Im Lande des Mahdi I. Karl May
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»Ich höre!«
Er schlug die Arme stolz übereinander und nahm die Haltung und Miene eines Regenten an, welcher einem tief stehenden Unterthan in Gnaden Audienz erteilt. Am liebsten hätte ich ihm einen Faustschlag versetzt, um ihm in Erinnerung zu bringen, daß er hier nicht der Gebietende sei, mußte aber leider in Anbetracht der vorliegenden Umstände meine Empörung beherrschen. Hier gab es einen frappanten Anlaß, den Einfluß des Islam mit demjenigen des Christentumes zu vergleichen. Welche Liebe, Sanftmut, Demut und milde Freundlichkeit beobachtet man bei den Angehörigen christlicher Kongregationen, und wie hochmütig, verstockt und frech trat dieser Mitleiter einer moslemitischen Verbrüderung auf! Und so sind sie alle, diese unwissenden Moslemim, deren Frömmigkeit sich meist nur im gedankenlosen Herleiern einiger Gebete bethätigt, verbissene und verständnislose Menschen, welche mit Verachtung selbst auf ihre Glaubensgenossen herabsehen, falls diese nicht Mitglieder einer Verbrüderung sind.
»Ich höre!« Das klang so oberherrlich, als ob dieser Gespensterspieler der zur Erde niedergestiegene Geist des Propheten selber sei. Es verursachte mir nicht geringe Überwindung, ihm ruhig zu antworten:.
»Kennst du die Kutub [Bücher]el Kadirine, welche in vielen geschriebenen Heften durch alle Länder gehen, in denen es Anhänger eurer Verbrüderung giebt?«
»Ich kenne sie,« nickte er.
»Wer schreibt dieselben?«
»Jeder, der ein Schriftsteller ist, kann so ein Heft verfassen.«
»Nun wohl, ich bin ein Muallif und möchte ein solches Heft schreiben.«
»Du?« lachte er. »Du bist ja ein Giaur!«
»Sprich dieses Wort nicht wieder aus! Du hast erfahren, wie ich solch eine Beleidigung bestrafe. Wenn ich es schreibe, wird es gelesen werden; dafür laß mich sorgen! Der Titel wird lauten: Abd, el Barak, el Dschinni, Abd el Barak, das Gespenst, und jeder Leser wird erfahren, welch eine jämmerliche Rolle der berühmte Mokkadem der frommen Kadirine heute abend hier gespielt hat.«
»Wage es!« fuhr er mich zornig an.
Ich erkannte daraus, daß meine Berechnung richtig war. Aus einer Drohung mit der Obrigkeit machte er sich voraussichtlich weniger, als aus einer solchen Beschämung vor den Genossen seiner Verbrüderung. Nur auf diesem Wege ließen sich Zugeständnisse von ihm erlangen.
»Ich wage dabei gar nichts,« erklärte ich kaltblütigen Tones. »Ich mache dich vor allen deinen Genossen zu schanden und du wirst nicht die mindeste Macht besitzen, dich an mir zu rächen. Aber aus Rücksicht für die braven Mitglieder eurer Verbrüderung möchte ich es unterlassen, die Kadirine durch dich zu beschimpfen. Ich bin vielleicht bereit, auf mein Vorhaben zu verzichten, wenn du mir beweisest, daß du das Geschehene bereust und auf alle Rache gegen uns verzichtest.«
Bei der Erwähnung der Reue zuckte es grimmig über sein Gesicht; er überwand aber seinen Zorn und fragte in verhältnismäßig ruhigem Tone:
»Worin soll dieser Beweis bestehen?«
»Erstens darin, daß du allen Rechten auf diese Negerkinder entsagest.«
»Ich entsage,« antwortete er sofort mit einer wegwerfenden Bewegung seiner Hand. Meine Drohung hatte also einen solchen Eindruck gemacht, daß ihm diese Bedingung als etwas sehr geringes erschien.
»Damit ich ganz sicher bin, wirst du mir eine schriftliche Quittung darüber geben, daß ich dir das Geschwisterpaar abgekauft habe!«
»Du sollst sie haben.«
»Ferner fertigst du mir einen Empfehlungsbrief aus, des Inhalts, daß alle Mitglieder der Kadirine mir Schutz und Unterstützung zu erweisen haben.«
»Ich werde ihn schreiben.«
Das sagte er ebenso schnell wie seine vorherigen Antworten. Ich glaubte, viel verlangt zu haben. Durfte ich seiner so raschen Zusage Vertrauen schenken? Er sah mich in einer Weise, welche mich bedenklich machte, von der Seite an. Dieser versteckte Blick schien einen Hinterhalt zu bedeuten. Doch hatte ich keine Zeit zum Überlegen, was jetzt auch zu nichts führen konnte, und fuhr also fort: »Und endlich setzen wir eine kurze Schrift auf, welche die Erzählung dessen enthält, was heute hier geschehen ist. Diese Schrift hast du zu unterzeichnen.«
Da fuhr er ergrimmt auf:
»Beim Leben des Propheten, das thue ich nicht!«
»Schwöre nicht bei Muhammed, denn du wirst und kannst diesen Schwur nicht halten!«
»Ich halte ihn, Warum soll ich mich unterschreiben? Was willst du mit dieser Schrift machen?«
»Wenn du dich nicht feindlich zu uns verhältst, wird kein Mensch sie zu sehen bekommen; aber wenn du uns zu schaden trachtest, werden wir Gebrauch von derselben machen.«
»Was werdet ihr machen, wenn ich es nicht thue?«
»Es giebt hier in Kahira noch andere Verbrüderungen, deren Mokkadems ich sofort kommen lassen werde. Diese Männer sollen dich hier sehen und von uns erfahren, auf welche Weise du zu uns gekommen bist. Dann wird man bald allüberall erfahren, daß deine Frömmigkeit im Nachahmen der Gespenster besteht.«
Das war der letzte aber auch der höchste Trumpf, den ich auszugeben hatte, und die erwartete Wirkung blieb nicht aus. Er starrte eine Weile vor sich nieder, dann rief er aus:
»Ich muß mich erheben; ich kann jetzt nicht sitzen bleiben!«
Er sprang auf und schritt in großer Erregung im Zimmer hin und her. Dann blieb er vor mir stehen und fragte:
»Und wenn ich das alles thue, was ihr von mir fordert, werdet ihr uns beide dann ungehindert gehen lassen?«
»Ja.«
»Und die letzte Schrift erst dann vorzeigen, wenn ihr die Bemerkung gemacht habt, daß ich euch zu schaden trachte?«
»Ja.«
»Bei meiner Seele und bei den Seelen meiner Ahnen, du bist ein Mensch, vor dem man sich zu hüten hat.«
»Du zählst deine Ahnen bis hinauf zum Propheten, denn du trägst den grünen Turban, außer wenn du Gespenster machst. Du würdest, falls du dich weigertest, auf meine Forderungen einzugehen, den Gesandten Allahs beschimpfen. Hüte dich!«
»Der Tag deiner Geburt ist ein Unglückstag für mich. Ich werde mich fügen und deinen Wünschen nachkommen. Schreibe also, was du zu schreiben hast! Ich werde meinen Namen dazu setzen.«
Mit diesem Entschlusse ging seine Aufregung zu Ende; er setzte sich wieder nieder. Ich that dasselbe, und Murad Nassyr brachte mir Papier, Tinte und eine Rohrfeder. Es dauerte einige Zeit, bis ich Abd el Barak die drei Schriftstücke vorlegen konnte. Er unterschrieb sie, ohne sie durchzulesen, gab sie mir zurück und rief tief aufatmend, indem er sich von seinem Sitze erhob:
»So, jetzt sind wir fertig. Nun bindet diesen Mann hier los, und laßt uns fort!«
Wir befreiten das Gespenst Nummer Zwei von den Stricken und begleiteten die beiden bis hinaus an die Hausthüre, deren Riegel Selim zurückschob. Als Abd el Barak den Fuß auf die Gasse gesetzt hatte, drehte er sich zu uns um, machte mir eine Verbeugung und sagte in spottendem Tone:
»Gott