Eva Siebeck. Bertha von Suttner
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Robert that, wie ihm befohlen. Er trat auf die bebend dastehende Eva zu, legte seinen Arm um ihre Schulter und küßte sie auf die Stirn.
Eva taumelte zurück und warf sich an Donnas Brust, in krampfhaftes Weinen ausbrechend.
»Das sind die Nerven,« sagte die junge Frau. »Es wird nichts sein … sie muß nur ein wenig Ruhe haben. – Thun Sie mir den Gefallen, Graf Siebeck, gehen Sie jetzt fort und kommen Sie erst morgen wieder.«
»Ja,« stimmte der Oberst bei, »das wird das Beste sein – lassen wir die Weiber allein.«
Siebeck ließ sich das nicht zweimal sagen, und nach einem letzten einverständlichen Blick auf Dorina ging er mit seinem Obersten aus dem Zimmer hinaus.
Als Eva am nächsten Morgen erwachte, konnte sie ihre Lage nicht gleich fassen: Braut … Würde dieses an ihrem Horizont wie eine Fata Morgana aufgestiegene Bild nicht auch wie eine solche wieder verschwinden? …
Sie saß an ihrem Putztisch, ihr langes blondes Haar kämmend und dabei an die gestrigen bedeutungsvollen Auftritte denkend, als Dorina hereinkam.
Eva erschrak über den bittern, verbissenen Ausdruck, der in ihrer Freundin Gesicht lag, und den sie bisher nie an ihr gesehen. Gewiß kam sie mit einer bösen Nachricht: vielleicht, daß Robert abgereist sei … daß er sein Wort zurücknehme – —
Indessen, diese Befürchtung erwies sich als unbegründet, denn Dorinas erste Worte waren:
»Fröhlichen guten Morgen, künftige Gräfin Siebeck!«
Sie warf sich in einen in der Nähe des Putztisches stehenden Lehnsessel, und ihr Gesicht in freundliche Falten legend hub sie an:
»Ich gratulire Dir nochmals. Du machst ein riesiges Glück. Siebeck ist einziger Sohn, und die Herrschaft Großstetten, die er von seinem Vater erben wird, ist eine halbe Million werth … Auf so eine Partie hast Du eigentlich niemals rechnen können – so etwas Glänzendes wäre Dir kaum beschieden gewesen – auch wenn Dich Deine Tante Rosa in die Welt geführt hätte … Du antwortest nicht?«
»Von dieser Seite hatte ich meine Schicksalswendung noch gar nicht betrachtet. Was mich erschüttert, was mich beglückt, ist das Bewußtsein seiner – meiner Liebe…«
»Nun, gar so sentimental mußt Du das Ding nicht auffassen, meine liebe Eva. Ich sagte Dir schon öfters: das Leben ist anders, als es in den Büchern steht. Du darfst Dir nicht vorstellen, daß der junge Herr gar so närrisch in Dich verliebt ist und Dir in schwärmerischer Weise vorzirpen wird. Graf Siebeck ist sogar ein recht trockener Mensch.«
»Er? Mit diesem dichterischen Sinn?«
»Was Du nur immer mit dem Dichten hast! Nein – die Sache ist sehr einfach: Du bist hübsch, von guter Familie, gefällst ihm; kurz es paßt Alles ganz vortrefflich. Ganz vortrefflich,« wiederholte sie zwischen den Zähnen.
»Was hast Du nur? Du scheinst mir böse?«
»Böse – ich? o nein – es geht ja alles nach meinem Wunsch. Ja, nach meinem Wunsch, Eva, merke Dir das: ich habe diese Heirath eigentlich zu Stande gebracht. Doch, was ich Dir eigentlich sagen wollte: Du mußt heute Deine Halbtrauer ablegen und zum Speisen eine hübsche Toilette vorbereiten, denn heute wird eine neue Verlobung gefeiert … mein Mann besteht darauf … er hat das halbe Offizierkorps eingeladen und ein Dutzend Champagnerflaschen bestellt.« Sie stand auf. »Jetzt gehe ich. Ich habe viel zu thun – muß Anstalten treffen, daß das Mittagessen des großartigen Anlasses würdig werde.«
»Bleibe doch noch! Ich habe Dich so viel zu fragen.«
»Kann nicht – keine Zeit.«
»Und nicht einmal einen Morgenkuß hast Du mir gegeben?«
»Bald wirst Du genug geküßt werden. Also sorge für Deine Toilette – Adieu!« Und fort war sie.
Eva verbrachte den Vormittag damit, ein weißes Seidenkleid, das sie schon zwei Jahre besaß, jedoch nur zwei oder drei Mal getragen hatte, durch gewisse Aenderungen der gegenwärtigen Mode anzupassen. Und während dieser Arbeit, die eine recht anregende und angenehme war, war sie fortwährend bemüht, die Sonderbarkeit und Erfreulichkeit ihrer neuen Lage zu begreifen, zu erfassen, nach allen Seiten hin zu beleuchten. Auch die zuletzt von Dorina gemachten Mittheilungen über die weltlichen Vortheile der bevorstehenden Heirath nahm sie mit in Betracht und mußte sich zugestehen, daß auch von dieser Seite das Leben ihr sehr heiter und verheißend winkte: – Gräfin Siebeck … Es war ein schöner Name; und einst Herrin einer Besitzung, die fünfmalhunderttausend Gulden werth war – mit anderen Worten also: nie mehr Geldkummer und Entbehrungen leiden, wie solche ihre Jugendjahre so oft verbittert hatten, sondern, im Gegentheil, von Glanz und Komfort umgeben sein … eine große Bücherei sich anschaffen können – einen Konzertflügel – Toiletten in Hülle und Fülle – da brauchte sie nicht mehr zwei Jahre alte Kleider, wie dieses hier, mühselig aufzufrischen; – in der Gesellschaft eine Rolle spielen – Reisen machen können – kurz eine reiche, angesehene große Dame sein: diese Zugabe war nicht übel. Denn dies Alles war ja nur Zugabe. Die Hauptsache, die Grundlage ihres Glückes war doch dies: »liebend und geliebt«.
Als sie gegen fünf Uhr – die anberaumte Speisestunde – in den Salon trat, reizend schön in ihrem herzförmig ausgeschnittenen weißen Kleide, waren die Gäste schon versammelt. Einige Stabsoffiziere mit ihren Frauen und ein halbes Dutzend Ober- und Unterlieutenants, darunter auch Robert Graf Siebeck. Derselbe stand neben der Hausfrau, scheinbar in angelegentliches Gespräch vertieft.
Dorina hatte sich gleichfalls schön gemacht. Sie trug eine granatrothe Toilette, welche ihre schwarzäugige, lebhaft südliche Physiognomie besonders vortheilhaft zur Geltung brachte.
»Ah, endlich da, Eva!« rief sie, die Eintretende erblickend. »Du hast auf Dich warten lassen. Es gab hier Jemand, der schon sehr ungeduldig war.«
Wenn unter diesem »Jemand« Graf Siebeck gemeint war, so sah man ihm diese Regung wahrlich nicht an. Er näherte sich dem jungen Mädchen mit ein paar langsamen Schritten und grüßte mit steifer Förmlichkeit.
Eva hatte ihre Hand hinstrecken wollen, doch ließ sie dieselbe auf halbem Wege wieder sinken und erwiderte verlegen Siebecks Gruß.
»Ich – hoffe, Sie sind – heute – ganz wohl?« sagte er gedehnt.
»Ganz wohl, ich danke. – Und Sie?«
»Ich auch.«
Längeres Schweigen.
»Ein fades Nest, das Krems, nicht wahr?« nahm er die Unterhaltung wieder auf.
»Ich finde nicht.«
Neues Schweigen.
Nach einer Weile macht er wieder einen Versuch:
»Können Sie Schlittschuh laufen?«
Hier ward das Gespräch der Liebenden unterbrochen, indem der Diener meldete, daß das Essen aufgetragen sei.
Da trat Oberst von Borowetz hervor und sprach:
»Meine Herrschaften, erlauben Sie mir, ehe wir zu Tische gehen, Ihnen eine Mitteilung zu machen.«
Allgemeine Stille.
»Ich habe Sie bei mir versammelt, um ein freudiges