Einführung in die Praxis der Strafverteidigung. Olaf Klemke
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Erfolgt die Übernahme des Mandats in der Haftanstalt, in der Haftzelle des Amtsgerichts oder am Wohnort des Beschuldigten bei der Durchsuchung und somit nicht in den Kanzleiräumen (vgl. § 312b BGB), werden weitreichende Verbraucherrechte ausgelöst. Zum einen gelten umfangreiche Informationspflichten gem. § 312d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246a §§ 1, 4 EGBGB und zum anderen haben die Mandanten, die Verbraucher i.S.v. § 13 BGB sind, ein Widerrufsrecht gem. §§ 312g, 355 BGB, das sich nicht abbedingen lässt. Das Verbraucherrecht stellt damit für den klassischen Strafverteidiger, der nicht Unternehmensverteidiger ist, eine in der Praxis kaum zu bewältigende Herausforderung dar. Das Verbraucherrecht ist auf den standardisierten Verkauf von Waren und Dienstleistungen zugeschnitten und nicht auf den Vertragsabschluss zwischen Verteidiger und Beschuldigtem. Zwar sieht § 312g Abs. 2 Satz 1 BGB einige Bereichsausnahmen vor, jedoch irrwitziger weise keine für Rechtsanwälte und deren Dienstleistungen.
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Gleiches gilt für Fernabsatzverträge nach § 312c BGB. Immer wenn die Vertragsanbahnung und der Vertragsschluss ausschließlich durch Fernkommunikationsmittel (einschließlich gewechselter Briefe) erfolgten, steht dem Verbraucher, d.h. dem Mandanten, ein Widerrufsrecht von 14 Tagen zu. Die Frist läuft erst nach Erteilung der Widerrufsbelehrung.
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Strenggenommen müsste jeder Verteidiger in derartigen Fällen mit der Bearbeitung zuwarten, bis die Widerrufsfrist verstrichen ist, will er nicht umsonst arbeiten.
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Diese gesetzlichen Regelungen sind ein schlagender Beweis dafür, dass der Gesetzgeber durch die Überregulierung im Hinblick auf den Verbraucherschutz unnötige Hemmnisse und Risiken nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für die freien Berufe geschaffen hat. Für den Strafverteidiger lässt sich ein Teil dieser Unwägbarkeiten durch die Möglichkeit der Bestellung als „Pflichtverteidiger“ auffangen.
Teil 1 Das Mandat des Strafverteidigers › I. Der Wahlverteidiger › 2. Berufsrechtliche Pflichten bei der Mandatsübernahme
2. Berufsrechtliche Pflichten bei der Mandatsübernahme
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Falls der zukünftige Mandant bereits von einem Wahlverteidiger vertreten wird und der Verteidiger dennoch das ihm angetragene Mandat annehmen will, hat er § 15 BORA zu beachten. Will der Mandant das Mandatsverhältnis zu dem früheren Verteidiger beenden, muss der neue Verteidiger nach § 15 Abs. 1 BORA sicherstellen, dass der früher tätige Rechtsanwalt unverzüglich von der Mandatsübernahme benachrichtigt wird. Soll der neue Verteidiger nicht anstelle des früheren, sondern neben diesem die Verteidigung führen, hat er ihn unverzüglich über die Mandatsmitübernahme zu unterrichten, § 15 Abs. 2 BORA.
Teil 1 Das Mandat des Strafverteidigers › I. Der Wahlverteidiger › 3. Die Vollmacht
3. Die Vollmacht[3]
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Die Wirksamkeit der Beauftragung des Verteidigers ist nicht von der Erteilung einer schriftlichen Vollmacht abhängig. Insbesondere dürfen Staatsanwaltschaft und Gericht die Gewährung von Akteneinsicht nicht mit der Begründung versagen, dass sich der Verteidiger nicht durch eine schriftliche Verteidigervollmacht legitimiert habe. Eine besondere Form für die Beauftragung eines Wahlverteidigers sieht das Gesetz nämlich nicht vor. Sie erfolgt in aller Regel mündlich durch Erteilung eines Auftrages zur Verteidigung durch den Mandanten und Annahme des Mandates durch den Verteidiger. Damit ist die Verteidigerbestellung wirksam. Der Verteidiger kann nunmehr alle Verteidigungshandlungen vornehmen, soweit das Gesetz nicht ausnahmsweise eine schriftliche Vertretungsvollmacht verlangt.[4] Für den Nachweis des Verteidigerverhältnisses genügt die Anzeige des Verteidigers. Im Regelfall spricht die Vermutung für die Bevollmächtigung des Verteidigers, wenn sich dieser für den Beschuldigten zu den Akten meldet.[5]
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Entschließt sich der Verteidiger, das Mandat anzunehmen, sollte er sich dennoch eine schriftliche Vollmacht erteilen lassen. Von ausschlaggebender Bedeutung für eine effektive und sachgerechte Verteidigung bereits im Ermittlungsverfahren ist nämlich eine schnellstmögliche Akteneinsicht. Nur diese stellt die für eine sachgerechte Verteidigung erforderliche „Parität des Wissens“ her. Da es trotz der eindeutigen Rechtslage noch immer Gerichte gibt, die rechtswidrig die Gewährung der Akteneinsicht von der Einreichung einer schriftlichen Verteidigervollmacht abhängig machen wollen, sollte der Verteidiger, um Zeit und unnötige Arbeit zu sparen, bereits dem Bestellschreiben eine schriftliche Vollmacht beifügen.
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Die Verwendung der vom Fachbuchhandel herausgegebenen Vollmachtsformulare ist nicht zu empfehlen. Diese enthalten bspw. einen Passus, mit welchem der Verteidiger auch zur Empfangnahme von Ladungen ermächtigt wird (§ 145a Abs. 2 S. 1 StPO). Eine solche Ermächtigung birgt jedoch nicht unerhebliche Haftungsrisiken für den Verteidiger in sich. So muss der derart ermächtigte Verteidiger dafür sorgen, dass der Mandant nach der Einlegung des Einspruches gegen einen Strafbefehl oder einer Berufung Kenntnis vom Einspruchstermin oder vom Termin zur Berufungshauptverhandlung erhält. Bei dem Nichterscheinen des Mandanten werden Einspruch oder Berufung ohne Verhandlung zur Sache verworfen (§§ 412 S. 1, 329 Abs. 1 S. 1 StPO).
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Mit der Verteidigervollmacht sollte der Mandant dem Verteidiger nur die unbedingt erforderlichen, im Gesetz nicht ohnehin zwingend vorgesehenen, Befugnisse erteilen, nämlich:
• | die Vertretungsvollmacht in Strafbefehlssachen (§ 411 Abs. 2 S. 1 StPO) und Berufungsverfahren (§ 329 Abs.1 S. 1 StPO) sowie in den Fällen, in denen der Angeklagte von der Verpflichtung, in der Hauptverhandlung zu erscheinen, entbunden wurde (§§ 233, 234 StPO), |
• | die Befugnis, von der Staatskasse erstattete Auslagen und Kosten sowie frei gewordene Sicherheiten in Empfang zu nehmen, |
• | die Ermächtigung, den Mandanten im Verfahren über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen, einschließlich des Betragsverfahrens, zu vertreten, |
• | die Bevollmächtigung, Untervollmacht zu erteilen. |
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Selbst die Ermächtigung des Verteidigers zur Rücknahme eines Rechtsmittels (§ 302 Abs. 2 StPO) muss nicht in die Vollmacht aufgenommen werden. Sie kann zum einen sogar fernmündlich erteilt werden. Zum anderen muss sie sich immer auf ein bestimmtes Rechtsmittel beziehen. Die bei der Übernahme des Mandats erteilte Verteidigervollmacht kann deshalb i.d.R. keine ausdrückliche Ermächtigung zur Rücknahme eines Rechtsmittels enthalten.[6] Eine Ausnahme hiervon besteht nur dann, wenn das Rechtsmittel bei der Übernahme des Mandats bereits eingelegt war.
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Überregulierungen im Vollmachtformular bringen keinen Gewinn an Sicherheit,