Handbuch des Verwaltungsrechts. Группа авторов

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Polizei

      Gleich nach der Gründung des Deutschen Bundes forderte das Streben der Burschenschaften nach einem „deutschen“ Vaterland, ohne die vielen Herrscher, die gerade erst in der Souveränität ihrer Monarchen restaurierten Staaten heraus. Gegen „demagogische Umtriebe“ und nationale, demokratische und anti-monarchische Ideen schufen die Karlsbader Beschlüsse von 1819 ein Ausnahmeregime, das alle Mitgliedstaaten band und bis 1848 bestand. An den Universitäten wurden alle Gruppen streng überwacht, in Preußen durch einen neuen, dem Kultusminister unterstellten, staatlichen „Kurator“. Professoren wurden entlassen, Studenten relegiert und für alle Zeitungen sowie Bücher galt eine Vorzensur. Zentralstellen des Bundes in Mainz und dann in Frankfurt versuchten, gemeinsames Vorgehen zu initiieren. Die Bundesgesetze gegen studentische Verbindungen wurden verschärft, indem Studenten das Reisen untersagt wurde und eine Relegation automatisch für alle Länder des Deutschen Bundes galt.[57] Nach 1848 baute der Berliner Polizeipräsident Karl Ludwig Friedrich von Hinckeldey seine Behörde zur Zentrale der politischen Polizei in Preußen aus, die mit anderen Bundesstaaten in einem neuen „Polizeiverein“ zusammenarbeitete. Mit dem Thronwechsel 1860/61 und der „Neuen Ära“ wurde die politische Polizei zunächst reduziert; spätestens ab 1878 wieder erweitert und zunehmend auf die als staatsgefährdend angesehene deutsche Sozialdemokratie und die internationale Arbeiterbewegung ausgerichtet.[58]

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      Staatliche und kommunale Polizei

      Eigene städtische Polizeien hatten einen schweren Stand, in Bayern mit seinen sehr beschränkten Gemeinderechten sowieso, aber auch in Preußen. Das Vordringen der Sicherheitspolizei und der präventiven und überstaatlichen politischen Polizei stärkte den Einfluss des Staates auf die Polizei. Im dicht bevölkerten Ruhrgebiet, das von Gemeinde-, Kreis-, Regierungsbezirks- und Provinzgrenzen (Rheinprovinz und Westfalen) durchschnitten war, wurden nach dem massenhaften Ruhrbergarbeiterstreik 1889 die kommunalen Polizeien durch staatliche Polizeidirektionen in Bochum, Gelsenkirchen und Essen abgelöst.[59]

      51

      Staatsschulden und Verfassung

      Die Kriege und Verfassungsumwälzungen nach 1800 verlangten eine Anspannung aller staatlichen Kräfte und führten in massive Staatsverschuldung. Sie konnte im Königreich Westphalen selbst durch Zwangsanleihen nicht aufgefangen werden; nach dem Untergang des Staates wurden sie wertlos, weil sich die Nachfolgestaaten gerne und einmütig ihrer Bedienung entzogen. Die notwendige Stabilisierung der Staatsfinanzen war aber auf neues Vertrauen an den Finanzmärkten angewiesen. Strukturreformen in der Finanzverwaltung trugen zu größerer Transparenz und dann höherer Finanzkraft bei, etwa durch einheitliche Staatskassen statt zerstreuter Topfwirtschaft, Haushaltspläne, Staatsschuldenverwaltungen und Rechnungshöfe. Die drei auch zur Beruhigung der Gläubiger gegebenen Verfassungsversprechen Friedrich Wilhelms III. von 1810, 1815 und 1820 blieben jedoch uneingelöst und bahnten, neben anderem, den Weg zur Revolution von 1848. Umso mehr erwarteten die liberalen Kräfte stärkeren parlamentarischen Einfluss auf die Details der einzelnen Positionen des Budgets (der preußische Staatshaushalt passte lange auf nur zwei Seiten) und auf die nachträgliche Kontrolle der Haushaltsrechnung.[60]

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      Staatseinnahmen

      Staatserträge lassen sich nicht beliebig erhöhen, sondern nur bedachtsam und in Rücksicht auf das Wirtschaftsleben. Das galt von Natur für die immer noch wichtigen Einkünfte aus Domänen und Forsten, und es war zu beachten bei den Steuern. In Süddeutschland waren unter französischem Einfluss die Privilegien des Adels, vor allem seine völlige Steuerfreiheit, weitgehend aufgehoben worden, was die Steuerbasis verbreiterte. Da man hier dem französischen Modell von Grund-, Gebäude- und (Gewerbe-)Patentsteuer folgte, wurde für einen umfassenden Grundsteuerkataster eine exakte Landesvermessung unentbehrlich. Bayern begann mit ihr bereits 1808, zugleich mit einer zentralen Staatsschuldenverwaltung. Preußen dagegen setzte auf die gegensätzliche Besteuerung von zwei Welten: in den Städten gab es die Mahl- und Schlachtsteuer als leicht erhebbare indirekte Steuer und auf dem Land die „Klassensteuer“, die bei niedrigen Einkommen als „Kopfsteuer“ pauschaliert war und darüber nach sehr breiten Einkommensklassen bis zu einem Höchstsatz von drei Prozent erhoben wurde. Die Grundsteuer rührte erst mit der Reform 1861 an die bis dahin bestehende Steuerfreiheit des Adels. Verwaltungstechnisch war allen diesen Steuern gemeinsam, dass sie nicht in die noch breit verstandene persönliche Sphäre der Steuerzahler eindrangen und keinen großen Verwaltungsaufwand erforderten.[61]

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      Staatsausgaben

      Mit dem spürbaren Rückgang der Militärausgaben nach 1815 konsolidierten sich allmählich die Staatsschulden. Der Aufbau ganz neuer Infrastrukturen änderte das; der Eisenbahnbau wurde zur Leitinvestition, die das Wirtschaftswachstum beschleunigte.[62] Die erste Staatsbahn nahm bereits 1838 im Herzogtum Braunschweig ihren Betrieb auf. Als Preußen Verfassungsstaat geworden war und der Landtag erstmals Anleihen bewilligte, konnte der Bau der staatlichen Ostbahn beginnen. Diese Verbindung der beiden Hauptstädte Berlin und Königsberg, und weiter an die russische Grenze, war zwar politisch und strategisch wichtig, erschien aber privaten Unternehmern nicht attraktiv. Die mit dem Bevölkerungswachstum stark steigenden staatlichen Ausgaben für Schulen und Universitäten sind auch als Investitionen in immaterielle Infrastrukturen zu fassen.

      54

      Akademische Ausbildung in Preußen

      Die in der klassischen Verwaltung tätigen höheren Beamten hatten fast alle Rechtswissenschaften studiert, vor allem Strafrecht und Zivilrecht und dazu Römisches Recht als echtes Bildungsfach im Sinne Wilhelm von Humboldts. Es schulte in scharf abgrenzender Begrifflichkeit und in systematisch-dogmatischem Denken, immer noch in der Gelehrtensprache Latein – und ohne Bezug zur Praxis der Zeit. Staatsrecht kam erst auf, nachdem es Verfassungen gab, war aber politisch brisant und blieb meist deskriptiv; Verwaltungsrechtslehre gab es noch gar nicht. Praxisferne war Absicht an Humboldts Universität; Ort der berufsbezogenen Ausbildung wurde das 1817 erstmals geregelte Regierungsreferendariat. Dazu musste man nach dem Studium und der für alle Juristen verpflichtenden ein- oder mehrjährigen „Auskultatur“, dem Referendariat bei Gericht, noch eine Kollegialprüfung in den lange vorher studierten kameralistischen und wirtschaftlichen Fächern vor den Praktikern einer Regierung bestehen. 1846 wurde diese Auswahl allein dem Regierungspräsidenten übertragen; sein Aufnahmegespräch bot nun mehr Raum für eine Abgleichung der Passung in den Auffassungen zu Monarchie und Staat. Die gesamten Ausbildungsjahre und auch die erste Zeit selbstständigen Arbeitens als Regierungs-Assessor mit allen Examina wurden nicht bezahlt; vor dem Referendariat musste deshalb auch ein Mindestvermögen zur Deckung dieser Durststrecke nachgewiesen werden, das 1863 auf zehn Jahre reichen sollte. Die ersten Anstellungen erfolgten als „Diätar“ auf Tagegeldbasis und dann als „Hilfsarbeiter“, bevor man mit etwa 40 Jahren zum Beamten ernannt wurde; dann war ein Weg nach oben bis zum Staatsminister möglich. Die gesellschaftlich-politischen Wurzeln und Anschauungen der hohen Beamten in Preußen waren daher recht homogen und die politischen Parteien konnten in dieses Spitzenpersonal bis 1918 nicht vordringen.[63]

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      Akademische Ausbildung in Süddeutschland

      In Süddeutschland war das juristische Studium stärker mit den staatswirtschaftlichen Nachbarwissenschaften wie Landwirtschafts- und Forstwissenschaft und später Nationalökonomie und Finanzwissenschaft verbunden. In Württemberg gab es bis 1826 eine breite nicht-akademische Beamtenschaft aus „Schreibern“, die vielfach mit den lokalen Eliten verbunden waren

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