Zwangsvollstreckungsrecht, eBook. Alexander Bruns

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Zwangsvollstreckungsrecht, eBook - Alexander Bruns

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d.h. der Gläubiger muss zuerst die gütliche Vollstreckung ohne richterliche Anordnung unter Belehrung über das Weigerungsrecht versuchen lassen[91], was dem Schuldner u.U. ein Moratorium verschafft[92]. Der Weigerung des Schuldners (bzw. einer mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Person[93] oder eines Angestellten[94]) soll es gleichstehen, wenn er in seiner Wohnung vom GV wiederholt nicht angetroffen worden ist[95]. So wird etwa gefordert, der GV müsse mindestens zwei erfolglose Besuche unternommen haben, davon einen nach schriftlicher Ankündigung[96] oder zu einer Zeit, in der sich auch Berufstätige zu Hause aufhalten können[97]. Vor diesen Vollstreckungsversuchen muss der Titel nicht zugestellt sein (s. § 750 Abs. 1: Grundsätzlich genügt Gleichzeitigkeit)[98], spätestens aber vor Erlass der Durchsuchungsanordnung[99].

      Den Antrag auf richterliche Anordnung muss der Gläubiger stellen, der Gerichtsvollzieher muss dies von sich aus nur in Eilfällen[100]; die h.M. verneint eine Pflicht des GV.s (s. nunmehr § 61 Abs. 3 GVGA)[101], häufig wird auch bestritten, dass der Gläubiger den GV zur Antragstellung ermächtigen könne[102].

      Die Anhörung des Schuldners erübrigt sich nur bei Gefährdung des Vollstreckungszwecks[103]. Das BVerfG gesteht der Praxis aber zu, insoweit allgemeine Erfahrungssätze berücksichtigen zu können[104], sodass das Amtsgericht in Ermangelung besonderer Umstände nicht gehindert sein dürfte, von vorheriger Anhörung abzusehen[105]. Richtig ist, dass der Richter von den Weigerungsgründen des Schuldners regelmäßig über das vom GV aufzunehmende (s. § 63 GVGA) – und mit dem Antrag auf Erteilung einer Durchsuchungsanordnung jedenfalls zweckmäßigerweise vorzulegende[106] – Protokoll erfährt. Ersetzen kann dieser Ablauf eine gebotene richterliche Anhörung freilich nicht[107].

      Eine Zustellung der Durchsuchungsanordnung ist nicht erforderlich; es genügt, dass der GV sie bei der Vollstreckung vorzeigt, § 758a Abs. 5.

      8.28

      Die richterliche Erlaubnis bezieht sich jeweils nur auf die genannte(n) Wohnung(en) und muss diese hinreichend bestimmt bezeichnen[108]; bei einem Wohnungswechsel ist eine neue Anordnung notwendig[109]. Sie schließt die Befugnis zur Abholung gepfändeter Gegenstände ein[110], gestattet aber nicht die Versteigerung gepfändeter Sachen in den Räumen des Schuldners[111]. Häufig wird die Durchsuchungsanordnung für einen begrenzten Zeitraum (z.B. drei Monate) erteilt[112]. Nach der Rechtsprechung des BVerfG verliert eine Durchsuchungsanordnung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach 6 Monaten ihre Wirkung[113]. Die Erlaubnis gemäß § 758a Abs. 4 wird nicht ersetzt („besondere Anordnung“)[114]. Ein Anwesenheitsrecht des Gläubigers bei der Vollstreckung in der Wohnung des Schuldners gegen dessen Willen ist abzulehnen[115]. Die ZPO kennt es nicht; für eine dahingehende richterliche Anordnung gibt es keine gesetzliche Grundlage. Zwar ist davon auszugehen, dass eine Durchsuchungsanordnung auch den vom GV hinzugezogenen Hilfspersonen (s. etwa §§ 758 Abs. 3, 759) Zutritt zur Wohnung des Schuldners gewährt. Das praktische Bedürfnis für die Hinzuziehung des Gläubigers ist jedoch dadurch nicht gedeckt, weil der Gläubiger nicht Hilfsperson oder Zeuge im Sinne dieser Vorschriften ist (s.a. Rn. 6.34). Die in diesem Zusammenhang häufig genannte Identifizierung einer herauszugebenden Sache kann deshalb u.U. nicht mittels Gläubigerhilfe erfolgen, sondern nur auf Grund einer genauen Fassung des zu vollstreckenden Titels.

      8.29

      Wird die Durchsuchungsanordnung ohne Anhörung erlassen und erachtet man die Durchsuchungsanordnung (zutreffend) einer Vollstreckungshandlung eines Vollstreckungsgerichts gleich, ist entsprechend der bislang h.M. (s. Rn. 43.4) Vollstreckungserinnerung gegeben[116]. Anders, wenn man diese Parallele nicht zieht, aber immerhin noch eine Entscheidung im Zwangsvollstreckungsverfahren bejaht: § 793[117]. Die grundsätzliche Statthaftigkeit eines einfachrechtlichen Rechtsbehelfs des Schuldners gegen die Durchsuchungsanordnung entspricht einem Verfassungsgebot (Art. 19 Abs. 4 GG)[118]. Von beiden Standpunkten aus kommt man zur sofortigen Beschwerde (§ 793), wenn die beantragte Anordnung abgelehnt wurde oder nach vorheriger Anhörung erging[119]. Eine „verbrauchte“ Durchsuchungsanordnung ist anfechtbar, sofern sich dafür ein Rechtsschutzbedürfnis feststellen lässt, wie das BVerfG im Fall unterbliebener vorheriger Anhörung aufgrund tiefgreifenden Grundrechtseingriffs nunmehr grundsätzlich annimmt[120]; Rechtsbehelfen gegen strafverfahrensrechtliche Durchsuchungsanordnungen fehlt das Rechtsschutzbedürfnis jedenfalls trotz Vollziehung grundsätzlich nicht[121]. – Gegen Vollstreckungsmaßnahmen des GV.s bei fehlender Anordnung oder beschwerendem Vorgehen ist Erinnerung möglich (§ 766)[122].

      8.30

      Insgesamt wäre das BVerfG bei der Anwendung des Art. 13 GG besser zurückhaltender gewesen im Sinne seiner ursprünglichen Konzeption (BVerfGE 16, 239). Die Eindämmungsversuche des Gesetzgebers (§ 758a) und der Praxis sind zwar verständlich, aber letztlich eine Auflehnung gegen das BVerfG; vielleicht gibt sie dem Gericht zu denken und bewirkt vorsichtige Selbstkorrektur bei „Folgefällen“. Die Rechtsbehelfe des Schuldners (§§ 766, 765a) hätten zur Verhinderung missbräuchlicher Eingriffe in die Wohnung genügt, um rechtsstaatliche Verhältnisse zu wahren.

II. Das Amtsgericht (Vollstreckungsgericht) als Vollstreckungsorgan

      8.31

      Das Amtsgericht ist als Vollstreckungsgericht funktionell zuständig für „die den Gerichten zugewiesene Anordnung von Vollstreckungshandlungen und Mitwirkung bei solchen“ (§ 764 Abs. 1). Diese Formulierung kann zu Missverständnissen Anlass geben; denn

a) auch das Prozessgericht ist zu gewissen Vollstreckungshandlungen berufen, also etwa das Landgericht, das das Urteil im Rechtsstreit erlassen hat (s. unten III.);
b) das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht ist nicht nur Vollstreckungsorgan, sondern auch entscheidendes Gericht (z.B. über die Erinnerung nach § 766). Wenn also § 764 Abs. 3 von „Entscheidungen“ spricht, ist nur der letztgenannte Aufgabenbereich gemeint.

      In den Bereich der funktionellen Zuständigkeit des Amtsgerichts als Vollstreckungsgericht fallen die Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Vermögensrechte (§§ 828 ff., 857, 858), die Mitwirkung bei der Mobiliarvollstreckung in gewissen Fällen[123] (z.B. §§ 758, 758a[124], 789, 825 Abs. 2), das Verteilungsverfahren (§§ 872 ff.), die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (§§ 1, 163, 171b ZVG). Verstöße gegen die funktionelle Zuständigkeit machen auch hier die Entscheidung nichtig (s. Rn. 11.3).

      Das Familiengericht ist nicht für Zwangsvollstreckungsverfahren zuständig[125], ausgenommen dort, wo das Prozessgericht als Vollstreckungsorgan (s. Rn. 8.36) oder für Entscheidungen im Vollstreckungsverfahren (z.B. § 767) berufen ist (Rn. 45.28). Familiengerichtliche Zuständigkeit gibt es auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Rn. 53.3).

      8.32

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