Handbuch des Verwaltungsrechts. Группа авторов

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Ausgabenkontrolle durch Dritte ein und berieten stets kollegial. All dies machte sie zwar bedächtig, aber auch langsam und strukturell konservativ auf dem Althergebrachten beharrend.

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      Restauration in Hamburg

      Die Hansestädte knüpften nach dem Ende der Franzosenzeit an ihre vorrevolutionären Verfassungen an. In Hamburg wurde das überlieferte Herrenrecht bestätigt, das κύριον von 1712. Es war geteilt, lag aber weitgehend in den Händen des Rats (ab 1860: Senat). Dieser bestand aus vier Bürgermeistern und 24 weiteren durch Kooptation auf Lebenszeit berufenen Mitgliedern und besaß durch sein Initiativrecht die Prärogative. Ein geringerer Anteil am Herrenrecht kam der grundbesitzenden und vermögenden Erbgesessenen Bürgerschaft allein lutherischer Konfession zu, die in Kirchspielen organisiert war. Weitere „bürgerliche Kollegien“ hatten Kontrollfunktionen. Eine 1814 eingesetzte Reorganisationsdeputation erreichte die Aufstellung von Haushaltsplänen, die aber bis 1840 noch geheim blieben. Die Oligarchie zahlte ihre Steuern nicht mehr in selbst eingeschätzter, nach außen geheimer Höhe, und sie flossen in eine einheitliche Staatskasse. Die Versteigerung von untergeordneten Beamtenstellen endete; höhere gab es lange noch nicht. Es fehlte die Gleichberechtigung der anderen christlichen Konfessionen (und damit ihre politische Teilhabe), die Gleichstellung der Juden (nach kurzem Intermezzo unter dem Französischen Kaiserreich) und die Trennung von Justiz und Verwaltung.

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      Restauration in Bremen und Lübeck

      In Bremen und Lübeck lagen die Verhältnisse strukturell ähnlich. Bremen führte jedoch schon 1816 eine Wahl der Senatoren durch einen mehrheitlich von Kaufleuten bestimmten Bürgerkonvent ein, der seinerseits wieder vom Senat berufen war. Mit strategischem Weitblick gelang es Bremen 1827, zur Sicherung des Hafens abwärts der versandenden Weser Land vom Königreich Hannover zu kaufen und dort Bremerhaven zu gründen. Die Stadt wurde binnen Kurzem zum größten deutschen Amerika- und Auswandererhafen. Auch Hamburg (u. a. Ritzebüttel, heute Cuxhaven) und Lübeck hatten entsprechende Landgebiete, deren Einwohner mindere oder gar keine Beteiligungsrechte hatten.[29]

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      Verfassungen nach 1848

      In Lübeck folgten 1848 gleich zwei Verfassungen aufeinander. Die Bürgerschaft wurde von den Bürgern, nicht den Einwohnern, nach gleichem Wahlrecht gewählt. Sie war bei der Neuwahl von Senatoren auf Lebenszeit paritätisch mit dem Senat beteiligt; dabei gab es eine Mischung von Wählen und Losen. In Bremen wurde die erste Verfassung von 1849 im Jahre 1854 zurückentwickelt. Auch hier wählten nur christliche Bürger die Bürgerschaft, aber ungleich nach acht Besitzklassen; „Staatsgenossen“ lautete der umfassende Begriff für Bürger und Einwohner. In Hamburg führten die Anstöße von 1848 erst 1860 zu einer Verfassung. Die Bürgerschaft wurde nach drei Klassen gewählt und war nun auch an der Wahl der Senatoren beteiligt. Gemeinsam blieb allen Hansestädten, dass die höchste Staatsgewalt und die Gesetzgebung bei Senat und Bürgerschaft gemeinsam lagen, die Exekutive aber alleine beim Senat.

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      Verwaltung im Ehrenamt

      Überall wirkten Bürger durch Deputationen an der senatorischen Verwaltung mit; den Vorsitz hatte jedoch immer ein Senator, und der Senat konnte eine Sache immer an sich ziehen. In Hamburg hatte er sich das weite Feld der Polizeisachen alleine vorbehalten, in Lübeck noch mehr. Meistens mussten die Hälfte der Senatoren Juristen sein, die anderen Kaufleute. Im Grunde wurde mit diesem kleinen Stamm mehr rechts- als verwaltungskundiger Männer der ganze Staat geleitet, in Hamburg auch in den Katastrophen des Stadtbrands von 1842 und der Choleraepidemie von 1892. Es gab keine ministeriale Organisation und keine Beamten mit eigenen Rechten, sondern nur kündbare öffentliche Angestellte ohne Laufbahnen und Beförderungen und ohne Altersversorgung.

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      Später Übergang zum Berufsbeamtentum

      Den ersten Schritt zum Berufsbeamtentum vollzog Hamburg 1870 außerhalb der Verwaltung bei den Lehrern. Es verlangte von ihnen erstmals eine berufsbezogene Qualifikation, gewährte ihnen aber auch das Pensionsrecht. Der „Polizeiherr“ als Chef der senatorischen Polizei trat noch 1875 deshalb zurück, weil nicht ein anderer Senator, sondern ein Oberbeamter aus der Polizei sein Vertreter werden sollte. Laufbahnen des höheren juristischen und technischen Dienstes, die eine akademische Qualifikation voraussetzten, wurden in Hamburg erst 1896 eingerichtet. Diese Stellen erwiesen sich aber für höhere Beamte als unattraktiv, und selbstkritisch erkannte man 1906 einen Grund auch in der Art, wie die „Herren“ mit ihnen umgingen. Offenbar sahen die Senatoren die Beamten des Staates noch immer wie „ihre“ Bedienten in ihrem Haus und Kontor an – wie das über hundert Jahre zuvor noch gängige Praxis in allen Monarchien gewesen war.[30]

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      Restauration in Frankfurt

      1814 wurde Frankfurt eine neutrale Freie Stadt. Die verbündeten Mächte lösten sie aus dem kurzlebigen Großherzogtum Frankfurt und setzten die noch lebenden Mitglieder des Rats von 1806 wieder ein, um den Stadtstaat 1815 zum Sitz der Bundesversammlung des Deutschen Bundes zu machen. Die Verfassung ging von einer „vollkommenen Gleichheit“ in bürgerlichen und politischen Rechten aus, die aber nicht den Bürgern als Individuen zukam, sondern abstrakt den christlichen Bekenntnissen. Das beseitigte die 1811 erst eingeführte Gleichberechtigung der Frankfurter Juden; sie wurden wieder Staatsuntertanen ohne Bürgerrecht. Das Bürgerrecht war wie in den Hansestädten an Grundbesitz oder ein hohes Vermögen gebunden, und es gab auch eine Gewaltenverquickung wie dort. Dem „Gesetzgebenden Körper“ gehörten Mitglieder des Rats (später: Senatoren) und der Deputationen an und jährlich gewählte Vertreter der Bürger.[31] War eine Stelle im Rat zu besetzen, dann wählte ein kleiner Ausschuss mehrere Kandidaten, von denen wie früher im Alten Reich anschließend durch die „alt herkömmliche Kugelung“, also durch Los, einer zum Amtsinhaber bestimmt wurde (Art. 20); genauso wurde jährlich der erste oder Ältere Bürgermeister als Staatsoberhaupt und der zweite oder Jüngere gelost. Die beiden Verfahren von Wahl und Los gehörten zur europäischen republikanischen Tradition seit ihrer Mischung in dem viel bewunderten, 1268 festgelegten Verfahren zur Bestimmung des Dogen in Venedig. Das Los entspricht dabei der Gleichheit aller beim Entscheiden über Zukunftspräferenzen und soll ihre Gleichberechtigung symbolisch sichern.[32]

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      Bürgerbeteiligung und -abstimmung

      Im Zuge der Entscheidung über die neue innere Ordnung sammelten frühliberale Juristen im Januar 1816 über 2.000 Unterschriften für eine breitere Teilhabe an der Verfassungsgebung. Im Juli stimmten alle Bürger über den vom Senat gedruckten und verteilten Text der Frankfurter „Konstitutions-Ergänzungsakte“ ab. Die Bürger erklärten dabei vor den Quartier-Vorständen ihr „Ja“ oder „Nein“ in Anwesenheit eines Notars mündlich zu Protokoll. Die so ergänzte alte Verfassung wurde mit überwältigender Mehrheit angenommen, die Wahlbeteiligung lag etwas unter 60 Prozent. Diese Abstimmung aller Bürger war ein damals einzigartiger Ausdruck eines breit verankerten und gelebten republikanischen Mitgestaltungsrechts; und am 18. Oktober 1816 leisteten Senat und Bürgerschaft sich gegenseitig vor dem Römer ihren traditionellen Verfassungseid.

II. Monarchie und Restauration im Deutschen Bund von 1815

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