Handbuch des Verwaltungsrechts. Группа авторов

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Monate als Kolonialministerium fort; wesentliche Aufgabe war die rechtliche Abwicklung der Kolonien und Präsenz bei den Friedensverhandlungen in Versailles.

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      Allgemeine Verwaltung

      Das Reichsinnenministerium stand in ungebrochener Kontinuität zum Reichsamt des Innern als „im Zweifel zuständiger höchster Reichsbehörde“; oberste Behörden waren im Norddeutschen Bund das Auswärtige Amt und das Bundeskanzleramt, das 1871 in Reichskanzleramt und 1879 durch Otto von Bismarck in „Reichsamt des Innern“ umbenannt wurde.[81] Wie unter der RV behielt es mit drei Abteilungen die allgemeine Zuständigkeit für innere Politik, soweit nicht Sonderbehörden zuständig waren. Polizeiliche Aufgaben nahm das Ministerium nicht wahr, obwohl Gesetzgebungskompetenz des Reichs bestand (Art. 9 WRV); ein geplantes „Reichskriminalpolizeiamt“[82] konnte nicht verwirklicht werden. Viele unterstellte Behörden wahrten Kontinuität zum Kaiserreich, darunter das Reichsgesundheitsamt, die Physikalisch-technische und die Chemisch-technische Reichsanstalt. Letztere war 1920 aus der Militärverwaltung gekommen, konnte aber nicht an die Bedeutung älterer Institute anknüpfen. Ferner gehörten zum Geschäftsbereich der Reichswahlleiter, die aus der Zentralerdbebenstation Straßburg hervorgegangene Reichsanstalt für Erdbebenforschung in Jena, die Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica, die Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft, die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, das Deutsche Archiv für Jugendwohlfahrt und das Zentralnachweisamt für Flüchtlinge und Kriegsgräber.[83] Der private „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ war am 10. September 1919 gegründet worden und handelte auch im Auftrag der staatlichen Verwaltung, der Tätigkeit im Ausland nicht möglich war.[84] Eine neue Behörde war das 1919 in Potsdam gegründete Reichsarchiv; zuvor bestanden nur Archive der Länder. Seine Gründung, die an ältere Forderungen anknüpfte, stand in engem Zusammenhang mit den Folgen des Ersten Weltkriegs, insbesondere dem propagandistischen Kampf gegen deutsche „Kriegsschuld.“[85] Umstritten war die unter Innenminister Wilhelm Külz (DDP) eingerichtete „Prüfstelle für Schmutz- und Schundschriften“; Konsequenz aus dem gleichnamigen Gesetz von 1926.[86] Dem Ministerium angegliedert war der 1919 neu geschaffene „Reichskunstwart“ für die ästhetische Gestaltung oder „künstlerische Formgebung des Reichs“ und damit auch der Verwaltung. In der ganzen Dauer der Weimarer Republik war die Behörde geprägt durch den einzigen Amtsinhaber, den Kunsthistoriker Edwin Redslob.[87]

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      „Erzbergersche Finanzreform“

      Die größte Veränderung in der Verwaltung, im Grunde eine Widerlegung von Otto Mayers schneidigem Satz von 1924, erfolgte auf dem Gebiet der Finanzen. Sie war Werk des 1921 ermordeten Reichsfinanzministers Matthias Erzberger[88] und bereits vor dem eigentlichen Beginn der Weimarer Republik in Angriff genommen worden. Bis 1918 war das Deutsche Reich Kostgänger seiner Einzelstaaten gewesen;[89] Reichssteuern, wie die 1902 zur Finanzierung des Flottenbaus eingeführte Schaumweinsteuer, waren die Ausnahme und auch von den Länderbehörden verwaltet. Erzberger hatte eine Entwicklung beschleunigt, die sich bereits im Krieg abgezeichnet hatte. Zweimal waren zur Kriegsfinanzierung direkte Reichssteuern erhoben worden. Im Sommer 1918 hatte sich die Überzeugung von der Notwendigkeit eigener Steuereinnahmen des Reichs im Frieden durchgesetzt. Noch unter der RV war am 26. Juli 1918 der Reichsfinanzhof mit Sitz in München gebildet worden, um die Steuergesetzgebung zu vereinheitlichen.[90] Art. 8 WRV bestimmte eindeutig: „Das Reich hat ferner die Gesetzgebung über die Abgaben und sonstigen Einnahmen, soweit sie ganz oder teilweise für seine Zwecke in Anspruch genommen werden. Nimmt das Reich Abgaben oder sonstige Einnahmen in Anspruch, die bisher den Ländern zustanden, so hat es auf die Erhaltung der Lebensfähigkeit der Länder Rücksicht zu nehmen.“ Das war die „Verreichlichung“ der Finanzverwaltung, möglicherweise folgenschwerer als der Wechsel von der Monarchie zur Republik.[91] Art. 83 Abs. 1 WRV bestimmte: „Die Zölle und Verbrauchssteuern werden durch Reichsbehörden verwaltet.“

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      Reichsfinanzverwaltung

      Das verfassungsändernde Gesetz über die Reichsfinanzverwaltung vom 10. September 1919[92] bestimmte in § 1: „Die Reichssteuern werden von den Reichsbehörden verwaltet (Finanzbehörden). Als Reichssteuern gelten alle Abgaben, die ganz oder zum Teil zugunsten des Reichs erhoben werden. Die oberste Leitung steht dem Reichsfinanzministerium zu. Unter ihm stehen Landesfinanzämter als Oberbehörden und unter diesen Finanzämter mit ihren Hilfsstellen.“ Eine neue Behördenstruktur unter einem neuen Dienstherrn musste aus den Landesfinanzverwaltungen aufgebaut werden.[93] Das gesamte Reichsgebiet war in Landesfinanzamtsbezirke eigeteilt, die Finanzämter als Reichsunterbehörden trugen in ihrem jeweiligen Sprengel zum Teil der kleinstaatlichen Struktur noch Rechnung. Zu der Finanzverwaltung gehörte auch eine Zollverwaltung mit Zollämtern als Unter- und Hauptzollämtern als Mittelbehörde (Art. 83, 84 WRV). Damit endete neben der württembergischen auch die angesichts zahlreicher Zollämter an der Reichsgrenze wichtige bayerische Zollverwaltung, die noch 1912 ein repräsentatives Hauptzollamt in München errichtet hatte.[94]

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      Reichsabgabenordnung

      Gesetzgeberische Sanktion der „Verreichlichung“ der Finanzverwaltung war die Reichsabgabenordnung 1919; der oldenburgische Finanzbeamte Enno Becker hatte die Kodifizierung fast im Alleingang geleistet.[95] 1926 wurde ein Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Reich und Ländern beschlossen.[96] Besondere Bedeutung gewann der Ministerialdirektor und ab 1925 Staatssekretär im preußischen Finanzministerium Johannes Popitz,[97] der als Schöpfer des Reichsumsatzsteuergesetzes 1918 galt und maßgeblich die Disziplin wissenschaftlich bearbeitete.[98] Zu dem im Grunde erst in der Republik gebildeten sehr großen Ministerium gehörten insgesamt neun Abteilungen, neben Finanzen auch mit Zuständigkeit für Liegenschaften und Forsten des Reichs sowie die Reichsbauverwaltung.[99] In den Geschäftsbereich fielen der Reichsfinanzhof, die Landesfinanzämter als Mittel- und Finanzämter als Unterbehörden, mehrere Behörden für Kriegsfolgen und die 1922 eingerichtete „Reichsmonopolverwaltung für Branntwein.“ Das aus fiskalischen Gründen 1930 eingeführte Zündwarenmonopol wurde durch eine wirtschaftliche Gesellschaft in Reichseigentum geführt.

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      Reichsheer und Reichswehr

      Neu gegenüber der RV war die vollständig reichseigene Militärverwaltung (Heeres- und Flottenangelegenheiten, Art. 79, 96 WRV). Erstmals bestand ein unmittelbares Reichsheer in Reichseigenverwaltung.[100] Bis 1919 gab es vier Kriegsministerien in Berlin, Stuttgart, München und Dresden.[101] Die RV kannte als reichseigene Streitkräfte nur Marine und Schutztruppen in den Kolonien. Allerdings hatten die meisten Staaten ihre Armeen, die sich bei Kleinstaaten auf repräsentative Schlosswachen beschränkten,[102] auch formal in die preußische Armee integriert. Die drei nichtpreußischen Armeen Sachsens, Württembergs und Bayerns waren auf dem Weg dorthin, positiven Niederschlag hatte dies etwa in zwischenstaatlichen Abkommen wie der „Bebenhäuser Abkunft“ von 1892 gefunden, die für wechselseitige Abkommandierungen die württembergische Armee in Uniformierung und Ausbildung der preußischen anglich.[103] Paul Laband sah bereits ein faktisches Reichsheer unter preußischen Vorzeichen.[104] Praktische Schwierigkeiten lagen weniger im föderalen Aufbau des kaiserlichen „Reichsheeres“, sondern im Fehlen einheitlicher Kommandoabteilungen und in parallelen, zum Teil sogar gegenläufigen Kommandostrukturen wie Generalstab und Militärkabinett, die sich insbesondere im Ersten Weltkrieg als verhängnisvoll erwiesen. Große Erwartungen wurden in den keinesfalls unumstrittenen[105] militärischen

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