Zwangsvollstreckungsrecht, eBook. Alexander Bruns
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Wenn die einzelne Vollstreckungsmaßnahme beendet ist, ist eine auf diese Maßnahme bezügliche Erinnerung (§ 766) oder Widerspruchsklage (§ 771) nicht mehr zulässig (vgl. Rn. 43.14, 46.28).
IV. Aufhebung einzelner Vollstreckungsmaßnahmen
9.16
Unter Aufhebung der Zwangsvollstreckung ist die Beseitigung einzelner, bereits vollzogener Vollstreckungsmaßregeln zu verstehen („Entstrickung“). Die Aufhebung beendet nicht die Zwangsvollstreckung im Ganzen; diese endet erst mit der vollständigen Befriedigung des Gläubigers (oben Rn. 9.13).
1. Aufhebungsgründe
9.17
Die bereits erfolgten Vollstreckungsmaßregeln sind vor allem dann aufzuheben, wenn dem Vollstreckungsorgan die Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung vorgelegt wird, aus welcher sich ergibt, dass das zu vollstreckende Urteil aufgehoben ist oder dass die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt ist (§§ 775 Nr. 1, 776). Die Zwangsvollstreckung kann z.B. für unzulässig erklärt werden auf Grund einer Vollstreckungsgegenklage (§ 767) oder auf Grund einer Drittwiderspruchsklage (§ 771), weiter etwa auf eine Erinnerung gemäß § 766. Die Aufhebung des zu vollstreckenden Urteils meint jedwede Form späteren Titelfortfalls (s. auch § 717 Abs. 1) auf Rechtsmittel oder andere Rechtsbehelfe (Gehörsrüge, § 321a; Einspruch; Nachverfahren, §§ 302, 600; Räumungsaufschub, § 721 Abs. 3; Verfassungsbeschwerde; Menschenrechtsbeschwerde)[25].
2. Aufhebung durch das Vollstreckungsorgan
9.18
Die Aufhebung der Zwangsvollstreckung kann stets nur durch das Vollstreckungsorgan bewirkt werden. Eine gerichtliche Entscheidung, die z.B. die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt, bewirkt für sich allein noch nicht die Aufhebung der vorgenommenen Vollstreckungsmaßregeln, ebenso wenig ein Verzicht des Gläubigers auf die Rechte, die für ihn aus der Vollstreckung entstanden sind; es ist daneben in der Regel eine Handlung des Vollstreckungsorgans erforderlich (Ausnahme: § 843; s. Rn. 30.32)[26].
Eine aufgehobene Vollstreckungsmaßregel ist endgültig beseitigt; Neuvornahme ist also erforderlich, wenn die die Rechtsgrundlage der Aufhebung bildende Entscheidung aufgehoben wird[27].
3. Durchführung der Aufhebung
9.19
Wie die Aufhebung durch das Vollstreckungsorgan durchzuführen ist, ist nach der Art der vorgenommenen Maßnahme verschieden: Sind körperliche Sachen gepfändet, dann ist die Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahme in der Weise zu bewirken, dass der Gerichtsvollzieher die gepfändeten Sachen zurückgibt oder die Pfandzeichen an den im Gewahrsam des Schuldners verbliebenen Gegenständen beseitigt. Bei Maßnahmen des Vollstreckungsgerichts wird die Aufhebung durch einen Beschluss bewirkt, der die Aufhebung anordnet.
Erklärt das Vollstreckungsgericht eine von ihm selbst als Vollstreckungsorgan angeordnete Pfändung auf Erinnerung (§ 766) für unzulässig, dann ist nicht noch ein besonderer Aufhebungsbeschluss erforderlich, es sei denn, der Vollzug der Entscheidung ist ausdrücklich aufgeschoben (analog § 570 Abs. 2)[28]. Die Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahme wirkt sofort und hängt grundsätzlich nicht von der formellen Rechtskraft des Beschlusses ab[29]; Ausnahme: § 765a Abs. 5.
§ 10 Vollstreckungsverträge
Schrifttum:
Schiedermair, Vereinbarungen im Zivilprozess, 1935; Bohn, Die Zulässigkeit des vereinbarten Vollstreckungsausschlusses, ZZP 69 (1956), 20; Soehring, Die Nachfolge in Rechtslagen aus Prozessverträgen, 1968; Schlosser, Einverständliches Parteihandeln im Zivilprozess, 1968; H.J. Hellwig, Zur Systematik des zivilprozessrechtlichen Vertrages, 1968; Emmerich, Zulässigkeit und Wirkungsweise der Vollstreckungsverträge, ZZP 82 (1969), 413; Schug, Zur Dogmatik des vollstreckungsrechtlichen Vertrags (Diss. Bonn), 1969; Gaul, Zulässigkeit und Geltendmachung vertraglicher Vollstreckungsbeschränkung, JuS 1971, 347; Scherf, Vollstreckungsverträge, 1971 (dazu E. Peters AcP 172 [1972], 561); Bürk, Erinnerung oder Klage bei Nichtbeachtung von Vollstreckungsvereinbarungen durch die Vollstreckungsorgane?, ZZP 85 (1972), 391; Rinck, Parteivereinbarungen in der Zwangsvollstreckung aus dogmatischer Sicht (Diss. Passau), 1996 (dazu Bruns ZZP 111 [1998], 247); Wagner, Prozessverträge, 1998; Hergenröder, Die Vollstreckungsvereinbarung im System der Zwangsvollstreckung, DGVZ 2013, 145.
I. Das Vollstreckungsrecht als grundsätzlich zwingendes Recht
10.1
Die Zwangsvollstreckung ist ein rechtlich streng „genormtes“ Verfahren: die Voraussetzungen, unter denen der Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreiben kann, der Vollstreckungsakt selbst und die Position des Schuldners im Verfahren sind im Gesetz genau und eng umschrieben (Rn. 5.12, 7.26). Aus dem Zweck dieser exakten Regelung ergibt sich, dass die Zwangsvollstreckungsrechtssätze in der Regel zwingenden Rechts sind, also einer Parteidisposition nicht unterliegen: „Die Voraussetzungen und die Grenzen der staatlichen Vollstreckungshandlungen sind begrifflich den Abmachungen der Parteien entzogen“[1]. Daher ist auch für Vollstreckungsvereinbarungen nur ein geringer Raum (Rn. 6.17).
10.2
Freilich ist die Stellung des Gläubigers weniger schutzwürdig als die des Schuldners: der Gläubiger leitet durch seinen Antrag das Verfahren ein, er kann es beenden; er hat daher auch die Befugnis, seine Rechte in der Zwangsvollstreckung durch vertragliche Abmachungen zu beschränken. Dagegen haben den Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Position des Schuldners nicht nur dessen individuelle Interessen, sondern auch allgemeine Erwägungen sozialer und gesamtwirtschaftlicher Art geleitet; der Schuldner kann daher auf die ihm eingeräumte Rechtsstellung regelmäßig nicht verzichten. Auch die im Gesetz vorgesehenen Arten der Zwangsvollstreckung und das dabei einzuhaltende Verfahren sind der Disposition der Parteien entzogen[2].
II. Einzelne Zulässigkeitsfragen
10.3