Kreuz und Rose. Anna-Katharina Dehmelt

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Kreuz und Rose - Anna-Katharina Dehmelt

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miteinander verbindet, der zum «selbständigen Glied einer geistigen Welt»7 geworden ist.

      Entwicklung des Bewussteins: Der Vegetationskegel der Evolution

      Diese hohe Verwandlungsaufgabe des zur Freiheit herangereiften geistigen Menschenwesens, die Arbeit des Ich am Physischen, am Ätherischen und am Astralen wird in der Geheimwissenschaft in mehreren Schattierungen beschrieben: als Kulturtatsache im zweiten, als Ereignis im Leben zwischen Tod und neuer Geburt im dritten und als Resultat der ganzen Evolution im vierten Kapitel. Damit der Mensch aber diese Aufgabe tatsächlich ergreifen kann, bedarf es noch mehr als einer unterstützenden Kultur, als des im Leben zwischen Tod und Geburt vorbereiteten Schicksalswirkens, als einer Evolution, die uns an diese Stelle geführt hat. Es bedarf der bewussten und gezielten Arbeit des Menschen an sich selbst. Diese ist Voraussetzung, um die Evolution entsprechend weiterzuführen. Und diese Arbeit beginnt mit der Verwandlung des Bewusstseins. Denn immer war es das Bewusstsein, das im Mittelpunkt des Entwicklungsstrebens der Hierarchien lag. Die Entwicklung des Bewusstseins ist, vergleichsweise gesprochen, der Vegetationskegel der Evolution. Und es ist das Gebiet, in dem wir Menschen am unmittelbarsten arbeiten können: an der Entwicklung unseres Gegenstandsbewusstseins, das auf die Gegebenheiten einer geschaffenen physischen Welt ausgerichtet ist, zu einem imaginativen Bewusstsein, das Bildeprozesse, Zukunftsprozesse, Lebendiges und Werdendes angemessen zu erfassen vermag.

      Dieser Arbeit ist das zwischen Vergangenheit und Zukunft der Evolution eingefügte fünfte Kapitel ‹Die Erkenntnis der höheren Welten› gewidmet. Hier wird sehr genau beschrieben, was man an diesem Vegetationskegel tun kann, um Anfangskeime der Imagination und darauffolgend der Inspiration und Intuition auszubilden, was man tun kann, um die Evolution voranzutreiben. Denn anders kann man diese Stellung des Schulungskapitels mitten im Evolutionskapitel kaum verstehen: Es ist die Schulung des Bewusstseins, die Verwandlung des Gewordenen in jedem Einzelnen, ganz konkret im Hier und Jetzt. Die Rosenkreuz-Meditation, Zentrum des Schulungskapitels, fasst diesen ganzen Zusammenhang für die verschiedenen Stufen des Bewusstseins. In ihr ist auch jener Übergang enthalten vom «Sündenfall» als der zu tiefen Verstrickung des Ich im Astralleib, der in Blavatskys Geheimlehre im Mittelpunkt stand, zum Mysterium von Golgatha, das in der Geheimwissenschaft in den Mittelpunkt rückt: als Möglichkeit, das Ich so zu ergreifen, dass es den Astralleib zu verwandeln und den «Sündenfall» zu überwinden vermag. Meditation und Schulung setzen die Evolution fort, indem sie den Meditierenden selbst verwandeln und in ihm die Fähigkeiten ausbilden, die Welt zu verwandeln, die Schöpfung fortzuführen.

      Auch im Schulungskapitel begegnen uns die vier Wesensglieder wieder, auch hier wird der einheitliche Gesichtspunkt durchgetragen: Schulung beginnt im Gegenstandsbewusstsein, mit Gedanken, die das Ich mit seinem zunächst an den physischen Leib gebundenen Denken denken kann, die sich aber zugleich schon auf Geistiges richten. Sie setzt sich fort in die Imagination, die mit der Verwandlung des Astralleibes einhergeht, während die Inspiration den Ätherleib und die Intuition den physischen Leib umwandelt.8

      So wird durch die ganze Geheimwissenschaft das Motiv der Verwandlung von physischem Leib, Ätherleib und Astralleib durch das Ich durchgeführt, mit wachsenden Dimensionen. Es ist dieser einheitliche Gesichtspunkt, der es erlaubt, das Erscheinen der Geheimwissenschaft mit einem gewissen Recht gleichzusetzen mit dem Zeitpunkt, in dem Anthroposophie erstmals als Ganzes, als in sich stimmiges System auftritt. Dass daraus doch kein abgeschlossenes System geworden ist, verdankt sich nicht nur der weiteren Lebensleistung Rudolf Steiners, der mit seiner – von der Theosophie durchaus verschiedenen – Dreigliederung 1917 nochmals eine neue Systematik eröffnet und damit die ganze Anthroposophie in innerer Spannung hält, es verdankt sich auch der Fassung dieses systematischen Entwurfs: Sie ist dem Denken und nur dem Denken gegeben. Das Denken wird eingeführt in die Bildeprinzipien der Welt und des menschlichen Seins. Aber welche moralischen Folgen daraus zu ziehen seien, das ist dem Denkenden anheimgegeben. Die geisteswissenschaftlichen Gedanken ermöglichen ein Eindringen in das Weltganze, das zu einem Leben im Zusammenhang mit diesem Weltganzen befähigt. Aber sie achten in jedem Fall die Freiheit des Denkenden.

      Das ist mit ein Grund, warum dieses Buch so schwer zu lesen ist. Rudolf Steiner wollte vermeiden, dass sein systematischer Entwurf leichfertig dogmatisiert oder gar zur Grundlage von Fanatismus wird. Er wollte das freie Ich ansprechen, das selber entscheidet, ob es die Verantwortung, die aus geisteswissenschaftlichen Gesichtspunkten quillt, übernehmen will. Er wollte mit der Geheimwissenschaft Menschen anregen, «sich als ein selbständiges Glied einer geistigen Welt zu fühlen».9

      Die Geheimwissenschaft ist singulär geblieben. Kein späteres Buch erhebt den Anspruch, Anthroposophie als Ganze darzustellen. Vielmehr werden die Bücher in den folgenden Jahren immer inniger. Sie setzen noch viel unmittelbarer auf die Aktivität des Ich. Demgegenüber treten Stofffülle und Systematik zurück. Dem Gegenstandsbewusstsein, dem Anspruch, den Gedanken vom Geistigen eine in sich stimmige und umfassende Form zu geben, die dem ans Gehirn gebundenen Denken zugänglich ist, ist mit der Geheimwissenschaft genüge getan.

      Der Bewegung der Begriffe folgen

      Aber die Formung der Gedanken in der Geheimwissenschaft und die Verwandlung dieser Formung durch das Buch hindurch verdient noch eine eigene Betrachtung. Denn die Geheimwissenschaft will eben nicht nur vom Geistigen reden, sondern sie will den Menschen anregen, tatsächlich ins Geistige einzudringen, sich selbst zu ihm hinzuentwickeln. Diese Anregung geschieht durch Denkformen, die immer anspruchsvoller werden, dafür aber auch ein immer reicheres Kraftpotenzial in sich enthalten.

      Im Kapitel vom ‹Wesen der Menschheit› werden die Grundbegriffe entwickelt. Sie werden abgeleitet aus der Anschauung des toten, des schlafenden und des bewussten, schließlich des sich erinnernden Menschen. Es ergibt sich ein begrifflicher Zusammenhang, der oben bereits zitiert wurde, und der durch seine innere Systematik eine starke begriffsprägende Kraft hat:

      «Wie der physische Leib zerfällt, wenn ihn nicht der Ätherleib zusammenhält, wie der Ätherleib in der Bewußtlosigkeit versinkt, wenn ihn nicht der Astralleib durchleuchtet, so müßte der Astralleib das Vergangene immer wieder in die Vergessenheit sinken lassen, wenn dieses nicht vom «Ich» in die Gegenwart herübergerettet würde. Was für den physischen Leib der Tod, für den Ätherleib der Schlaf, das ist für den Astralleib das Vergessen. Man kann auch sagen: dem Ätherleib sei das Leben eigen, dem Astralleib das Bewußtsein und dem Ich die Erinnerung10

      Denn die Begriffe werden nicht nur nebeneinandergestellt, sondern stehen auch zueinander in einem inneren Zusammenhang. Tod, Schlaf und Vergessen sind unterschiedliche Aggregatzustände von fehlender irdischer Präsenz: im Tod, in dem der physische Leib sich selbst überlassen ist, im Schlaf, in dem physischer Leib und Ätherleib bewusstseinslos zusammenhängen, und im Vergessen, in dem zum physischen und Ätherleib zwar ein Astralleib hinzutritt, aber noch kein Ich. Als Gegenbegriffe gehören zu Tod, Schlaf und Vergessen Leben, Bewusstsein und Erinnerung. Mit wenigen Termini wird hier ein begrifflicher Zusammenhang aufgebaut, der das Wesen des Menschen in seiner Viergliedrigkeit in einer ersten Skizze einfängt, beinahe definitorisch zunächst, und zugleich in seiner inneren Dichte schon weit darüber hinausweisend.11

      Im Kapitel ‹Schlaf und Tod› werden diese klar gefassten Begriffe nun in Bewegung gebracht. Zunächst, wenn es um Schlaf und Traum geht, wird gefragt: Wo eigentlich sind Astralleib und Ich, wenn physischer Leib und Ätherleib schlafend im Bette liegen? Es zeigt sich, dass der Astralleib so etwas wie eine Rückseite hat, die nachts zum Tragen kommt. Tagsüber bildet er die Grundlage unseres Alltagsbewusstseins, indem er uns ein- und abgrenzt, uns der Welt gegenüberstellt. Nachts aber stülpt er sich um, dehnt sich aus in die ganze Welt, fügt sich harmonisch in den ganzen Kosmos ein, bis zu den Sternen, und schöpft dort die Kraft, um dann die eigentlich unharmonische Abgrenzung wieder für eine gewisse Zeit zu bewältigen. Und was passiert im Traum? Da kommt der Astralleib aus dem Schlaf zurück, aber er durchdringt erst den Ätherleib, noch nicht den physischen Leib.

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