Verteidigung von Ausländern. Jens Schmidt

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Verteidigung von Ausländern - Jens Schmidt Praxis der Strafverteidigung

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      Ist ein Ausweisungstatbestand erfüllt oder zu erwarten, dass im Falle der Verurteilung dessen Voraussetzungen vorliegen werden, kommt der erforderlichen Gefahrenprognose die entscheidende Bedeutung zu; grob fehlerhaft wäre jedoch die Annahme, der Verteidiger könne insoweit keinen Einfluss nehmen, „da es sich um eine gebundene Entscheidung handele, die letztlich vom Verwaltungsgericht zu treffen sei“. Die Entscheidung setzt nämlich u.a. eine sorgfältige Sachverhaltsaufklärung voraus; da insoweit zumeist auf die schriftlichen Urteilsgründe des Strafgerichts zurückgegriffen wird, sollte bereits im Strafverfahren die Basis für eine dem ausländischen Mandanten günstige Entscheidung der Ausländerbehörde geschaffen werden. Je milder die Urteilsgründe, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Ausweisung unterbleibt (vgl. Rn. 87 ff.).

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      Hinweis

      Liegt der Verurteilung eine Verständigung zugrunde, sollte das Gericht „gebeten“ werden, das Urteil bzgl. der günstigen Sozialprognose umfassend zu begründen, d.h. von der Möglichkeit eines abgekürzten Urteils (§ 267 Abs. 4 Satz 1 StPO) keinen Gebrauch zu machen; andernfalls besteht die Gefahr, dass die Ausländerbehörde zusätzliche – negative – Feststellungen bzgl. der Sozialprognose trifft, da sie die Urteilsgründe für nicht ausreichend erachtet.

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      Hinweis

      In geeigneten Fällen sollte daher der Verteidiger versuchen, bereits im Strafverfahren ein positives Sachverständigengutachten zu erwirken, um auf diese Weise den Spielraum der Ausländerbehörde zusätzlich einzuschränken.

      Ein entsprechendes Vorgehen kann vor allem in Kapitalstrafsachen von Bedeutung sein; lehnt der Sachverständige die Eingangsvoraussetzungen der §§ 20, 21 StGB ab, kann es gleichwohl eine wertvolle Hilfe darstellen, wenn er die Wiederholungsgefahr mit überzeugenden Gründen ausschließt. Hierzu sollte der Sachverständige eingehend befragt werden, um so die Feststellungen im strafrechtlichen Urteil „festschreiben“ zu lassen.

      Hinweis

      Im Rahmen der Strafvollstreckung gewinnt § 454 Abs. 2 StPO zusätzliche Bedeutung, der unter bestimmten Voraussetzungen die Einholung eines Sachverständigengutachtens zwingend vorschreibt. Ein entsprechender Antrag sollte frühest möglich gestellt werden (vgl. Rn. 536), damit die Begutachtung noch vor einer möglichen Ausweisungsentscheidung vorgelegt werden kann.

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Strafgericht einschließlich Gutachter haben eine Drogenabhängigkeit, einen kriminellen Hang, eine Neigung zum Glücksspiel oder eine niedrige Hemmschwelle vor einschlägigen Straftaten festgestellt;
Frühere Bewährungsstrafen, Widerruf der Strafaussetzung, des Straferlasses oder der Aussetzung des Strafrestes, grobe und beharrliche Verstöße gegen Bewährungsauflagen, Scheitern von Resozialisierungsmaßnahmen, Widerruf von Strafvollzugslockerungen, Jugendverfehlung (Alter zur Tatzeit);
Finanzielle Schwierigkeiten, Alkohol- bzw. Drogenabhängigkeit;
Nichtbeachtung einer ausländerbehördlichen Verwarnung unter Androhung der Ausweisung;