Anwendbares Recht beim grenzüberschreitenden Warenkauf. Patrick Boll

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Anwendbares Recht beim grenzüberschreitenden Warenkauf - Patrick Boll

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vom Zeitpunkt des Zugangs bestehen hinsichtlich des Wirksamwerdens eines Angebots somit keine relevanten Unterschiede.

      Betrachtet werden im Folgenden die Regelungen zur Bindung an ein Angebot sowie zu dessen Rücknahme und Widerruf.

      Bei Geltung des unvereinheitlichten deutschen Rechts ist der Antragende i.S.d. § 145 BGB durch seinen Antrag unmittelbar an diesen gebunden, es sei denn, er hat dies aktiv ausgeschlossen. Die Bindung des Antragenden an seine Willenserklärung entfällt ansonsten nur i.S.d. § 130 I S. 2 BGB, wenn sein Widerruf dem Empfänger vorher oder gleichzeitig mit dieser zugeht. Die Willenserklärung des Antrags wird dann nicht wirksam.

      Das entspricht der Regelung i.S.d. Art. 15 II CISG, dessen Begrifflichkeiten sich jedoch von denen des BGB unterscheiden. Abweichend von der Vorschrift des Allgemeinen Teils des BGB normiert Art. 15 II CISG anstelle des allgemeinen Begriffs der Willenserklärung den Begriff des Angebots. Anstatt des Widerrufs regelt Art. 15 II CISG die Rücknahme eines Angebots, selbst wenn es unwiderruflich ist. Das CISG unterscheidet zwischen der Rücknahme und dem Widerruf eines Angebots. Diese Differenzierung besteht im BGB ausgehend von der grundsätzlichen Bindung des Antragenden an sein Angebot i.S.d. § 145 BGB nicht.

      Über die Rücknahme hinaus wird dem Antragenden bei Geltung des CISG i.S.d. Art. 16 I CISG die Möglichkeit eröffnet, sein Angebot auch nach dessen Zugang noch zu widerrufen, soweit der Widerruf dem Empfänger vor dessen Absendung seiner Annahmeerklärung zugeht. Diese Möglichkeit unterliegt allerdings den Einschränkungen i.S.d. Art. 16 II CISG. I.S.d. Art. 16 II lit. a CISG ist ein Angebot dann nicht widerruflich, wenn es dies durch eine Annahmefrist oder anderweitig zum Ausdruck bringt. Es folgt dasselbe i.S.d. Art. 16 II lit. b CISG, wenn der Empfänger im vernünftigen Vertrauen auf die Unwiderruflichkeit des Angebots gehandelt und insoweit Dispositionen getroffen hat. Hierin kommt der Grundsatz von Treu und Glauben i.S.d. Art. 7 I CISG zum Ausdruck.86

      Bei Geltung des BGB entsteht bereits mit der Bindung des Antragenden i.S.d. § 145 BGB ein vorvertragliches Schuldverhältnis, aus welchem sich für den Empfänger Ansprüche i.S.d. §§ 280 I, 311 II BGB ergeben können.87

      Demgegenüber ist das vorvertragliche Verhältnis der Parteien grundsätzlich nicht Regelungsgegenstand des CISG.88 Widerruft der Anbietende i.S.d. Art. 16 I CISG, führt dies zum Erlöschen des Angebots.89 Widerruft er trotz Unwiderruflichkeit i.S.d. Art. 16 II CISG, bleibt das Angebot bestehen, womit dem Empfänger die Annahme möglich bleibt.90 Verweigert der Anbietende die Erfüllung, stehen dem Empfänger die Rechtsbehelfe des Übereinkommens zur Verfügung.91 Eine Haftung aus culpa in contrahendo ergibt sich aus den abschließenden Regelungen des CISG nicht.92 Ungeachtet dessen wird im Schrifttum eine Haftung des Anbietenden gegenüber dem Empfänger teilweise dann bejaht, wenn dieser i.S.d. Art. 16 II lit. b CISG gehandelt hat und die Vertragsverhandlung entgegen Treu und Glauben durch den Anbietenden abgebrochen wird.93

      Das Erlöschen eines Angebots bestimmt sich bei Geltung des CISG ausdrücklich i.S.d. Art. 17 CISG durch den Zugang einer Ablehnung beim Anbietenden. Dies entspricht der Regelung des § 146 Var. 1 BGB.

      Ein Angebot erlischt zudem durch Fristablauf. Bei Geltung des CISG ergibt sich dies, nicht ausdrücklich, i.S.d. Art. 16 II lit. a Var. 1, 18 II S. 2, 20, 21 CISG,94 bei Geltung des BGB explizit i.S.d. § 146 Var. 2 BGB. Kriterium für den Fristablauf ist jeweils der nicht fristgerechte und damit nicht wirksam gewordene Zugang der für die Annahme des Angebots erforderlichen Willenserklärung.

      I.S.d. Art. 18 II S. 2 Var. 1 CISG erlischt ein Angebot, wenn die Äußerung der Zustimmung dem Anbietenden nicht innerhalb der von ihm gesetzten Frist zugeht. Anlog erlischt ein Angebot i.S.d. § 148 BGB.

      Ist für die Annahme keine Frist gesetzt, erlischt ein Angebot i.S.d. Art. 18 II S. 2 Var. 2 CISG, wenn die Äußerung der Zustimmung dem Anbietenden nicht innerhalb einer angemessenen Frist zugeht. Grundsätzlich zu berücksichtigen ist hinsichtlich der Dauer der Frist eine angemessene Bedenkzeit sowie die, von der Übermittlungsart abhängige, für die Übermittlung der beiden Willenserklärungen erforderliche Zeit.95 Die Dauer der Bedenkzeit ist von zahlreichen Faktoren wie der Art der Ware, ihres Umfangs, der Dringlichkeit abhängig und damit einzelfallabhängig, was sich in der bisherigen Rechtsprechung widerspiegelt.96 Zur Beurteilung der Angemessenheit ist, ausgehend von der Sicht des Anbietenden, auch auf Art. 8 II, III CISG zurückzugreifen.97 Bei Geltung des BGB wird i.S.d. § 147 II BGB eine Frist in Bezug auf einen Zeitpunkt bestimmt, bis zu dem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Auch hier ist auf den objektiven Erwartungshorizont des Antragenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls abzustellen,98 was dem Gedanken i.S.d. Art. 8 II, III CISG nahe kommt. Somit ergeben sich hinsichtlich des Erlöschens durch Fristablauf ohne Fristsetzung keine relevanten Unterschiede.99

      Ein mündliches Angebot erlischt i.S.d. Art. 18 II S. 3 CISG ohne eine sofortige Annahme, zumindest mit Beendigung des Gesprächs,100 wenn sich aus den Umständen nichts anderes ergibt. Der Vorbehalt berücksichtigt, dass eine Annahme vorab Abstimmungen, Verhandlungen oder anderes erfordern kann. Eine Frist hierfür ist zwischen den Parteien jedoch zu vereinbaren.101 Telefonische und andere in Echtzeit stattfindende elektronische Kommunikation schließt die Vorschrift ein.102 Sie entspricht damit der Regelung i.S.d. § 147 I BGB.

      Ergibt sich aus einem verspäteten Annahmeschreiben ein unter normalen Umständen rechtzeitiger Zugang desselben, erlischt das Angebot i.S.d. Art. 21 II CISG nur dann, wenn der Anbietende eben dies dem Annehmenden unverzüglich erklärt. Eine entsprechende Vorschrift, welche die Heilung einer erkennbar nicht vom Annehmenden verschuldeten Verspätung des die Wirksamkeit auslösenden Zugangs ermöglicht, normiert das BGB i.S.d. § 149 BGB.103

      Neben dem Angebot i.S.d. Art. 14 I CISG normiert das Übereinkommen i.S.d. Art. 14 II CISG auch die Rechtsfigur der invitatio ad offerendum. Maßgeblich i.S.d. Vorschrift ist, dass der Anbietende den Vorschlag an keinen bestimmten Empfänger richtet und einen Rechtsbindungswillen nicht deutlich macht. Das unvereinheitlichte deutsche Recht enthält keine vergleichbare Vorschrift. Jedoch ist die invitatio ad offerendum als Aufforderung zur Abgabe eines Angebots entsprechend auch durch die deutsche Rechtsprechung anerkannt.104

      II. Annahme

      Die Annahme wird i.S.d. Art. 18 II S. 1 CISG mit dem Zugang beim Anbietenden wirksam. Bei Geltung des BGB ergibt sich dasselbe i.S.d. § 130 I S. 1 BGB, wobei auch hier der Unterschied bezüglich des Zeitpunkts des Zugangs besteht.

      I.S.d. Art. 18 I S. 1 CISG erfordert die Annahme eine zustimmende Erklärung oder ein entsprechendes sonstiges Verhalten des Empfängers. Soweit der Anbietende nicht unverzüglich widerspricht, führt eine abweichende Antwort, welche keine wesentliche Änderung der Angebotsbedingungen i.S.d. Art. 19 III CISG enthält, i.S.d. Art. 19 II CISG zur Annahme dieses Inhalts. Dagegen muss eine Annahmeerklärung bei Geltung des BGB vorbehaltslose Zustimmung ausdrücken, wobei der Empfängerhorizont maßgeblich ist.105 Ansonsten stellt sie i.S.d. § 150 II BGB und übereinstimmend mit Art. 19 I CISG ein Gegenangebot dar.

      Schweigen und Untätigkeit allein stellen i.S.d. Art. 18 I S. 2 CISG keine Annahme dar. Es bedarf eines weiteren Kriteriums, das etwa in einer entsprechenden Vereinbarung oder Übung der Parteien oder i.V.m. Art. 18 III CISG bestehen kann.106 Auch bei Geltung des unvereinheitlichten deutschen Rechts bedeutet Schweigen grundsätzlich keine Willenserklärung und somit auch keine Annahme, wobei sich dies aus den Umständen ergeben kann.107 Hingegen gilt Schweigen bei bestehender Geschäftsverbindung i.S.d. § 362 I HGB als Annahme.

      Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben kann bei Geltung von BGB und HGB als Annahme gelten. Es dient der Klarstellung und dem schriftlichen Nachweis eines, zumindest nach Ansicht der das Schreiben versendenden Partei, bereits mündlich geschlossenen Vertrags.108 Bei Geltung des CISG ist es nicht berücksichtigt

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