Zwangsvollstreckungsrecht, eBook. Alexander Bruns

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Zwangsvollstreckungsrecht, eBook - Alexander Bruns

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Ratenzahlungsvereinbarung in Gestalt eines Vollstreckungsaufschubs, falls der Gläubiger nicht widerspricht („Widerspruchslösung“)[18]. Damit ist die Gläubigerdisposition noch ausreichend gewahrt (Rn. 4.24, 6.6 ff.). Zur Einziehung von Teilbeträgen ist der GV mit Einverständnis des Gläubigers auch dann ebenfalls berechtigt, wenn der GV Pfändbares nicht vorfindet, der Schuldner aber kurzfristige Ratentilgung glaubhaft darlegt, die Ratenzahlung erbringen zu können (§ 802b Abs. 2 S. 1) und der Gläubiger nicht widerspricht[19]. Die Möglichkeit weitergehender Parteivereinbarung durch Vermittlung des GVs bleibt unberührt. Der GV kann vom Gläubiger bei Teil- bzw. Restforderungsvollstreckung u.U. eine rechnerische Aufstellung verlangen (Rn. 6.62). Er handelt im Rahmen des ihm erteilten Vollstreckungsauftrags, wenn er den Schuldner nach einer teilweise erfolglosen Vollstreckung erneut aufsucht[20].

      8.7

      Bei freiwilliger Leistung durch den Schuldner an den GV sind folgende Fragen sehr umstritten: Wann geht die Gefahr auf den Gläubiger über? Wann wird der Gläubiger Eigentümer der dem GV übergebenen Sache (meist des Geldes)?

      aa) Bei gepfändetem Geld geht nach § 815 Abs. 3 mit der Wegnahme des Geldes die Gefahr auf den Gläubiger über, der Schuldner wird also entlastet[21]. Die entsprechende Anwendung des § 815 Abs. 3 ist auch bei freiwilliger Leistung zu bejahen[22], da eine unterschiedliche Behandlung beider Fälle wenig sinnvoll ist: denn auch die „Freiwilligkeit“ ist in der Regel ein Ergebnis drohenden Zwangs (s. auch § 59 GVGA)[23].

      bb) Die Frage, wann das Eigentum auf den Gläubiger übergeht, hängt davon ab, ob man den GV bei Annahme der freiwilligen Leistung als Bevollmächtigten des Gläubigers oder als Amtsperson ansieht. Um die erste Alternative bejahen zu können, müsste man den GV als Bevollmächtigten und als Besitzdiener des Gläubigers behandeln[24]; damit würde sich auch die Frage nach dem Zeitpunkt des Gefahrübergangs (oben aa) erledigen, da der Eigentümer in der Regel die Gefahr trägt. M.E. ist es aber zweifelhaft, ob man den GV in dieser Weise in die Sphäre des Gläubigers eingliedern kann. Es wird vielmehr richtig sein, auch hier – wie bei der zwangsweisen Wegnahme des Geldes – das Eigentum erst mit der Ablieferung an den Gläubiger übergehen zu lassen[25].

      Dem Schuldner und Dritten gegenüber wird der GV bei Vornahme einer Amtshandlung durch den Besitz der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels legitimiert (§ 754 Abs. 2).

      8.8

      Der GV hat beim Erlass des Vollstreckungsakts die Verfahrensvorschriften, die die ZPO für die einzelnen Zwangsvollstreckungsarten enthält, sowie die GVGA zu beachten; außerdem kann nach § 4 Abs. 1 S. 2 GVKostG eine Amtshandlung von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht werden[26].

      Vollstreckungsakte eines von der Amtsausübung kraft Gesetzes ausgeschlossenen GV.s (§ 155 GVG) sind anfechtbar (§ 766), nicht nichtig[27]. Eine Ablehnung wegen Befangenheit kennt das Gesetz nicht[28]; darin liegt kein verfassungsrechtlicher Mangel[29].

      8.9

      Funktionell ist der GV für alle Vollstreckungshandlungen zuständig, die nicht durch das Gesetz dem Gericht oder einer anderen Behörde zugewiesen sind (§ 753 Abs. 1). In seinen Bereich fallen vor allem die Vollstreckungshandlungen, die eine Ausübung unmittelbaren Zwangs erfordern, so die Pfändung beweglicher Sachen (§ 808), die Erzwingung der Herausgabe von Sachen (§§ 883–885, 897), die Abnahme der Vermögensauskunft (§ 802c) sowie die Verhaftung des Schuldners (§ 802g). Verstöße gegen die funktionelle Zuständigkeit machen den Vollstreckungsakt nichtig (s. Rn. 11.3).

      8.10

      Die örtliche Zuständigkeit des GV.s deckt sich mit dem Amtsgerichtsbezirk, wenn nur ein GV bestellt ist. Sind es mehrere, so weist der dienstaufsichtsführende Richter jedem GV einen örtlich begrenzten Bezirk zu (§§ 11, 12 GVO). Wird ein GV außerhalb dieses Bezirks, aber im Amtsgerichtsbezirk tätig, so berührt dies die Wirksamkeit seiner Amtshandlung nicht; wird er außerhalb des Amtsgerichtsbezirks tätig, so ist der Vollstreckungsakt nicht unwirksam, aber anfechtbar (s. Rn. 11.3).

      8.11

      Die §§ 754–763 enthalten einige Sonderbestimmungen für das Verfahren des GV.s. Sie betreffen zunächst seine Legitimation (§§ 754, 757), das aufzunehmende Protokoll und die Aktenführung (§§ 762, 763, 760), ferner wichtige Regeln zur Gewaltanwendung (s.a. Rn. 8.39) und Wohnungsdurchsuchung (§§ 758 ff.).

      Erleichterungen im Fall eines elektronisch eingereichten Auftrags zur Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid, der keiner Vollstreckungsklausel bedarf, eröffnet unter bestimmten Voraussetzungen nunmehr § 754a. Eine vereinfachte Erledigung von Vollstreckungsaufträgen, mit deren fruchtlosem Verlauf zu rechnen ist, sieht § 32 GVGA vor: der GV sendet dem Gläubiger unverzüglich den Schuldtitel mit einer entsprechenden Bescheinigung zurück und teilt dabei mit, dass er den Auftrag als zurückgenommen betrachtet. Die Vereinfachungsregelung gilt nicht, wenn aus der Sachlage der Wunsch des Gläubigers nach Ausführung des Vollstreckungsauftrags hervorgeht (s. § 32 Abs. 2 GVGA)[30].

      Leistet ein Schuldner vor der Pfändung freiwillig einen Geldbetrag, der nicht die Forderungen sämtlicher Gläubiger deckt, soll der GV den Geldbetrag nach § 117 Abs. 2 GVGA nur dann annehmen, wenn der Schuldner mit einer Aufteilung auf alle Gläubiger nach dem Verhältnis ihrer Forderungen einverstanden ist; ansonsten soll eine Pfändung für sämtliche Gläubiger erfolgen (§ 117 Abs. 2 S. 2) – eine nicht unproblematische Anweisung[31].

      Nach einem erfolglosen oder nur z.T. erfolgreichen Vollstreckungsversuch hat der GV im Protokoll jedenfalls auf Verlangen des Gläubigers die an sich pfändbaren Sachen im Einzelnen aufzuführen und die anderen Gegenstände nach Art und Zahl zu bezeichnen, damit der Gläubiger aus dem Protokoll einen Anhalt zur Beurteilung des Verfahrens des GV.s gewinnen kann[32].

      § 755 sieht die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Schuldners durch den Gerichtsvollzieher vor.[33]

      8.12

      Das Recht der Wohnungsdurchsuchung durch den Gerichtsvollzieher hat im Zuge der 2. Zwangsvollstreckungsnovelle 1999 in § 758a n.F. eine einfachgesetzliche Neuregelung erfahren. Zur Wohnungsdurchsuchung bedarf es danach nunmehr ausdrücklich in aller Regel einer richterlichen Durchsuchungserlaubnis (§ 758a Abs. 1 und 4 S. 1 a.E.). Trotz der Neuregelung behalten viele einfachrechtliche und verfassungsrechtliche Fragen, wie sie sich schon vor der Reform gestellt haben, auch künftig ihre Aktualität.

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