Handbuch des Verwaltungsrechts. Группа авторов

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vehement für eine Neugliederung des Reichs und eine Verknüpfung der Finanz-, Verwaltungs- und Reichsreform eingesetzt.[159] Aus ähnlichen Beweggründen wurde 1928 auf Betreiben des ehemaligen Reichskanzlers und späteren Reichsbankpräsidenten Hans Luther der „Bund zur Erneuerung des Reiches“ („Luther-Bund“) gegründet, der auch konkrete Vorgaben zur Verwaltungsreform gemacht hatte. Der Name „Preußen“ und das preußische Staatsvermögen sollten erhalten bleiben, staats- und verwaltungsrechtliche Befugnisse auf die Provinzen als „Reichsländer“ übergehen. Die Länderkonferenz zur Reichsreform folgte Luther, der aber am Widerstand Preußens und Bayerns scheiterte.[160]

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      Kleinstaatliche Resilienz

      Zur Länderneugliederung war es nicht gekommen.[161] Der kleinste Gliedstaat Schaumburg-Lippe führte ab 1924 ergebnislos Verhandlungen mit Preußen. Insgesamt war das Beharrungsvermögen auch kleinster Einzelstaaten wie Lippe stärker als 1919 zu erwarten. Allerdings darf die „Kleinstaaterei“ insoweit nicht überschätzt werden, als es bereits im Kaiserreich eine funktionierende Zusammenarbeit in Verwaltung und Justiz über Ländergrenzen gegeben hatte.[162] Die gemeinsame Trägerschaft von „Unterhalterstaaten“ für die Universität Jena zeigt, dass Spielraum für eine auch im internationalen Maßstab effiziente Zusammenarbeit über kleinstaatliche Grenzen bestand. Die allerwenigsten Staaten hatten alle Attribute der Staatlichkeit besessen. Sie ließen sich auch in der Republik im ohnehin weniger körperschaftlich gestalteten Reichsrat von anderen Ländern vertreten und übernahmen häufig preußische Gesetze als Blankett.

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      Preußische Frage

      Das „Exklavenproblem“ war für den mitteldeutschen Raum eine echte Belastung, da die allein dynastischen Zufälligkeiten geschuldeten Grenzen eine vernünftige Landesentwicklung behinderten. Die Reform wurde vom Oberpräsidenten der preußischen Provinz Sachsen Eduard Hübener[163] vorangetrieben; ein Gutachten verfasste der Hallenser Staatsrechtler Max Fleischmann.[164] Dabei erwies sich als Problem, dass Preußen und Thüringen zum Teil entgegengesetzte Interessen vertraten. Im mitteldeutschen Raum bestand dabei eine eingespielte Zusammenarbeit der Verwaltung über Ländergrenzen hinweg. Die „Reichsreform“ und eine Auflösung des Dualismus „Preußen-Reich“ besaßen während der gesamten Weimarer Republik nahezu ununterbrochene Präsenz.[165] Größtes Hindernis war die Funktionalität der zur Republik loyalen preußischen Verwaltung. Der sächsische Staatskanzleichef Alfred Schulze, ein liberaler Republikaner und Demokrat, betonte 1927: „Das einige Preußen mit seiner Größe ist eine starke Stütze für das ganze Reichsgefüge, die jedenfalls solange nicht entbehrt werden möchte, als die neuen Stützen der Reichseinheit wie die einheitliche Wehrmacht, die einheitliche Verkehrsverfassung und das einheitliche Finanzsystem noch nicht auf ihre Tragfähigkeit erprobt sind.“[166] In einem eigenartigen ahistorischen Rekurs auf Martin Luther formulierte 1929 der linksliberale Staatsrechtslehrer Fritz Stier-Somlo: „Das selbstständige und ungeteilte, das in seiner Staatseigenschaft durch die Reichsverfassung ohnedies schon stark versehrte Preußen, – Ihr sollt es lassen stahn!“[167] Die Notwendigkeit der Verwaltungsreform wurde dabei auch von Konservativen vorbehaltlos geteilt: „jeder einzelne von Ihnen muss so ein Kämpfer für eine wirklich durchgreifende Verfassungs- und Verwaltungsreform sein, wenn es mit unserem deutschen Vaterlande wieder gehen soll, wie es – bei Gefahr unserer nationalen Existenz – nach dem Niederbruch gehen muss: Vorwärts und aufwärts!“ erklärte 1929 der letzte Innenminister des Königreichs Preußens, Bill Drews.[168]

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      Missbräuchliche Verwaltung

      Eine verhängnisvolle, allerdings zu keinem Zeitpunkt intendierte Folge der unterlassenen Länderneugliederung war, dass frühe Erfolge der NSDAP in Kleinstaaten wie Schaumburg-Lippe (26,9 %, 1931) oder Braunschweig (22,9 %, 1930) reichsweite Aufmerksamkeit erhielten.[169] Auch die Einbürgerung des staatenlosen Adolf Hitler durch eine rechtsmissbräuchliche Beamtenernennung zum Landesbeamten, also zum Angehörigen einer Landesverwaltung, war im „kleinstaatlichen“ Kontext erfolgt. Nachdem 1930 Ernennungen zum Polizeikommissar in Thüringen[170] und zum Professor in Braunschweig scheiterten, wurde Hitler 1932 zum braunschweigischen Regierungsrat ernannt;[171] er nahm unmittelbar nach Ernennung Urlaub und hatte offen als einziges Motiv den Erwerb der „Reichsangehörigkeit“ benannt. Auch nach damaligem Recht hätte Hitler nicht ernannt werden dürfen.[172]

III. Einzelne Landeseigenverwaltungen

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      „Republikanisches Bollwerk“

      In den größeren Ländern zählte zu der inneren Verwaltung ein beeindruckender Apparat. Mit Abstand wichtigster Einzelstaat blieb, entgegen aller gegenläufigen Bestrebungen, weiter Preußen, einerseits durch seine Größe, andererseits durch Kontinuität der politischen Leitungsebene[173] unter dem langjährigen Ministerpräsidenten Otto Braun.[174] Dem preußischen Innenministerium, noch immer eine der wichtigsten und mit fünf Abteilungen größten deutschen Behörden, unterstanden das Statistische Landesamt, das Domkapitel Brandenburg, die Domstifte Merseburg, Naumburg und Zeitz, der Deutsche Sparkassen- und Giroverband, der Verband öffentlicher Feuerversicherungsanstalten, der Verband öffentlicher Lebensversicherungsanstalten und nicht zuletzt die Polizei.

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      Polizei in Preußen

      Unmittelbar dem Ministerium unterstanden das Polizeipräsidium in Berlin, die höhere Polizeischule in Eiche bei Potsdam sowie die Polizeischule für Leibesübungen in Berlin-Spandau. Landespolizeibehörden waren dem Regierungspräsidenten nachgeordnet. Landes- und Gemeindepolizisten handelten „im Namen des Staates“, bei einer insbesondere in den Provinzen Rheinland und Westfalen erkennbaren Tendenz zur „Verstaatlichung“ mit Polizeipräsidien als Landesbehörden; 1929 bestand in 45 Städten für 16 Mio. Einwohner staatliche Polizei.[175] Preußen zählte rund 91.000 Polizisten, seit 1926 auch Frauen in der „Weiblichen Kriminalpolizei“[176] und besaß mit der paramilitärischen „Sicherheitspolizei“ die nach der nur wenig größeren Reichswehr größte bewaffnete Truppe. Die nach Vorbild der französischen Gendarmerie 1812 gebildete „Landjägerei“ für das „platte Land“ war 1923 der allgemeinen Landesverwaltung unterstellt und von militärischer auf zivile Organisation umgestellt worden.[177] Die Kodifikation des disparaten preußischen Polizeirechts fand 1931 mit dem Polizeiverwaltungsgesetz einen Abschluss.[178] Es war die größte Leistung Preußens auf dem Gebiet der Verwaltung in der Weimarer Republik und das Werk von vier Praktikern, dem Präsidenten des preußischen OVG Bill Drews[179] und der Beamten im preußischen Innenministerium Christian Kerstiens, Erich Klausener und Robert M. W. Kempner.[180] Auch in anderen Ländern war das Polizeirecht vom Nebeneinander staatlicher und kommunaler Polizei geprägt. Das preußische Polizeirecht spielte nach 1945 weiter eine wichtige Rolle im besonderen Verwaltungsrecht der Bundesrepublik.[181]

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      Schlösser und Staatsweingüter

      Die Finanzverwaltungen der Länder spielten infolge der „Verreichlichung“ nur noch eine untergeordnete Rolle. Gewisse Bedeutung erlangten sie durch Zuständigkeit für die meiste öffentliche Bautätigkeit (Hochbauabteilung) und die Verwaltung landeseigener Liegenschaften. Bei dem preußischen Finanzministerium kam die Verwaltung beschlagnahmter Vermögensmassen des Hauses Hohenzollern hinzu, darunter Schlösser, Bauämter, die Berliner Schlossbibliothek und die Münchener Schackgalerie. Nach einer Vermögensauseinandersetzung mit dem preußischen Staat wurde am

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