Verteidigung von Ausländern. Jens Schmidt
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![Verteidigung von Ausländern - Jens Schmidt Verteidigung von Ausländern - Jens Schmidt Praxis der Strafverteidigung](/cover_pre1171410.jpg)
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Ob der Tatbestand des § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG bereits erfüllt ist, wenn lediglich der (dringende) Verdacht einer Straftat gegeben ist, war bislang umstritten.[39] Während eine entsprechende Auslegung von Teilen des Schrifttums[40] abgelehnt wird, ist die „Verdachtsausweisung“ in den Anwendungshinweisen zum Aufenthaltsgesetz ausdrücklich vorgesehen (vgl. 55.2.2.4 Anwendungshinweise zum AufenthG). Die Verwaltungsvorschrift folgt damit der bislang herrschenden Rechtsprechung,[41] die die Verdachtsausweisung im Hinblick auf den ordnungsrechtlichen Charakter der Ausweisung für zulässig hält.
Erhebliche Bedeutung kommt der Verdachtsausweisung vor allem für solche Tatbestände zu, die eine rechtskräftige Verurteilung voraussetzen, da der Ausländer in diesen Fällen bereits im Ermittlungsverfahren ausgewiesen werden kann. Eine entsprechende Vorgehensweise ist in den Anwendungshinweisen zum AufenthG (vgl. 55.2.2.5) ausdrücklich vorgesehen.
Hinweis
Die frühzeitige Ausweisung ist insbesondere dann äußerst misslich, wenn im Falle des Zuwartens – unter Mitwirkung des Mandanten – die Möglichkeit bestanden hätte, die Ausweisung doch noch zu vermeiden. Im Regelfall wird es daher ratsam sein, gegen die Ausweisungsverfügung selbst dann Widerspruch einzulegen, wenn praktisch keine oder nur minimale Erfolgsaussichten bestehen. Dabei wird insbesondere zu prüfen sein, ob die Staatsanwaltschaft das notwendige Einverständnis erteilt hat (vgl. § 72 Abs. 4 AufenthG). Ist dies nicht der Fall, ist die Ausweisung bereits aus diesem Grunde rechtswidrig.[42]
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Wird die Ausweisung gem. § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG auf eine Auslandstat gestützt, kommt es nicht darauf an, ob die Tat im Ausland mit Strafe bedroht ist oder in den Geltungsbereich des deutschen Strafrechts fällt, d.h. eine Verurteilung im Bundesgebiet möglich wäre; allein entscheidend ist die Frage, ob der konkrete Sachverhalt nach deutschem Recht als vorsätzliche Straftat anzusehen wäre.[43]
Hinweis
Soweit die alte Rechtslage u.a. die Möglichkeit der Ausweisung im Falle längerfristiger Obdachlosigkeit (§ 55 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG a.F.) oder Inanspruchnahme von Hilfe zur Erziehung außerhalb der eigenen Familie oder Hilfe für junge Volljährige nach dem Achten Buch des Sozialgesetzbuchs (§ 55 Abs. 2 Nr. 7 AufenthG a.F.) vorsah, sind die entsprechenden Regelungen ersatzlos gestrichen worden.
bb) Das „besonders schwerwiegende“ Ausweisungsinteresse (§ 54 Abs. 1 AufenthG)
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Das Ausweisungsinteresse wiegt besonders schwer, wenn ein in § 54 Abs. 1 AufenthG genannter Tatbestand erfüllt ist:
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§ 54 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. Besonders schwer wiegt das Ausweisungsermessen gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, wenn der Ausländer wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jungendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist.
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Gegenüber der alten Rechtslage (vgl. § 53 Nr 1 1. Alt. AufenthG a.F.) wird das Mindeststrafmaß von drei auf jetzt zwei Jahre gesenkt; ob die Strafe zur Bewährung ausgesetzt worden ist, spielt keine Rolle (mehr), was nicht nur eine erhebliche Verschärfung des bislang geltenden Rechts darstellt, sondern ein Umdenken erfordert, herrschte bislang doch die – wenn auch fehlerhafte – Vorstellung vor, dass eine Verurteilung erst ab einem Mindestmaß von drei Jahren ausländerrechtlich als „richtig kritisch“ einzustufen sei.
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Neben den zu § 54 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG dargestellten Grundsätzen (Rn. 23 ff.), die bzgl. der einzelnen Tatbestandsmerkmale entsprechend gelten, wird also – jedenfalls in einer Übergangszeit – vor allem die Unwissenheit der Beteiligten in die Verteidigungsstrategie einzubinden sein; den wenigsten Strafrichtern war die bislang geltende Ausweisungssystematik im Detail bekannt, erst Recht wird dies für das neue Ausweisungsrecht gelten. Demnach muss in Erwägung gezogen werden, dass Strafrichter Bewährungsstrafen ausurteilen, ohne die gravierenden ausländerrechtlichen Konsequenzen zu überblicken. Erscheint eine Verständigung (§ 257c StPO) möglich, sollte daher der Versuch unternommen werden eine Strafe auszuhandeln, die knapp unter der für eine Bewährung maximal möglichen Obergrenze liegt; steht der Verteidiger einer Verständigung aus „grundsätzlichen Erwägungen“ kritisch gegenüber, sollte die Position jedenfalls in diesem Fall überdacht werden. Eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten wird ohne Verständigung kaum erreichbar sein, so dass das eigentliche Verteidigungsziel, die Ausweisung zu vermeiden, oftmals nur über den Weg des § 257c StPO erreichbar sein wird.
Hinweis
Soweit das alte Ausweisungsrecht die Möglichkeit vorsah, einen Ausländer auszuweisen der wegen vorsätzlicher Straftaten innerhalb von fünf Jahren zu mehreren Freiheits- oder Jugendstrafen von zusammen mind. drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist (§ 53 Nr. 1 2. Alt. AufenthG a.F.), ist dieser Ausweisungstatbestand ersatzlos gestrichen worden.
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§ 54 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. Wird im Rahmen der letzten Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet, ist der Tatbestand des § 54 Abs. 1 2. Alt. AufenthG erfüllt.
Hinweis
Die Anordnung einer vorbehaltenen oder nachträglichen Sicherungsverwahrung (§§ 66a, 66b StGB) genügt selbst dann nicht, wenn die Anordnung später endgültig erfolgt.[44]
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§ 54 Abs. 1 Nr. 1a. Das Ausweisungsinteresse wiegt gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 1a AufenthG bei einer Verurteilung zu einer Freiheits- oder Jungendstrafe von mindestens einem Jahr besonders schwer, wenn diese wegen einer vorsätzlichen Straftat gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verhängt wird, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gewalt für Leib oder Leben oder List begangen worden ist; liegt der Verurteilung wegen eines Eigentumsdeliktes eine serienmäßige Begehung zugrunde, ist der Tatbestand auch dann erfüllt, wenn der Täter keine Gewalt, Drohung oder List angewendet hat.
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Die zu § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ausgeführten Erwägungen (Rn.