Handbuch des Verwaltungsrechts. Группа авторов

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materiell sei er „inhaltslos.“[227] Mangels Zuständigkeit der Reichsgesetzgebung gewährleiste die Bestimmung den Gemeinden und Gemeindeverbänden „tatsächlich nichts. Er ändert weder das bestehende Gemeinderecht ab, noch schreibt er der Gesetzgebung irgend etwas vor.“[228] Gleichwohl musste Anschütz seinen Standpunkt zunehmend modifizieren, zuletzt als „prägnantes Beispiel einer ‚institutionellen‘ Garantie im Sinne C. Schmitts.“ Von anderen Autoren wurde Art 127 WRV da bereits als subjektives Recht der Gemeinden verstanden. Bei der Verwaltungsreform in Mecklenburg-Schwerin hatte der vom Genossenschaftsrecht geprägte Rostocker Staatsrechtler Edgar Tatarin-Tarnheyden erstmals Art. 127 WRV so verstanden.[229] Auch die Rechtsprechung schien zu folgen; der StGH bejahte eine Parteifähigkeit der Kommunen.[230] Die politische Stoßrichtung war allerdings unverkennbar, der StGH sollte im Tatsächlichen die Frage entscheiden, inwieweit die Stadt Potsdam nur mit Schwarz-Weiß-Rot flaggen dürfe.[231] Fritz Stier-Somlo hatte sich als überzeugter Republikaner in einem anderen Fall rechtlich ausdrücklich Tatarin-Tarnheyden angeschlossen. Zugrunde lag in diesem Fall eine geplante Gebietsreform, der Zusammenschluss der niederrheinischen Städte München-Gladbach und Rheydt; die Stadt Rheydt hatte den Rechtsweg beschritten. Hier folgte der StGH der großzügigen Auslegung von Art. 127 WRV nicht, die Stadt Gladbach-Rheydt (heute: Mönchengladbach) wurde 1929 gebildet. Typisch für den konservativen Diskurs der Weimarer Republik war das Betonen eines Antagonismus zwischen Demokratie und Selbstverwaltung, wobei die auf den Freiherrn vom Stein zurückgeführte Selbstverwaltung als vermeintlich „deutsches“ Prinzip galt.[232] Entsprechend äußerte sich der konservative Staatsrechtler Hans Helfritz 1925 auf der Leipziger Staatsrechtslehrertagung.[233]

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      Daseinsvorsorge

      Die kommunale Verwaltung der Versorgung war ein besonderer Schwerpunkt des Bereiches, der 1935 von Ernst Forsthoff[234] in Anlehnung an einen von Karl Jaspers[235] 1931 gewählten Begriff mit „Daseinsvorsorge“ umschrieben wurde; das war nach der Weimarer Republik, doch mit unverkennbaren Wurzeln in dieser.[236] Die Leistungen der Verwaltung waren hier erheblich. Dazu zählten Personennahverkehr,[237] Abfallentsorgung[238] und die Versorgung mit Wasser, Gas und Elektrizität.[239] Zum Teil konnte an auch juristische Vorleistungen der Vorkriegszeit angeknüpft werden,[240] doch konnte die kommunale Neugliederung in den „guten“ Jahren der Republik diese Anstrengungen erheblich erleichtern. Durch Architekten wie Fritz Schumacher in Dresden, Köln und Hamburg, Martin Elsässer in Frankfurt am Main und Stuttgart oder Gustav Oelsner in Altona erhielt die kommunale Verwaltung in der Weimarer Republik ein Gesicht und erreichte dabei ein beachtliches ästhetisches Niveau.

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      Groß-Berlin

      Wichtigste kommunale Neugliederung der Weimarer Republik war das am 27. April 1920 vom preußischen Landtag beschlossene „Gesetz über die Bildung einer neuen Stadtgemeinde Berlin“. Acht Städte einschließlich Berlin, 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirke (darunter auch der des Berliner Stadtschlosses mitten in der Innenstadt) wurden zum 1. Oktober 1920 zu „Groß-Berlin“ zusammengeschlossen, die der Fläche nach größte Stadt Europas und die bevölkerungsreichste des europäischen Festlands. Berlin gehörte formal noch zu der preußischen Provinz Brandenburg, bildete allerdings einen weitgehend selbstverwalteten und auch im Reichsrat vertretenen Regierungsbezirk.[241] Für die Verwaltung wurde die Reichshauptstadt in 20 Bezirke eingeteilt; zwar kannte auch das alte preußische Gemeinderecht mit „Stadtteilen“ eine Ebene unterhalb der Stadtgemeinde, doch waren diese mit den selbstverwalteten Bezirken kaum zu vergleichen. Berlin folgte Wien, das seit 1850 in Bezirke (das im reichsdeutschen Kontext kaum präsente Graz seit 1869) und Paris, das seit 1860 in 20 arrondissements aufgeteilt war. New York bestand seit 1898 aus fünf Boroughs, das mit Kommunen auf dem Kontinent nur bedingt vergleichbare London seit 1898 aus 28 Metropolitan Boroughs. Die Weimarer Republik hatte mit Berlin an die Verwaltung der Metropolen Anschluss gefunden und damit auch im deutschen Kontext Neuland beschritten; dass gleichzeitig in der Rechts- und Veraltungswissenschaft die „Verwaltung der Metropolen“ behandelt wurde, überrascht nicht.[242] Die Verwaltung Berlins trug in der Weimarer Republik die Handschrift des Oberbürgermeisters Gustav Böß (DDP).[243]

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      Eingemeindungen

      Eine „Groß-Berlin“ vergleichbare Neugliederung wurde auch von anderen Großstädten angestrebt, insbesondere von Hamburg und Frankfurt am Main, deren Einzugsbereich jeweils auf das Gebiet mehrerer Länder oder preußischer Provinzen verteilt war; Groß- und Mittelstädte gingen bruchlos ineinander über. Sie konnten in der Weimarer Republik nicht verwirklicht werden, in Hamburg auf Grundlage der Planungen unter nationalsozialistischen Vorzeichen 1937 durch das Groß-Hamburg-Gesetz.[244] Allerdings fallen in die Weimarer Republik zahlreiche Eingemeindungen insbesondere in Preußen, so der Zusammenschluss der Städte Hannover und Linden 1920,[245] das Groß-Altona-Gesetz 1927[246] und drei Gesetze zur Neugliederung im Rheinisch-Westfälischen Industriebezirk. Dabei waren 1927 Gelsenkirchen und Buer sowie Solingen und Ohligs,[247] zusammengeschlossen worden, 1929 Barmen und Elberfeld (ab 1930 Wuppertal), Duisburg und Hamborn, Krefeld und Uerdingen, die Großstadt Oberhausen war völlig neu. 1928 war Höchst in Frankfurt am Main eingemeindet worden, mittelbare Folge der Gründung der IG Farben AG und damit Zeichen der Wechselwirkung zwischen Kommunal- und Wirtschaftsverwaltung. Zu einem wichtigen Instrument der Eingemeindung wurde der öffentliche Vertrag.[248] In Sachsen war 1921 aus den Bergbaustädten Deuben, Döhlen und Potschappel südlich von Dresden die amtsfreie Stadt „Freital“ gebildet worden, deren Name auf die neue Staatsform anspielte.

III. Einzelne Länderverwaltungen

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      Pluralität im Gemeinderecht

      Preußen gliederte sich gemäß Art. 71 der Verfassung des Freistaats Preußen vom 30. November 1920 in Provinzen und Regierungsbezirke, diese in Kreise, Städte und Landgemeinden. Die Provinzen besaßen eine Doppelnatur als staatliche Verwaltungsbezirke, etwa in Polizeiangelegenheiten, und Selbstverwaltungskörperschaften. Die staatliche Aufsicht war mit Weisungsbefugnis auch in Zweckmäßigkeitsfragen verbunden.[249] „Die Gemeinde bildet den Grundstein des ganzen Staatsorganismus, den nicht weiter auflösbaren untersten Knoten, in dem alle Fäden des öffentlichen Lebens zusammenlaufen.“[250] Insgesamt war die preußische Gemeindeverfassung unübersichtlich und uneinheitlich und ohne Einfluss der WRV. Grundsätzlich war der Unterschied zwischen Gemeinden und Städten; nur in den Hohenzollerschen Landen (Regierungsbezirk Sigmaringen) galt die Gemeindeordnung auch für Städte. Bereits vor 1914 wurden Anstrengungen unternommen, Städte und Gemeinden anzugleichen, zumal insbesondere um Berlin der Unterschied als willkürlich empfunden wurde. Größte Landgemeinde war 1919 der Berliner Vorort Steglitz (Kreis Teltow) mit 32.000 Einwohnern. Unterschieden wurde zwischen der auf die „Steinsche Städteordnung“ zurückgehenden Gemeindeverfassung der „sieben östlichen Provinzen“ (Ostpreußen, Niederschlesien, Oberschlesien, Pommern, Brandenburg, Grenzmark Posen-Westpreußen, Sachsen), denen Schleswig-Holstein, Hessen-Nassau und der Regierungsbezirk Sigmaringen weitgehend folgten, den „westlichen Provinzen“ Rheinprovinz und Westfalen, die in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts eigene Landgemeindegesetze erhielten und schließlich dem ein Sonderbewusstsein pflegenden Hannover, wo zum Teil „vorpreußische“ Regelungen fortgalten. In den östlichen Provinzen bestand ein Dualismus zwischen Gemeindevertretung und Gemeindevorsteher, in den westlichen war der Bürgermeister nach Vorbild des französischen maire stärker.

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      Provinzialverwaltung

      Die Provinzen des Freistaats Preußen entsprachen weitgehend denen des Königreichs. Schlesien war 1919 mit Blick

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