Briefe an Ludwig Tieck 4. Various

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Briefe an Ludwig Tieck 4 - Various

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indessen wußte ich wohl, daß Du mich nicht vergessen hättest, und die Art, wie Du Dir meiner wieder erinnerst, ist mir die angenehmste. —

      Ich will Dir alles schreiben, und wirst sehen, daß es meine Absicht keinesweges ist, Deutschland zu einer Zeit zu verlassen, die vielleicht bedenklich ist, aber meine Thätigkeit und meinen Wirkungskreis doch nicht aufhebt. —

      Als in Halle die Universität gestöhrt war und ich nun ohne Unterhalt war, schrieb ich an meine Brüder und bath sie sich zu erkundigen, ob ich in dem Falle, wenn alles hier unglücklich gienge, eine Anstellung in Dännemark erwarten konnte. Meine Brüder, über meine Lage nach meinen Nachrichten, und noch mehr durch das Gerücht erschrocken, wandten sich unmittelbar an den Kronprinzen, der wiederholt sagte: ich möchte nur zu Hause kommen, auch Schimmelmann ließ mich bitten zurückzukehren. Der Kronprinz both mir Reisegeld an und Schimmelmann schickte mir eine Summe. Das königliche Reisegeld nahm ich nicht an, um nicht gebunden zu sein. – Nach dem aber, was geschehen war, sahe ich es für nothwendig an, mich in Dännemark zu stellen. Kehrte ich nach einer solchen Aufforderung nicht zurück, so würde ich alle meine Aussichten in meinem Vaterland auf immer vernichten. Nun bin ich aber wirklich Däne, kann nie aufhören es zu sein, und bin der Regierung große Verpflichtungen schuldig, auch habe ich eine sehr große Neigung Norwegen zu untersuchen und ein Plan wissenschaftlicher Beobachtungen, den ich längst entworfen habe, von der Regierung unterstützt, dort zu realisiren. Ferner habe, wie es sich nicht leugnen läßt, in Dännemark mächtige Feinde, aber auch mächtige Freunde (wie der Kronprinz und Schimmelm.), beides aber macht meine Lage dort sehr interessant und wenn ich die gegenwärtige Umstände, die mir in einer unmittelbaren Verbindung mit dem Kronprinzen bringt, benützen wollte, so leidet es keinen Zweifel, daß ich mir ein schönes Loos in Dännemark bereiten könnte.

      Dieses alles habe ich genau erwogen – auf der andern Seite aber fühle ich es wohl, daß ich zum deutschen Docenten gebohren bin, daß die Freiheit der Gesinnung, die tiefe Empfänglichkeit der Schüler in meinem Vaterlande nicht zu erwarten ist, daß ich wahrlich unglücklich sein würde, wenn ich nicht an dem, was jetzt geschehen soll, Theil nehmen könnte. Endlich finde ich es schlecht in so bedenklichen Zeiten seine Stelle zu verlassen – und dies hat bei mir entschieden. – Ich weise alle Anträge in Dännemark bestimmt ab, und habe dieses dem Massov schon geschrieben. Ich kann es thun, ohne den Kronprinzen zu beleidigen. Ich stelle ihm nur vor, daß sein Unterthan, daß ein Norweger, dessen Landsleute durch die Treue gegen ihren Fürsten berühmt sind, seinen Fürsten in der Noth nicht verlassen darf, und kenne unsern Kronprinzen genug, um zu wissen, daß er meinen Entschluß in Halle jetzt zu bleiben, sehr billigen wird. Schimmelmann, dessen große, wahrhaft deutsche Gesinnung, mich durchaus fassen wird, wird mich sicher unterstützen. – In Kopenhagen ist mir ein Oncle gestorben, der mir 800 Rthlr. hinterließ, diese hebe ich zwar erst nach dem Tode der Witwe, aber die Erbschaft ist gerichtlich gemacht, und werde wahrscheinlich Geld darauf heben können. Ich lasse dann Hanne und Clärchen mit hinlänglichem Gelde versorgt, bei Grosmutter in Hamburg, und gehe selbst wieder nach Halle, lebe da als Student und ernähre mich selbst. Das Aergste ist die Ungeduld meiner verarmten Creditoren, die mich entsetzlich peinigt.

      Für Dein schönes Anerbiethen, mir im südlichen Deutschland nützlich zu sein, danke ich Dich sehr – wenn alle Stränge reißen, gehe ich doch lieber nach dem südlichen Deutschland als nach Dännemark, wenigstens in den ersten vorliegenden Jahren. An Schelling schreibe ich noch heute.

      Daß Du jetzt wieder in Deutschland bist, ist mir unendlich lieb, und ich zweifle gar nicht daran, daß wir bald etwas schönes und großes von Dir erfahren werden, denn die poetischen Laffen haben einen in der letzten Zeit doch zu sehr mit der neuen Zeit zugesetzt. – Ich habe mich recht darnach gesehnt, Dich in Sandau zu besuchen, die süße Dorothee mit ihrer Mutter, und die kleine Agnes zu sehen, und halb war es schon beschlossen. Es ist mir recht lieb, daß Dir Oehlenschl. gefällt, wenn er seine unmäßige Eitelkeit bekämpft hat, wird gewiß etwas ungewöhnliches aus ihm – neben die krankhaften Figuren, die Sonetten fabriciren, ist seine gesunde und frische Natur wohlthuend. – Grüß Malchen, die Finkensteins und Burgsdorf recht sehr. Dein lieber Brief hat mir viele Freude gemacht, und ich hoffe, daß Du Wort halten und bald antworten wirst – Hanne schreibt noch etwas. Adieu.

H. Steffens.

      Ich schreibe Euch bestimmt aus H. recht lang.

Hanne.

      IV

Breslau, d. 23. Febr. 1812.

      Liebster Tieck! und liebe, herrliche Tante! ihr müßt nicht zürnen, daß ich so lange nicht geschrieben. Deinen Brief zu beantworten erfordert eine Art von Ruhe, die ich hier nicht gefunden habe, wo mir alles nach außen treibt in zerstreuende Geschäfte. Ich habe leider etwas schlechtes, wenn auch nicht ganz Unnüzes angefangen, nehmlich ein mineralogisches Handbuch. Der erste Theil ist schon gedruckt, und der zweite und dritte Theil müssen noch in diesem Jahre fertig sein, denn ich habe Vorschüsse und die Verlegerin quält. Dann habe ich hier eine neue Professur und muß mich zu Vorlesungen vorbereiten, die ich nie hielt, dann nehmen mir meine jezige Vorlesungen viel Zeit weg – (Ich habe einige neunzig Zuhörer, bestehend aus Beamten und aus Bürgern der Stadt, für die Studenten muß ich abgesondert lesen) – dann ist meine Theorie der chemischen Erscheinungen, streng wissenschaftlich, nun so weit gediehen, daß es Zeit ist sie bekannt zu machen und einer ernsthaften Prüfung zu unterwerfen, auch meiner Stellung wegen – endlich muß ich das hiesige physikalische Institut einrichten, 1000 Rtlr., die mir zugestanden sind, in Instrumente u. s. w. verwandeln, mit Mechanici, mit Künstler aller Art, mit Glashütten, mit Handwerker mich umtreiben, mit Departement und Organisations-Commission correspondiren, den Bau des mir zugestandenen Locals leiten, den Senatsizungen beiwohnen (der Senat ist hier aus wenigen erwählten Mitgliedern zusammengesetzt), und zu diesem allem kömmt noch, daß ich Präsidial-Assessor einer hiesigen patriotischen Gesellschaft bin, was mir auch einige Zeit wegnimmt. Du glaubtest, daß ich hier im Anfange einsam leben würde. Das ist anders gekommen. Die häufigen Gesellschaften und Verbindungen, in die ich durch meine Vorlesungen gekommen bin, stören mich nicht wenig. Ich habe dieses alles so weitläufig entwickelt, weil es meine vollständige Entschuldigung enthält, und mich rechtfertigen mag, wenn Du auch in diesem Briefe Spuren der Zerstreuung finden solltest. Doch sind alle diese mannichfaltige, sich wechselseitig störende Geschäfte Folgen des Anfangs und werden bald aufhören.

      Aber wie lebst Du in Deiner stillen poetischen Einsamkeit? Es freuet uns, daß Du weniger krank bist, wenn auch nicht ganz gesund. Aber die Hoffnung euch diesen Sommer noch zu sehen möchten wir ungern aufgeben. Es ist so schlimm, daß Hanne diesen Sommer nicht hier bleibt, und ich allein zurückbleibe. Wenn Du eine Badereise machen kannst, so würden sich doch einige Wochen für unser Zusammensein finden, hier oder ins Gebirge. Julii wird Hanne in Landeck zubringen, und im August und September, wenn meine Ferien anfangen, besuche ich mit ihr die Albertis in Waldenburg und Schmiedeberg. Lieber Tieck! wenn ihr es möglich machen könnt, so kommt doch her. Das Schreiben ist doch ein kärglicher Nothbehelf – Einen Platz für euch würden wir wohl finden. In der Zukunft zwar bequemer, denn ich erhalte eine recht bequeme Wohnung neben dem physikalischen Apparat, wo ich freilich auch eine wenn gleich mäßige Miethe bezahlen muß.

      Reimer hat Recht, wenn er sagt, daß ich früher lieber nach Berlin, als nach Breslau gieng. Es waren nicht bloß meine Freunde, die mich hinzogen, vorzüglich die Sammlungen, die größern Bibliotheken, die lebendigere Verbindung mit der Welt, die einem Physiker immer wichtig ist. Indessen habe ich die Vortheile, die Du anführst wohl erkannt. Die größere Sicherheit, die größere Empfänglichkeit der Einwohner, der noch nicht erstorbene Glaube, die schönere Natur. Auch befinde ich mich hier recht wohl, und die Leute gefallen mir im Ganzen. Die Opposition gegen den Berlinismus ist nicht das Schlimmste hier und trete recht bestimmt gegen diesen auf. Die leere Einbildung dieser Leute war mir von jeher zuwieder, hier vo 4 , wo sie sich noch mehr wie in Berlin aufgeklärt gebildet dünken, und wo die red , etwas rohe , und naive Begierde die der Zeit zu fassen der gegenüber sich recht vornehm und tüchtig ausnimmt.

      Dein

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Die Lücken im Texte rühren von Brandflecken, wahrscheinlich beim Siegeln entstanden, her.