Zwangsvollstreckungsrecht, eBook. Alexander Bruns

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Zwangsvollstreckungsrecht, eBook - Alexander Bruns

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im Zwangsvollstreckungsverfahren“ dem Rechtspfleger zugewiesen sind (Vollübertragung)[126]; darunter fallen auch die dem Vollstreckungsgericht übertragenen Vollstreckungshandlungen.

      8.33

      Wegen Art. 92 GG ist die Zuweisung verfassungsrechtlich problematisch, soweit sie sich auch auf echte Rechtsprechungsakte (etwa die Beschlüsse gemäß § 765a oder gemäß § 90 ZVG) erstreckt. Die wohl h.L. rechtfertigt sie mit der ohne weiteres offen stehenden Anrufung des Richters und betrachtet die Rechtspflegertätigkeit nur als „innergerichtliches Vorverfahren“[127].

      8.34

      Der Rechtsbehelf im Bereich rechtspflegerischer Tätigkeit ist – auch nach der Reform des § 11 RPflG[128] zweifelhaft und umstritten. Die Novellierung 1998 hat die Rechtsbehelfsproblematik nur teilweise entschärft. Dabei unterscheidet die h.M. nach wie vor zwischen Entscheidungen und Maßnahmen des Rechtspflegers. Das Gesetz eröffnet gegen Entscheidungen des Rechtspflegers grundsätzlich das nach allgemeinen Verfahrensvorschriften zulässige Rechtsmittel (§ 11 Abs. 1 RPflG), gemeint ist dasjenige Rechtsmittel, das zulässig wäre, wenn statt des Rechtspflegers ein Richter entschieden hätte[129]. Gegen Entscheidungen, die ohne mündliche Verhandlung ergehen können (z.B. Ablehnung eines beantragten Pfändungsbeschlusses, Rn. 30.12), ist mithin sofortige Beschwerde nach § 793 statthaft, wobei der Rechtspfleger nach h.M. abhelfen kann (§ 572 Abs. 1)[130]; gegen andere Entscheidungen ist sofortige Beschwerde nach § 567 zulässig (z.B. Verweigerung einer titelübertragenden Klausel, Rn. 18.8). Ist die Entscheidung, hätte sie ein Richter getroffen, dagegen unanfechtbar (z.B. einstweilige Anordnung nach § 769 Abs. 2), greift die sofortige Rechtspflegererinnerung gemäß § 11 Abs. 2 RPflG Platz[131]. Auch hier besteht für den Rechtspfleger Abhilfemöglichkeit (§ 11 Abs. 2 S. 2 RPflG). Bei Nichtabhilfe entscheidet der Richter (§ 11 Abs. 2 S. 5 RPflG), und zwar derjenige, der ursprünglich zu entscheiden gehabt hätte, wenn es den Rechtspfleger nicht gäbe (§ 28 RPflG). Die so genannte Durchgriffserinnerung gibt es also nicht mehr.

      Bei Vollstreckungshandlungen des Rechtspflegers geht dagegen nach h.M. § 766 vor[132]. Dies bedeutet z.B., dass der Schuldner, der sich gegen einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Rechtspflegers wendet, die Erinnerung nach § 766 einzulegen hat; über sie entscheidet – wenn nicht der Rechtspfleger abhilft – der Amtsrichter. Erst gegen die Entscheidung des Amtsrichters ist dann wieder die sofortige Beschwerde nach § 793 an das Landgericht gegeben. Nach h.M. sind ablehnende Entscheidungen nach Anhörung des Schuldners allerdings keine Vollstreckungshandlungen, gegen die „Vollstreckungserinnerung“ durchgreift (§ 766); vielmehr ist in diesen Fällen grundsätzlich sofortige Beschwerde der zutreffende Rechtsbehelf[133].

      8.35

      Örtlich ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bereich die einzelne selbstständige Vollstreckungshandlung vorgenommen werden soll oder vorgenommen worden ist (§ 764 Abs. 2); es ist also u.U. nicht ein Amtsgericht für alle Akte einer Zwangsvollstreckung zuständig; werden mehrere selbstständige Vollstreckungshandlungen in den Bezirken verschiedener Amtsgerichte vorgenommen, so kommen mehrere Amtsgerichte als Vollstreckungsgerichte in Betracht (s.a. Rn. 6.48 zur Dezentralisierung). Hat der Schuldner unter Mitnahme der gepfändeten Gegenstände seinen Wohnsitz in den Bezirk eines anderen Gerichts verlegt, dann ist das Amtsgericht des neuen Bezirks zuständig, wenn der Schuldner z.B. gemäß § 825 eine andere Art der Verwertung beantragt[134].

      Dagegen bleibt das Vollstreckungsgericht, das den früheren Vollstreckungsakt vorgenommen hat, für unselbstständige Teile des Vollstreckungsvorgangs zuständig, so insbesondere für Rechtsbehelfe, die sich auf den Vollstreckungsakt beziehen. Verlegt z.B. der Schuldner seinen Wohnsitz unter Mitnahme der gepfändeten Sachen in einen anderen Gerichtsbezirk, so ist, wenn er geltend macht, die Pfändung verstoße gegen § 811, für die Entscheidung über die Erinnerung das Gericht des früheren Wohnsitzes als Vollstreckungsgericht zuständig[135].

      Besondere Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit bestehen für die Zwangsvollstreckung in Forderungen (§ 828 Abs. 2 und 3), für die Abnahme der Vermögensauskunft (§§ 802g, 802i), für die Arrestpfändung in Forderungen (§ 930), ferner in den §§ 848, 853–855, 858 Abs. 2, 873. Beantragt der Gläubiger Forderungspfändung beim unzuständigen Gericht, so hat es das Verfahren seit der 2. Zwangsvollstreckungsnovelle 1999 auf entsprechenden Gläubigerantrag formlos an das zuständige Gericht abzugeben (§ 828 Abs. 3 S. 1); die Abgabe ist nicht bindend (§ 828 Abs. 3 S. 2)[136].

      Ein Verstoß gegen die örtliche Zuständigkeit macht – trotz ihrer Ausschließlichkeit (§ 802) – den Vollstreckungsakt nicht nichtig (Rn. 11.2); er ist anfechtbar (§ 766). Die Überprüfung der vom Vollstreckungsgericht bejahten Zuständigkeit ist aber auf das Erinnerungsverfahren beschränkt und in der anschließenden Beschwerdeinstanz entsprechend § 513 Abs. 2 ausgeschlossen[137]. Bei einem Kompetenzkonflikt oder verschiedenen Gerichtsständen gilt § 36 entsprechend[138].

III. Das Prozessgericht als Vollstreckungsorgan

      8.36

      Das Prozessgericht erster Instanz ist funktionell zuständig für die Zwangsvollstreckung zur Erzwingung von Handlungen und Unterlassungen (§§ 887, 888, 890).

      Die Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts ist auch dann gegeben, wenn der Vollstreckungstitel (das Urteil) von dem Rechtsmittelgericht erlassen wurde[139]. Grundsätzlich entscheidet der nach §§ 348, 348a zuständige Einzelrichter; eine erstmalige Übertragung auf den Einzelrichter ist im Vollstreckungsverfahren nicht zulässig[140].

      8.37

      Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit brauchten nicht erlassen zu werden, da immer das konkrete erstinstanzliche Gericht berufen ist.

      Bei einem Beschluss, der einen Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt (§§ 1060, 1062 Abs. 1 Nr. 4), oder einem ausländischen Urteil (§ 722) ist das Gericht zuständig, das den Schiedsspruch bzw. den Titel für vollstreckbar erklärt hat.

IV. Andere Behörden als Vollstreckungsorgane

      8.38

      Das Grundbuchamt ist zuständig für die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen durch Eintragung einer Sicherungshypothek (§ 867) und in gewissem Umfang bei der Vollstreckung in Rechte an Grundstücken (§§ 830, 857). Das Grundbuchamt handelt in diesen Fällen als Vollstreckungsbehörde[141] und als Organ der freiwilligen Gerichtsbarkeit[142]. Der Antrag des Gläubigers ist unmittelbar an das Grundbuchamt zu richten[143]. Ein Ersuchen seitens des Vollstreckungsgerichts erfolgt nicht (Ausnahme: § 941).

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