Handbuch des Strafrechts. Группа авторов
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Nach der Begründung soll es im Unterschied zu § 130 OWiG in den Fällen der Begehung der Verbandstat durch eine Nicht-Leitungsperson (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 VerSanG-E) nicht erforderlich sein, dass eine Leitungsperson eine Aufsichtsmaßnahme „vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen“ hat, da die Verbandsverantwortlichkeit an die „volldeliktisch begangene Verbandstat“ anknüpft; das Unterlassen von Vorkehrungen soll (nur) „objektiv“ festzustellen sein.[554] Damit würde jedoch unter Verstoß gegen den Schuldgrundsatz eine rein objektive „Gefährdungshaftung“ begründet,[555] da dann praktisch jede Verbandstat einer Nicht-Leitungsperson im Sinne der vicarious liability des US-amerikanischen Rechts (Rn. 121) eine Verbandsverantwortlichkeit auslösen könnte. Das Verschulden einer Leitungsperson, das bislang dem Verband über § 30 OWiG zugerechnet wird, würde seine Begrenzungsfunktion einbüßen, da die Begehung einer Verbandstat regelmäßig ein starkes Indiz dafür sein dürfte, dass Leitungspersonen des Verbandes „objektiv“ betrachtet angemessene Vorkehrungen unterlassen haben. Der Nachweis des Verschuldens einer Leitungsperson und damit eines Repräsentanten des Verbandes, der ihn mitorganisiert, wäre entbehrlich, womit eine an zivilrechtliche Haftungsstrukturen angelehnte ausufernde Verantwortlichkeit droht. Eine derartige Verbandsverantwortlichkeit, die auf eine Zufallshaftung hinausläuft (Rn. 121), geht zu weit. Auch der Kölner Entwurf wollte die Strafbarkeit des Verbandes „nicht zu weit“ fassen, sondern dessen Verantwortlichkeit gemäß dem Repräsentationsmodell auf das Tun und Unterlassen seiner Leitungspersonen beschränken.[556] Um ein Ausufern der Verbandsverantwortlichkeit zu vermeiden, muss Anknüpfungspunkt weiterhin – wie bei §§ 30, 130 OWiG – das Verschulden einer Leitungsperson sein, d.h. das vorsätzliche oder fahrlässige Unterlassen angemessener Vorkehrungen. Es stellt bereits eine ausreichende Extension dar, dass die Risikoerhöhungslehre im Verbandssanktionenrecht verankert wird, da die Verbandsverantwortlichkeit nicht erst dann besteht, wenn angemessene Vorkehrungen die Begehung der Verbandstat hätten „verhindern“ können, sondern bereits, wenn sie die Begehung der Verbandstat hätten „wesentlich erschweren“ können.
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Kritisiert wird weiter, dass die schwerwiegenden „großen“ Ordnungswidrigkeiten – etwa des Kapitalmarktrechts – nicht einbezogen werden,[557] obwohl dort gegen juristische Personen und Personenvereinigungen ebenfalls sehr hohe, teilweise noch höhere Verbandsgeldbußen bis hin zu 15 % des durchschnittlichen Jahresumsatzes (§ 120 Abs. 18 S. 2 Nr. 1 WpHG) festgesetzt werden können. Die Verfolgung und Ahndung wird sich in diesem Bereich weiterhin nach den Vorschriften des OWiG richten, obwohl diese „keine zeitgemäße Grundlage mehr“ für die Verfolgung und Ahndung der Unternehmenskriminalität darstellen (Rn. 136). Außerdem hätte sich die Modernisierung des Ordnungswidrigkeitenrechts angeboten, um dort für die Verbandsgeldbuße des § 30 OWiG ebenfalls zeitgemäße Verfahrensregeln zu schaffen[558] und Lücken, insb. bei der Rechtsnachfolge, zu schließen,[559] die im Verbandssanktionsrecht durch die Regelung der sog. Ausfallhaftung nicht bestehen werden.
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Die Extension auf Auslandstaten wird im Ausland begangene Taten im Inland begangenen Verbandstaten gleichstellen, sofern der Verband zur Tatzeit „einen“ Sitz im Inland hat (§ 2 Abs. 2 VerSanG-E). Für Verbände, die den Satzungs- oder einen Verwaltungssitz in Deutschland haben, läuft dies auf eine Verantwortlichkeit für sämtliche im Ausland begangenen Straftaten hinaus, soweit diese verbandsbezogene Pflichten verletzen oder zu einer Vermögensmehrung des Verbands führen bzw. führen sollen. Dies dürfte zu zahlreichen praktischen Problemen führen, da die Sachverhalte regelmäßig im Ausland ermittelt werden müssen und entsprechende Rechtshilfeersuchen zu stellen sind.[560] Zudem geht in Konzernstrukturen die Verbandsverantwortlichkeit für sämtliche ausländischen Tochtergesellschaften zu weit.[561] Die Verbandsverantwortlichkeit setzt voraus, dass der Täter der Verbandstat dem Direktions- und Weisungsrecht einer Leitungsperson des Verbandes unterliegt, da sonst eine uferlose Verantwortlichkeit droht.[562]
2. Beseitigung von strukturellen Defiziten, insb. Verschärfung der Sanktionen
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Die Begrenzung des Regelungsbereichs des VerSanG auf wirtschaftliche Vereine ist im Ansatz zu begrüßen. Die Begründung, dass die gewinnorientierte Betätigung mit erhöhten Risiken der Begehung von Straftaten durch Leitungspersonen und Mitarbeiter einhergeht und somit ein stärkerer Bedarf für den Einsatz von Verbandssanktionen besteht als bei Verbänden, die nicht am Markt tätig sind,[563] greift jedoch zu kurz. Denn Idealvereine dürfen ebenfalls wirtschaftlich tätig werden, sofern es sich „lediglich um eine untergeordnete, den idealen Hauptzwecken des Vereins dienende wirtschaftliche Betätigung im Rahmen des sogenannten Nebenzweckprivilegs handelt.“[564] Es genügt, dass die wirtschaftliche Nebentätigkeit funktionell unter die ideelle Haupttätigkeit untergeordnet ist und der wirtschaftliche Nebenzweck ein Hilfsmittel zur Erreichung des nicht wirtschaftlichen Zwecks ist.[565] Infolgedessen gibt es Idealvereine, deren wirtschaftliche Betätigung – absolut betrachtet – einen erheblichen Umfang hat. Durch die Ausgliederung eines nach Art und Umfang über einen Nebenzweck