Unternehmenskaufvertrag. Christoph Louven
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Umstritten ist, unter welchen Voraussetzungen bei einem Share Deal Organmitglieder, Mitarbeiter oder Berater der Zielgesellschaft, die nicht in die Verhandlungen eingebunden sind, sondern insbesondere Informationsanfragen ihres Gesellschafters (= Verkäufers) beantworten, Erfüllungsgehilfen (und nicht bloße Auskunftspersonen682) sind. Von der Beantwortung dieser Frage hängt es insbesondere ab, ob Falschangaben des Verkäufers, die auf Fehlern oder Täuschungen des Managements der Zielgesellschaft basieren, dem Verkäufer zugerechnet werden oder nicht. Solche Informationsanfragen sind bei einem Share Deal regelmäßig in großem Umfang notwendig. Denn selbst bei gut integrierten Konzerngesellschaften ist der Informationsvorsprung des Verkäufers gegenüber dem Käufer oft nur gering.683 Der Verkäufer ist daher regelmäßig in großem Umfang auf Informationen und Unterstützung des Managements der Zielgesellschaft angewiesen. Dies gilt bis zum Vertragsschluss für die Erstellung des Informationsmemorandums, die Durchführung einer Vendor’s Due Diligence, die Erstellung daraus abgeleiteter Berichte oder Fact Books, die Managementpräsentation (Management Presentation), den vorvertraglichen Auskunftsprozess (Q&A-Process), Expertengespräche (Expert Sessions), die Prüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit des im Erstentwurf angebotenen und später verhandelten Garantiekatalogs und die Erstellung der Anlagen (Disclosure Schedules). Der Verkäufer muss nicht selten die gesellschafts- und konzernrechtlichen Voraussetzungen beachten, um an die für den Verkaufsprozess relevanten Informationen zu kommen und sich der Unterstützung der Zielgesellschaft zu versichern. Dabei mögen die Organmitglieder der Zielgesellschaft mehr oder weniger kooperativ sein.684 Ihre Loyalität gegenüber dem Verkäufer mag sukzessive schwinden.685
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Das OLG Düsseldorf nimmt an, dass es sich bei Geschäftsführern und Mitarbeitern der Zielgesellschaft regelmäßig um Erfüllungsgehilfen handele.686 Das KG Berlin hat 1995 umgekehrt entschieden, die Einbeziehung des Geschäftsführers der Zielgesellschaft für Auskünfte an den Kaufinteressenten reiche nicht aus, wenn er nicht in die Verhandlungen eingebunden sei.687 Eine beachtliche Meinung im Schrifttum bejaht die Erfüllungsgehilfeneigenschaft grundsätzlich.688 Andere bejahen sie dann, wenn die oben dargestellten allgemeinen Kriterien des § 278 BGB aufgrund der Umstände des Einzelfalls, also insbesondere der Art und des Grades der Einbeziehung, dafür sprechen.689 Schließlich lehnen es einige Autoren grundsätzlich ab, sie als Erfüllungsgehilfen anzusehen,690 oder gehen von einer Vermutung aus, dass es sich lediglich um Auskunftspersonen handelt.691
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Richtig dürfte auch hier sein, die Eigenschaft als Erfüllungsgehilfe und nicht bloßer Auskunftsperson in jedem Einzelfall nach den allgemeinen Kriterien zu prüfen. Macht der Verkäufer, wenn er etwa für ein Informationsmemorandum, die Due Diligence oder den vorvertraglichen Auskunftsprozess Anfragen stellt oder weiterleitet, lediglich von seinem Auskunftsanspruch nach § 51a GmbH Gebrauch und hat daher den Willen, die Geschäftsführung und Mitarbeiter der Zielgesellschaft lediglich als Auskunftspersonen zu „nutzen“, scheidet eine Anwendung des § 278 BGB aus. Bezieht er die Geschäftsführung der Zielgesellschaft in die Managementpräsentation oder Mitarbeiter der Zielgesellschaft in Expertengespräche ein, kommt es auf die Art der Einführung der Geschäftsführung und Mitarbeiter gegenüber dem Kaufinteressenten an: Will der Verkäufer, dass sie ihn dabei unterstützen, in den Expertengesprächen Aufklärungspflichten gegenüber dem Käufer zu erfüllen, können sie Erfüllungsgehilfen sein. Möchte er, wie zumeist, lediglich, dass die Mitarbeiter ohne den Umweg über den Verkäufer direkt mit dem Käufer sprechen und ihm die Auskünfte geben, die sie sonst (im Dreieck) zunächst dem Verkäufer erteilt hätten, sind sie keine Erfüllungsgehilfen.692 Deshalb ist einem Verkäufer zu raten, klar gegenüber Geschäftsführung und Mitarbeitern zu kommunizieren, welche Rolle sie haben sollen. Zudem sollte der Verkäufer dann, wenn Geschäftsführung und Mitarbeiter unmittelbaren Kontakt zum Käufer haben, auch gegenüber dem Käufer deutlich machen, dass es sich lediglich um Auskunftspersonen handelt, für deren Auskünfte er nicht haftet. Im Übrigen werden die Informationen oder Auskünfte, die die Geschäftsführung und Mitarbeiter dem Verkäufer oder, etwa bei Managementpräsentationen oder Expertengesprächen, direkt dem Käufer zur Verfügung stellen, nicht etwa in Erfüllung einer Aufklärungspflicht des Verkäufers erteilt, sondern in der vom Interesse an einem erfolgreichen Transaktionsprozess erfolgenden freiwilligen Erfüllung des heute in der M&A-Praxis erwarteten hohen Informationsniveaus erteilt.693
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Für die Beratungspraxis wird man wegen der unklaren Rechtslage dennoch in Betracht ziehen müssen, dass ein Gericht die Geschäftsführung und Mitarbeiter der Zielgesellschaft im Streitfall als Erfüllungsgehilfen ansieht.
(f) Vertragsklauseln zur Zurechnung
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Die sehr weitgehende Zurechnung von Wissen und Verhalten Dritter kann im Ergebnis (also befreit von juristischer Dogmatik) zu einer Vorsatz- oder Arglisthaftung für bloßes Kennenmüssen führen.694
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Daher verwundert es nicht, dass die Parteien in den meisten Unternehmenskaufverträgen konkretisierende oder abweichende Regelungen dazu aufnehmen, wessen Wissen und Verhalten dem Verkäufer zugerechnet werden soll. Dabei ist zu empfehlen, zwischen der Verhaltens- und Wissenszurechnung zu unterscheiden:
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Die Verhaltenszurechnung nach § 31 BGB oder § 31 BGB analog kann nur in den Grenzen des § 276 Abs. 3 BGB wirksam beschränkt werden.695 Die Verhaltenszurechnung nach § 278 Satz 1 BGB kann schon nach dem Gesetzeswortlaut vollständig ausgeschlossen werden, und zwar auch für Fälle des Vorsatzes des Erfüllungsgehilfen (§ 278 Satz 2 BGB).696 Dies kann auf der Grundlage der hier vertretenen Auffassung auch dadurch geschehen, dass Verkäufer und Käufer vereinbaren, die Geschäftsführung und Mitarbeiter der Zielgesellschaft nicht als Erfüllungsgehilfen anzusehen.697
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Unklarer ist die Rechtslage in Bezug auf die Wissenszurechnung. Dies liegt auch an der sporadischen, einzelfallbezogenen Praxis der veröffentlichten Rechtsprechung und dem Mangel an veröffentlichten Schiedssprüchen zur Wissenszu(sammen-)rechnung.698
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Hier ist (auch wenn die entsprechenden Klauseln nach ihrem Wortlaut danach regelmäßig nicht differenzieren) gedanklich