Das Verhältnis des Vermögensnachteils bei der Untreue (§ 266 StGB) zum Vermögensschaden beim Betrug (§ 263 StGB) unter besonderer Berücksichtigung des Gefährdungsschadens. Steffen Evers

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Das Verhältnis des Vermögensnachteils bei der Untreue (§ 266 StGB) zum Vermögensschaden beim Betrug (§ 263 StGB) unter besonderer Berücksichtigung des Gefährdungsschadens - Steffen Evers Schriften zum Wirtschaftsstrafrecht

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Verhaltensweisen unter die Norm zu subsumieren. Eine Beeinträchtigung der Rechtssicherheit wäre die Folge. Notwendig ist mithin eine klare Grenzziehung zwischen individueller Gerechtigkeit und Rechtssicherheit, die beiden Erfordernissen größtmögliche Wirkung verleiht.

      Anmerkungen

       [1]

      Als Schöpfer des Begriffs „Rechtsgut“ gilt gemeinhin Birnbaum vgl. ders. Archiv des Criminalrechts 1834, 149 ff. Binding hat den Rechtsgutsbegriff dann zum Grundbegriff des Strafrechtssystems erhoben und dem Dogma vom Rechtsgüterschutz zum Durchbruch verholfen. Vgl. dazu Sina Die Dogmengeschichte des strafrechtlichen Begriffs Rechtsgut, 41 ff.

       [2]

      Vgl. Dierlamm StraFo 2005, 397, 398.

       [3]

      Auch bei Individualrechtsgütern ist die Sicht der Öffentlichkeit und Allgemeinheit maßgebend. Dies resultiert aus dem erforderlichen Gemeinschafts- und Sozialbezug, da Individualrechtsgüter dem Einzelnen erst die Möglichkeit verleihen, sich innerhalb der Gemeinschaft zu entfalten und erst durch ihre Beziehung zum Menschen Rechtsgüter werden, vgl. Vogel StV 1996, 110, 111. Dies wird z.B. anhand des Eigentums deutlich, da nicht die abstrakte Sache an sich, sondern erst ihre Bezogenheit auf einen Inhaber, den Eigentümer, das Eigentum ausmacht. Vgl. dazu Marx Zur Definition des Begriffs „Rechtsgut“, 64.

       [4]

      BGH NStZ 1993, 283.

       [5]

      LK/Tiedemann 12. Aufl., § 265b, Rn. 10 ff.; Schönke/Schröder/Perron 29. Aufl., § 265b, Rn. 3, jew. m.w.N.

       [6]

      Schönke/Schröder/Perron 29. Aufl., § 264, Rn. 4.

       [7]

      Beispielhaft fordert Kasiske die Einführung neuer Straftatbestände im Zuge der Finanzkrise, vgl. ders. Aufarbeitung der Finanzkrise durch das Strafrecht? Zur Untreuestrafbarkeit durch Portfolioinvestments in Collateralized Debt Obligations via Zweckgesellschaften, in: Schünemann, (Hrsg.), Die sogenannte Finanzkrise – Systemversagen oder global organisierte Kriminalität?, 13, 40 f.

       [8]

      So insbesondere Vertreter der sog. Frankfurter Schule, die eine Rückbesinnung des Strafrechts auf seinen ureigenen Kriminalitätsbereich verlangen, da sie ihm die Eignung zur Systemregulierung absprechen. Vgl. anstatt vieler Schilling Fragmentarisch oder umfassend?, 237 ff., 251.

       [9]

      In diese Richtung interpretiert Hamm NJW 2005, 1993 den Untreuetatbestand in seiner Handhabung durch die Rechtsprechung.

       [10]

      BVerfGE 4, 352, 358; 11, 234, 237; 28, 175, 183; 45, 363, 371; 47, 109, 120; 48, 48, 56.

      Teil 1 Einleitung › B. Das Wirtschaftsstrafrecht als Feld einer Richtungsentscheidung

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      10

      Ursache dafür ist die besondere Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung. Diese bringt immer neue Arten potentieller wie tatsächlicher Kriminalität hervor, die vermeintlich eine Reaktion durch das Strafrecht verlangen. Infolge der Entwicklung des unbaren Zahlungsverkehrs schossen z.B. in der Finanzwirtschaft schier unzählige verschiedene Finanzprodukte sowie die verschiedensten Strategien zur Geldvermehrung mit neuartigen, vermeintlich unkalkulierbaren Risiken aus dem Boden. Zusätzlich sehen sich die Unternehmen in der Realwirtschaft durch die zunehmende Internationalisierung und Globalisierung einem weltweiten Konkurrenz- und Innovationsdruck ausgesetzt, der die Ursache teils unseriöser oder zumindest unmoralischer Geschäftspraktiken bildet. Dadurch wird das Strafrecht auf den Plan gerufen. Es wird zur Wirtschaftslenkung eingesetzt, indem durch weite, generalklauselartig formulierte Tatbestände versucht wird, den nicht zu überblickenden Kriminalitätsbereich abzudecken.

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      Ausdruck dieser Tendenz sind u.a. die durch das erste und zweite Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität von 1976 und 1986 (1. und 2. WiKG) in das StGB integrierten (z.B. §§ 264, 264a, 265b, 266a, 266b, 298 StGB) oder in Sondergesetzen geregelten (z.B. BörsG, UWG) wirtschaftsstrafrechtlichen Tatbestände, die neben einer Häufung von Blanketttatbeständen, Sonderdelikten, gesetzlichen Vermutungen sowie Auffang- und Aufgreiftatbeständen eine Vielzahl von abstrakten Gefährdungsdelikten enthalten. Diese zeichnen sich durch die Kriminalisierung einer als sozialschädlich empfundenen Handlung unabhängig vom Eintritt irgendeines Erfolges aus und verlagern die Strafbarkeit folglich in ein Stadium im Vorfeld der eigentlichen Rechtsgutsverletzung.

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      Legitimiert wird diese Vorverlagerung durch den Verweis auf den Schutz überindividueller, vermeintlich dem Schutz der Allgemeinheit dienender Rechtsgüter wie die Rechtspflege, den Beweisverkehr, den Preisbildungsmechanismus bei Ausschreibungen, das Kreditwesen oder andere Institutionen. Weiteres Argument ist gerade im Wirtschaftsstrafrecht häufig die Notwendigkeit der Prävention, da es dort häufig um Summen in Millionenhöhe geht, welche durch Führungskräfte aus Politik und Wirtschaft verschoben, erschlichen oder „veruntreut“ würden. Der Staat könne dann das Abwarten eines Erfolgseintritts nicht hinnehmen, sondern müsse bereits präventiv mit Hilfe des Strafrechts vorgehen. Zusätzlich wird dadurch der Ruf der Bevölkerung nach Bestrafung, insbesondere in den medienwirksamen Fällen der Wirtschaftskriminalität befriedet.

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      Auch in der Rechtsprechung ist eine Tendenz zur Vorverlagerung der Strafbarkeit durch ausufernde Gesetzesanwendung festzustellen. Straftatbestände werden weit über ihren Anwendungsbereich hinaus ausgelegt, um möglichst im Vorfeld der eigentlichen Deliktsverwirklichung Bestrafungen zu ermöglichen. Dabei werden nicht selten eigentlich als Erfolgsdelikte ausgestaltete Delikte stillschweigend in reine Tätigkeitsdelikte verformt.

      Teil

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