Handbuch des Strafrechts. Группа авторов
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Ein eigenhändiges Delikt ist eine Straftat, die nur in unmittelbarer Täterschaft begangen werden kann. Dadurch wird definitionsgemäß eine mittelbare Täterschaft ausgeschlossen. Nach welchen Maßstäben das Vorliegen eines eigenhändigen Deliktes zu bestimmen ist und welche Tatbestände im Einzelnen zu dieser Deliktsgruppe gehören, ist eine Frage der allgemeinen Täterlehre und kann im Rahmen der mittelbaren Täterschaft nicht näher behandelt werden.[205]
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Ein exemplarischer Fall der ersten Gruppe ist der Inzest unter erwachsenen Geschwistern, der nach § 173 Abs. 2 S. 2 StGB unter Strafe steht. Wenn – nach einem sehr konstruierten, aber anschaulichen Schulbeispiel – eine Hamburger Bordellwirtin einen Seemann und eine Prostituierte zusammenbringt, von denen sie (anders als das verkuppelte Paar) weiß, dass es sich um Geschwister handelt, wäre sie nach den Regeln der Tatherrschaft mittelbare Täterin eines Geschwisterinzests. Die tabuverletzende Unmoral des Geschlechtsaktes, die den Grund der Bestrafung bildet,[206] fehlt aber, wenn die unmittelbaren „Täter“ von ihrer Geschwistereigenschaft nichts wissen. Daher müssen alle Beteiligten straflos bleiben.
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Ein höchstpersönliches Pflichtdelikte ist z.B. der Meineid (§ 154 StGB). Täter kann nur sein, wer seine höchstpersönliche Eidespflicht durch einen falschen Schwur verletzt. Wenn ein Hintermann ihn, indem er ihm einen falschen Sachverhalt suggeriert, zu einem unwissentlich falschen Schwur verleitet, kann der Hintermann also nicht als mittelbarer Täter eines Meineides bestraft werden, obwohl er die Tatherrschaft ausübt. Denn ihn trifft nicht die Eidespflicht, deren bewusste Verletzung den Strafgrund abgibt. Dass der Gesetzgeber das auch so sieht, zeigt § 160 StGB, der die Verleitung eines „anderen zur Ableistung eines falschen Eides“ in einer Sondervorschrift unter Strafe stellt. (Ein „falscher Eid“ ist nach dem Sprachgebrauch des Gesetzes ein unvorsätzlich falscher Eid.)
12. Abschnitt: Täterschaft und Teilnahme › § 52 Mittelbare Täterschaft › J. Der Irrtum über Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft
I. Die fehlende Kenntnis tatherrschaftsbegründender Umstände
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Hier sind zwei Konstellationen zu unterscheiden: Der Hintermann kann entweder nicht bemerken, dass der unmittelbar Ausführende schuldlos handelt. Oder ihm bleibt verborgen, dass dem von ihm zur Tat Veranlassten der Vorsatz fehlt.
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Die erste Fallgruppe tritt in drei Varianten auf und bietet keine besonderen juristischen Probleme. Dem Tatveranlasser bleibt – erste Variante – verborgen, dass der von ihm zur Ausführung Veranlasste geisteskrank ist. Oder – zweite Variante – er bemerkt nicht, dass der Aufgeforderte sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befindet. Oder – dritte Variante – er verkennt das Vorliegen verantwortungsausschließender Umstände i.S.d. § 35 StGB beim Ausführenden.
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Dem Hintermann fehlt in allen drei Fällen trotz der Schuldlosigkeit des Ausführenden die Tatherrschaft, weil dafür das Bewusstsein notwendig ist, sich eines schuldlosen „Werkzeugs“ zu bedienen. Er kann trotzdem in allen drei Sachverhaltskonstellationen, wie dies auch seiner Vorstellung entsprach, als Anstifter bestraft werden, weil die Anstiftung nach dem Grundsatz der limitierten Akzessorietät (§ 26 StGB) nur eine tatbestandsmäßig-rechtswidrige Haupttat voraussetzt, von der Schuld des Ausführenden also unabhängig ist.
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Sehr viel größere Schwierigkeiten bereitet die zweite Fallgruppe, bei der der Hintermann nicht erkennt, dass dem von ihm zur Ausführung Veranlassten der Deliktsvorsatz fehlt. A gibt dem B z.B. einen geladenen Revolver und fordert ihn auf, damit auf C zu schießen. Dabei verkennt er, dass B den Revolver für ungeladen hält und meint, A wolle nur einen Scherz machen.
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Eine mittelbare Täterschaft scheidet hier aus, weil vom Vorsatz des A nur eine Anstiftung erfasst war. Eine Anstiftung liegt aber auch nicht vor, weil diese nach § 26 StGB eine vorsätzliche Haupttat voraussetzt. So kann A nur wegen versuchter Anstiftung zur Tötung (§ 30 Abs. 1 StGB) bestraft werden. Bei Vergehen und bei einer geplanten Beihilfe fehlt jede Bestrafungsmöglichkeit, weil in diesen Fällen der Versuch nicht unter Strafe steht.
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Das Ergebnis ist sehr unbefriedigend, weil der Hintermann in diesen Fällen eine vollendete Tatbestandsverwirklichung wollte und auch erreicht hat. Der Entwurf 1962 hatte deshalb eine Sondervorschrift (in § 32) vorgesehen:
(1) Wie ein Anstifter wird bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen rechtswidrig begangener Tat in der irrigen Annahme bestimmt hat, der Täter werde bei der Begehung vorsätzlich handeln.
(2) Entsprechendes gilt für die Beihilfe.
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Die Vorschrift ist bei den Gesetzesberatungen gestrichen worden, weil sie „zu sehr ins Detail“[207] ginge. Der Versuch einiger Autoren, dennoch eine Teilnahmebestrafung anzunehmen,[208] ist untauglich, weil nach dem Wortlaut der §§ 26, 27 StGB eine Teilnahme zwingend den Vorsatz des Täters erfordert und weil der Gesetzgeber die Strafbarkeitslücke bewusst in Kauf genommen hat.
II. Die irrige Annahme herrschaftsbegründender Umstände
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Ein solcher Fall liegt vor, wenn z.B. A dem vermeintlich gutgläubigen B eine tödliche Spritze mit der Bitte gibt, sie dem C zu injizieren, B aber den Sachverhalt durchschaut und dem Wunsch des A trotzdem entspricht. Dasselbe Problem ergibt sich, wenn A den B irrtümlich für geisteskrank hält.
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Bei diesem Sachverhalt scheidet eine mittelbare Täterschaft aus, weil der unmittelbar Handelnde in eigener Verantwortung tätig wird und selbst die Tatherrschaft innehat. Es liegt aber eine versuchte mittelbare Täterschaft und damit ggf. eine Versuchsstrafbarkeit vor, wenn man mit der hier vertretenen Meinung bei der mittelbaren Täterschaft einen – in diesem Fall untauglichen – Versuch bejaht, sobald der Hintermann das Geschehen aus seiner Einflusssphäre entlassen hat, wie es im Beispielsfall durch das Aus-der-Hand-geben der Spritze geschehen ist.[209]
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Daneben liegt immer auch eine Anstiftung zum vollendeten Delikt vor. Das ist verhältnismäßig leicht begründbar, wenn der unmittelbar Handelnde entgegen der Annahme des Hintermannes zurechnungsfähig ist. Denn der Hintermann hat, wie § 26 es verlangt, „vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt“. Dass er sogar mittelbarer Täter sein wollte, hindert eine Teilnahmebestrafung nicht. Denn diese setzt keinen „Teilnehmerwillen“ voraus. Teilnahme ist vielmehr ein „akzessorischer Rechtsgutsangriff“[210], der nach dem Grundsatz der limitierten Akzessorietät sowohl