Handbuch des Verwaltungsrechts. Группа авторов

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wäre unvollständig, ohne ihren wichtigsten Repräsentanten zu erwähnen, den 1921 und von 1925 bis 1930 amtierenden preußischen Kultusminister Carl Heinrich Becker, der zuvor von 1916 bis 1919 Ministerialdirektor und Staatssekretär war.[205] Zwar besaß Preußen ohnehin die größte Kultusverwaltung, Becker, Professor für Orientalistik aus wohlhabender Kaufmannsfamilie, strahlte allerdings weit darüber hinaus. Bekannt waren die um ihn versammelten jungen Ministerialbeamten, die „Becker-Buben.“[206] Er reformierte die Lehrerbildung, indem Pädagogische Akademien gegründet wurden. Rechtlich neue Wege beschritt das Preußenkonkordat 1929; für den liberalen Etatisten Gerhard Anschütz war undenkbar, dass ein Staat Bereiche durch Vertrag regelt, auf denen er die Gesetzgebungskompetenz besitzt. „Was heute der Kirche zugestanden wird – die Regelung ihres Verhältnisses zum Staat durch Vertrag mit dem Staat – könnte eines Tages auch von sehr andersartigen innerstaatlichen Mächten, Personen- oder Kapitalvereinigungen, etwa von Gewerkschaften, Unternehmerverbänden, großen Konzernen und Trusts beansprucht werden.“[207] Becker arbeitete an einer Universitätsreform, damit „die Universitäten den Anschluss an die neue, durch Sozialismus und Massenproblem gekennzeichnete Zeit finden werden.“[208] Die über die Verwaltung umzusetzenden Konsequenzen waren Vereinheitlichung des Lehrkörpers, Einbeziehung der Studenten, Versuch einer „Systematisierung“ der Vorlesungen.[209] Auf dem Gebiet der Wissenschaftspolitik befürwortete Becker „einheitliche staatliche Führung.“[210]

      43

      Gemeinwirtschaft

      Das „Wirtschaftsrecht“ galt in der Weimarer Republik als methodische Herausforderung der Rechtswissenschaft.[211] Als besondere Disziplin hatte es sich durch die „Kriegswirtschaft“ im Ersten Weltkrieg herausgebildet;[212] hier vereinigten sich konservative und sozialistische Vorstellungen von „deutschem“ oder „preußischem Sozialismus“, Rätesystem, Gemeinwirtschaft und „Wirtschaftsdemokratie.“ Allen gemeinsam war der mehr oder weniger deutlich artikulierte Wille, die Trennung zwischen privatem und öffentlichem Recht zu überwinden, meist wurde ein allmähliches Überwiegen öffentlicher Elemente angenommen;[213] Arbeits- und Sozialrecht schienen dies exemplarisch zu zeigen. In der Konsequenz hätte ein eigenes Verwaltungsrecht der Wirtschaft gelegen. Für eine grundlegende Umgestaltung der Wirtschaft fehlten der Weimarer Republik der politische Wille und auch die Möglichkeiten; der fünfte Abschnitt der WRV „Das Wirtschaftsleben“ blieb unbestimmte Erinnerung an den „Sozialismus“ der Revolutionsjahre.[214] Gleichwohl besaßen wirtschaftsrechtliche Themen große Präsenz im Schrifttum, und damit auch ein „Wirtschaftsverwaltungsrecht.“

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      Ernst Rudolf Huber

      Die von Ernst Rudolf Huber 1932 bei Heinrich Göppert am Industrierechtlichen Seminar der Universität Bonn vorgelegte Habilitationsschrift „Wirtschaftsverwaltungsrecht“ kann als die Summe der wirtschaftsrechtlichen Vorstellungen der Weimarer Republik angesehen werden.[215] Huber zeigte in seiner Bestandsaufnahme gleichzeitig, wie heterogen in dogmatischer und tatsächlicher Hinsicht die gesamte Materie war. Seine Einteilung der „wirtschaftsrechtlichen Verbände“ war der Versuch einer Systematik, unterschied zwischen „Verwaltungsstellen“ wie Reichspost und Reichsmonopolverwaltung, „Anstalten des öffentlichen Rechts“ wie Kohlen- und Kalisyndikaten, Siedlungsunternehmen, den Siegelhallen der Hopfenwirtschaft,[216] Kammern und Innungen sowie den Sozialversicherungskörperschaften auf der einen Seite und „Verbänden des öffentlichen Rechts“, nämlich Kreditinstituten, Monopolgesellschaften, Zwangsverbänden, wirtschaftlichen Vereinen, Kolonialgesellschaften, Versicherungsvereinen, Berggewerkschaften, Handelsgesellschaften, Genossenschaften, Kartellen,[217] Berufsvereinen und Betriebsvertretungen auf der anderen Seite. Teilweise versuchte Huber mit Monopolen und Privilegien das Wirtschaftsrecht einzuhegen. Er stellte absolute Rechte des Wirtschaftsrechts, neben dem Eigentum auch die Bergrechte und die weit verstandenen „Urheberrechte“ dar, blieb bei dem dogmatisch fassbaren Wirtschaftsrecht jenseits des Tatsächlichen aber unbestimmt. Seine Konsequenz war Rechtsschutz; nachdem er unterschiedliche Zuständigkeiten der Verwaltungs- und ordentlichen Gerichte festgestellt hatte, forderte er de lege ferenda eine Erweiterung des Verwaltungsrechtsschutzes auf das Wirtschaftsrecht: „Läßt man entgegen der rechtsstaatlichen Doktrin die verwaltungsgerichtliche Anfechtung von Verwaltungseingriffen in subjektive Rechte des Bürgers nicht zu, so sucht sich das rechtsstaatliche Bewußtsein kraft einer List der Idee in der inzidenten Kontrolle der Verwaltung durch die ordentlichen Gerichte einen Ersatz. Je stärker die Gesetzgebung die rechtsstaatlichen Forderungen vernachlässigt, desto schärfer dringt in die Gerichte das justizstaatliche Streben durch. Nur die Verwirklichung des Rechtsstaats in der Ausbildung einer durchgängigen und umfassenden Verwaltungsgerichtsbarkeit kann das deutsche Gewaltenteilungssystem in seiner Gleichgewichtsstruktur erhalten. Jede Verleugnung des Rechtsstaats in der Verwaltungsgesetzgebung stärkt die Entwicklung eines apokryphen Justizstaates, indem sie die Gerichte drängt, die inzidente Kontrolle der Verwaltungsakte zu einer institutionellen Kontrolle der Verwaltung zu verdichten.“[218] Bezeichnend ist, dass Hubers „Ergebnisse und Forderungen“ in das vorletzte Jahr der Weimarer Republik fielen. Ein kodifiziertes Wirtschaftsverwaltungsrecht blieb eine unerfüllte, aber typische rechtspolitische Forderung der Weimarer Republik.

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      Private staatliche Regelung

      Zu dem Wirtschaftsverwaltungsrecht rechnete Ernst Rudolf Huber auch die Selbstverwaltung durch „Verkammerung“, eine für das deutsche Verwaltungsrecht typische Mischform zwischen öffentlich und privat in Form einer öffentlichen (untergesetzlichen) Normsetzung durch Private. Diese wurde in der Weimarer Republik ausgebaut.[219] Dazu zählte auch die Entlastung des Staates durch Technische Überwachungsvereine.[220]

F. Kommunalverwaltung

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      Gemeindeverfassungsrecht besteht?

      In den Kommunen war die Kontinuität der Verwaltung am größten. Art. 127 WRV normierte erstmals die kommunale Selbstverwaltung. Diese war der Sache nach keinesfalls neu,[221] ihre Erwähnung in der Verfassung aber eine wichtige rechtliche Aussage gegen eine Unitarisierung bis zu der Ebene der Kommunen. Das Kommunalverfassungsrecht hatte zumeist den Wechsel der Verfassung überdauert; Fritz Stier-Somlo hatte es auf der Leipziger Staatsrechtslehrertagung 1925 auf den Punkt gebracht: „Der demokratische Zug der Selbstverwaltung ist auch die Erklärung dafür, daß die Revolution von 1918 zwar die Staatsverfassungen umwarf, weil sie jenen aristokratisch-zentralen Charakter in der Monarchie aufwiesen, dagegen die Gemeindeverfassungsgesetze in ihrer Gesamtstruktur zunächst im Wesentlichen unberührt geblieben sind; es war an ihnen außer dem Wahlrecht nicht viel zu ‚demokratisieren.‘“[222] Oft war auch die kommunale Führungsebene identisch geblieben. Prominentester Fall war der seit 1917 amtierende Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer. Faktisch Veränderungen bewirkte die überfällige Reform des Wahlrechts,[223] die insbesondere der SPD in den Städten zugutekam. Die Reform beendete nicht nur das Dreiklassenwahlrecht, sondern erweiterte den Kreis der Wahlberechtigten erheblich um Frauen und Fürsorgeempfänger, führte zudem die geheime Wahl auf kommunaler Ebene durchgängig ein.[224] Insbesondere die Teilhabe von Frauen an der kommunalen Selbstverwaltung war rein rechtlich nahezu uneingeschränkt möglich geworden. Angeknüpft werden konnte an eine begrenzte Partizipationsmöglichkeit von Frauen in der Selbstverwaltung der Fürsorge unter der RV.[225]

      47

      Recht auf Selbstverwaltung

      Ein Einfluss der WRV auf die kommunale Selbstverwaltung war zunächst kaum intendiert, auch nicht vom

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