Verteidigung von Ausländern. Jens Schmidt
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Daneben kann der Führerschein zwecks Eintragung entsprechender Vermerke beschlagnahmt werden (vgl. oben Rn. 154).
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Nach Ansicht des LG München II[1] kann ein ausländischer Führerschein schließlich auch dann beschlagnahmt werden, wenn dieser im Inland keine Gültigkeit mehr besitzt und daher der Verdacht einer Straftat (§ 21 StVG) gegeben ist.
Anmerkungen
LG München II DAR 1997, 80; a.A. Hentschel Rn. 898.
ee) Exkurs: Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a StPO)
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Handelt es sich um eine EU/EWR-Fahrerlaubnis, wirkt die vorläufige Entziehung zugleich als Anordnung oder Bestätigung der Beschlagnahme (§ 111a Abs. 3 Satz 2 StPO), sofern der Beschuldigte über einen inländischen Wohnsitz verfügt.
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In anderen Führerscheinen ist – unabhängig von deren Gültigkeit im Inland[1] – die vorläufige Entziehung zu vermerken (§ 111a Abs. 6 StPO). Die Eintragung wird als Vollstreckungsmaßnahme von der Staatsanwaltschaft veranlasst.[2] Bis zur Eintragung des Vermerks kann der Führerschein beschlagnahmt werden (§ 111a Abs. 6 Satz 2 StPO). Lässt die Beschaffenheit des Führerscheins die Eintragung nicht zu, ist der Vermerk gesondert zu fertigen und mit dem Führerschein zu verbinden (vgl. oben Rn. 153). Nur wenn auch dies nicht möglich ist, kann der ausländische Führerschein entsprechend § 111a Abs. 6 Satz 2 StPO für die Dauer der vorläufigen Maßnahme beschlagnahmt werden[3]. Konnte ein Vermerk eingetragen werden, tritt an die Stelle der Rückgabe des Führerscheins (§ 111a Abs. 5 StPO) die Streichung des Vermerks[4] (sog. „Säuferbalken“).
Anmerkungen
LG Aachen NZV 2002, 332/333 m. Anm. Schneider; a.A. AG Eschweiler NZV 2002, 332.
KK-StPO-Nack § 111a Rn. 21.
AG Homburg ZfS 1995, 352; vgl. auch LG Ravensburg DAR 1991, 272.
Hentschel Rn. 879.
d) Verletzung der Unterhaltspflicht (§ 170 StGB)
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Da § 170 StGB nicht dem Schutz ausländischer Staatsfinanzen dient, findet die Vorschrift keine Anwendung, wenn ein im Inland lebender Ausländer seine gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber im Ausland lebenden, nichtdeutschen Unterhaltsberechtigten verletzt[1]; eine Strafbarkeit ist nur gegeben, wenn neben dem Ausländer auch der Unterhaltsberechtigte im Bundesgebiet wohnt.[2]
Anmerkungen
BGHSt 29, 85 ff.; OLG Saarbrücken JR 1975, 291 ff. m. Anm. Oehler; OLG Stuttgart NJW 1977, 1601 f.; OLG Saarbrücken NJW 1978, 2460 ff.; AG Rosenheim NJW 1981, 2653; BayObLG NJW 1982, 1243 f.; OLG Stuttgart NJW 1985, 1299; a.A. OLG Karlsruhe NJW 1978, 1754 ff.; Kunz NJW 1980, 1201 ff.
Fischer StGB, § 170 Rn. 3a.
e) Doppelehe (§ 172 StGB)
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Im Ausland geschlossene Ehen sind nach dem dortigen Recht zu beurteilen, so dass die Auslandsbigamie auch dann nicht unter das Verbot der Doppelehe (§ 172 StGB) fällt, wenn die gültige Doppelauslandsehe im Bundesgebiet fortgeführt wird[1]; Auslandsehen im Inland unterstehen dagegen den deutschen Gesetzen, so dass auch für Mohammedaner die Eingehung einer polygamen Ehe unzulässig ist.[2]
Anmerkungen
StA München NStZ 1996, 436.
Fischer StGB, § 172 Rn. 4 m.w.N.
f) Zwangsheirat (§ 237 StGB)
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War die „Zwangsverheiratung“ früher strafrechtlich nur als Nötigung erfasst, sollte die „Nötigung zur Ehe“ durch Einführung des § 237 StGB eine gesonderte Regelung erfahren. Geschütztes Rechtsgut ist das Recht auf selbstbestimmte Partnerwahl (vgl. Art. 12 EMRK)[1]. Folgerichtig wird die Regelung in mehrfacher Hinsicht kritisiert, so ist vor diesem Hintergrund z.B. schwer nachvollziehbar, weshalb die Nötigung eine bestimmte Person nicht zu heiraten ebenso wenig unter den Anwendungsbereich der Norm fällt, wie die Nötigung zum Unterlassen einer Scheidung,[2] obwohl beide Fallgestaltungen einen breiten Anwendungsbereich fänden. Auch die fehlende Anwendbarkeit auf gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften[3] und die Beschränkung auf wirksam geschlossene Ehen wird gerügt, letzteres deswegen, da nach dem Selbstverständnis der Betroffenen auch andere Verbindungen – wie z.B. die Imam-Ehe – als absolut verbindlich angesehen werden.[4] Findet § 237 StGB in diesen Fällen keine Anwendung, verbleibt allein eine Strafbarkeit wegen Nötigung (§ 240 StGB).
Anmerkungen
Fischer StGB, § 237 Rn. 3.
Fischer StGB, § 237 Rn. 3.; Renzikowski NJW 2014, 2539, 2541.
Hilgendorf StV 2014, 555,