gleichsam neben das, durch einfachgesetzliche Regelungen ausgestaltete, Baurecht treten. Diese Position war in der Folge des Naßauskiesungsbeschlusses nicht mehr haltbar. Das Bundesverfassungsgericht führte aus, die einem Eigentümer konkret zustehenden Befugnisse ergäben sich aus der Zusammenschau der die Eigentümerstellung regelnden gesetzlichen Vorschriften. Habe der Eigentümer danach eine bestimmte Befugnis nicht, gehöre sie auch nicht zu seinem Eigentumsrecht[47]. Für Rechtspositionen, die, gründend auf verfassungsrechtlichen Verbürgungen, dem (Baurechts-) Gesetzgeber vorgegeben und damit gleichsam seinem Zugriff entzogen sind, bleibt nach diesem Verständnis kein Raum[48]. Das gilt namentlich auch für die viel diskutierte Baufreiheit[49]. Das Recht, ein Grundstück zu bebauen, folgt demnach nicht aus dem Eigentumsgrundrecht, sondern aus der einfachgesetzlichen Ausgestaltung des Baurechts. Das entspricht im Übrigen auch der Rechtswirklichkeit, die in den bauordnungsrechtlichen Genehmigungstatbeständen einen Genehmigungsanspruch statuiert, der durch die Verweisung auf die einzuhaltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften jedoch einem umfassenden Vorbehalt der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens unterliegt[50]. Soweit das Baurecht in seiner Ausgestaltung – auch unter Berücksichtigung einer möglichen verfassungskonformen Auslegung[51] – den verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht genügt – und allein in diesen Konstellationen stellt sich die Frage des unmittelbaren Rückgriffs auf Art. 14 GG – ist es als verfassungswidrig zu betrachten. Dies hat zur Folge, dass es gemäß Art. 100 Abs. 1 GG vorzulegen ist[52].
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Die Wirkungsweise des verfassungsrechtlichen Schutzes des Eigentums ergibt sich nach diesem Verständnis von Art. 14 GG aus den Bindungen, denen der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Eigentumsordnung im Wege der Inhalts- und Schrankenbestimmung gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG unterliegt[53]. Dabei kommen die beiden in Art. 14 GG selbst angelegten Ausgestaltungsprinzipien zum Tragen. Dies ist zunächst die in Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG zum Ausdruck kommende Anerkennung des Eigentums als Rechtsinstitut, das gekennzeichnet ist durch die Privatnützigkeit des Eigentums und die grundsätzliche Verfügungsbefugnis des Eigentümers[54]. Das zweite Ausgestaltungsprinzip ist das in Art. 14 Abs. 2 GG enthaltene Sozialpflichtigkeit. Letzteres ist bei der Ausgestaltung des Bauplanungsrechts und dem Erlass von Plänen von besonderer Bedeutung, weil das Bauwerk in vielfältigen ökonomischen, sozialen und ökologischen Wechselbeziehungen zu seiner Umwelt steht. Der Ausgleich zwischen diesen beiden zwar grundsätzlich gleichwertigen, aber offensichtlich häufig gegenläufigen Ausgestaltungsprinzipien wird im Wege der Abwägung im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung hergestellt[55].
4. Verfassungsrechtlicher Schutz der Umwelt
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Auch der verfassungsrechtliche Schutz der Umwelt erlangt für das Bauplanungsrecht erhebliche Bedeutung. Wie kaum eine andere menschliche Tätigkeit beeinflusst das Bauen und, dem vorgelagert, das Planen die Qualität der Umwelt. Umweltbeeinträchtigungen, wie etwa der durch Verkehr verursachte Lärm, lassen sich zu wesentlichen Teilen auf die Anlage von Städten zurückführen. Vor allem das Bauplanungsrecht entscheidet über die Erhaltung der natürlichen Ressourcen Natur und Boden. Das Bauplanungsrecht reagiert hierauf etwa durch eine sehr umfangreiche Berücksichtigung von Umweltbelangen in der Formulierung der zentralen Ziele der Bauleitplanung in § 1 Abs. 5 BauGB[56]. Verfassungsrechtlich lässt sich dies zum einen auf die Staatszielbestimmung zum Umweltschutz des Art. 20a GG zurückführen (→ Kloepfer, § 44 Rn. 33 ff.). Diese richtet sich an staatliche Stellen und hier primär den Gesetzgeber, der das Ziel des Umweltschutzes bei der Ausgestaltung der Rechtsordnung zu verfolgen hat. Sie kommt aber auch im Rahmen von Verwaltungsentscheidungen zum Tragen, was im Bauplanungsrecht vor allem durch die Berücksichtigung von Umweltschutzbelangen in der planerischen Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB praktisch wird[57]. Es kann somit nicht überraschen, dass in der jüngeren Vergangenheit wesentliche Novellierungen des Bauplanungsrechts zumindest auch vom Umweltschutzgedanken getragen wurden. Daneben wird der Umweltschutz auch vermittels der aus dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 GG abzuleitenden Schutzpflicht gegenüber den durch die Umwelteinwirkung Betroffenen zum Gegenstand verfassungsrechtlichen Schutzes[58].
IV. Europarechtlicher Rahmen
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Die Europäische Union hat keine Regelungskompetenz für den Politikbereich des Städtebaus. Unabhängig hiervon gewinnen jedoch in anderen Kompetenzbereichen begründete europarechtliche Regelungen zunehmend Einfluss auf das Bauplanungsrecht[59]. Inhaltliche Vorgaben ergeben sich etwa aus den Anforderungen des Biotop- und Artenschutzes gemäß der FFH-Richtlinie (92/43/EWG)[60] oder aus der Luftqualitätsrichtlinie (2008/50/EG), der Umgebungslärmrichtlinie (2002/49/EG) und der Seveso-III-Richtlinie (2012/18/EU). Noch stärker ist jedoch der Einfluss der primär verfahrensorientierten Plan-UP-Richtlinie (2001/42/EG), UVP-Richtlinie (2011/92/EU) und Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie (2003/35/EG) sowie auf internationaler Ebene der Aarhus-Konvention.[61] Gerade die Anforderungen der Umsetzung der Plan-UP-Richtlinie hatten die als Europarechtsanpassungsgesetz Bau[62] ergangene BauGB-Novelle 2004 erforderlich gemacht[63]. Bereits die Novelle des Jahres 2001[64] stand vor allem unter dem Zeichen des Erfordernisses der Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie (97/11/EG)[65]. Auch die jüngste Novelle stand wiederum unter dem Zeichen der Anpassung an europarechtliche Vorgaben.[66]
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Die Auswirkungen europarechtlicher Vorgaben sind heute in Teilen für das Bauplanungsrecht prägend und werden zunehmend deutlich sichtbar. So war etwa die Einführung der flächendeckenden Anwendung der Umweltprüfung für alle Bauleitpläne 2004 durch europarechtliche Vorgaben veranlasst (Rn. 77 ff.). Auch die Schaffung von Rückausnahmen durch die Einführung des beschleunigten Verfahrens 2007 ist deutlich von europarechtlichen Vorgaben gekennzeichnet, was an ihren Beschränkungen erkennbar ist (Rn. 117 ff.). Ebenso war der Versuch der Neuordnung der Abwägungsdogmatik durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau 2004 (Rn. 166 f.) europarechtlich zwar nicht geboten, aber jedenfalls inspiriert. Eine nicht unerhebliche Modifizierung des Gefüges des Rechtsschutzes gegen Bauleitpläne folgt aus der Ausdehnung der Anwendbarkeit des Normenkontrollverfahrens des § 47 VwGO gegen Flächennutzungspläne durch § 7 Abs. 2 S. 2 UmwRG (Rn. 273), die auf die Aarhus-Konvention zurückzuführen ist. Bei der Umsetzung europarechtlicher Vorgaben im Bauplanungsrecht ist ein Spannungsverhältnis erkennbar, das beispielsweise im Fachplanungsrecht schon länger deutlich wahrzunehmen ist.