Der Graf von Bragelonne. Александр Дюма
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Читать онлайн книгу Der Graf von Bragelonne - Александр Дюма страница 120
»Beinahe ebenso viel, als Eure Majestät.«
»Dann gebt mir schnell eine Lösung . . . Meine Zeit ist kostbar . . . Was macht Ihr, seitdem Ihr den Abschied habt?«
»Mein Glück, Sire.«
»Das Wort ist hart, Herr d’Artagnan.«
»Eure Majestät nimmt es sicherlich von der schlimmen Seite. Ich hege für den König nur die tiefste Ehrfurcht, und wäre ich unhöflich, was sich durch mein langes Leben in Feldlagern und in den Kasernen entschuldigen läßt, so steht Eure Majestät zu hoch über mir, um sich durch ein einem Soldaten unschuldig entschlüpftes Wort beleidigt zu fühlen.«
»In der That, ich weiß, daß Ihr in England eine glänzende Handlung vollbracht habt, und ich bedaure nur, daß Ihr Eurem Versprechen ungetreu geworden seid.«
»Ich?« rief d’Artagnan.
»Allerdings . . . Ihr habt mir Euer Wort verpfändet, daß Ihr, meinen Dienst verlassend, keinem andern Fürsten mehr dienen werdet . . . Ihr habt aber für König Karl II. an der wunderbaren Entführung von Herrn Monk gearbeitet.«
»Verzeiht, Sire, für mich.«
»Das ist Euch gelungen?«
»Wie den Kapitänen des fünfzehnten Jahrhunderts die Handstreiche und die Abenteuer.«
»Was nennt Ihr ein Gelingen? ein Glück?«
»Hunderttausend Thaler, Sire, die ich besitze: das ist in einer Woche das Dreisache von Allem, was ich in fünfzig Jahren an Geld gehabt habe.«
»Die Summe ist hübsch . . . Doch Ihr seid, wie ich glaube, ehrgeizig?«
»Sire, der vierte Theil kam mir als ein Schatz vor, und ich schwöre Euch, daß ich mein Vermögen nicht zu vermehren gedenke.«
»Ah! Ihr gedenkt müßig zu bleiben?«
»Ja, Sire.«
»Den Degen niederzulegen?«
»Das ist schon geschehen.«
»Unmöglich, Herr d’Artagnan,« sprach Ludwig entschlossen.
»Aber, Sire . . . «
»Nun?«
»Warum?«
»Weil ich nicht will!«, sagte der junge Fürst mit so ernstem, so gebieterischem Ton, daß d’Artagnan eine Bewegung des Erstaunens, der Unruhe sogar machte.
»Wird mir Eure Majestät ein Wort der Erwiederung erlauben?«
»Sprecht.«
»Diesen Entschluß faßte ich, als ich noch arm und entblößt war.«
»Es mag sein. Hernach?«
»Würde mich nun Eure Majestät heute, da ich mir durch meine Thätigkeit einen sichern Wohlstand erworben habe, meiner Freiheit berauben, so würde sie mich zum Mindesten verurtheilen, da ich das Meiste gewonnen habe.«
»Mein Herr, wer hat Euch erlaubt, meine Absichten zu ergründen und mit mir zu rechnen?« sprach Ludwig beinahe mit zornigem Ton; »wer hat Euch gesagt, was ich thun werde, was Ihr selber thun werdet?«
»Sire,« erwiederte ruhig der Musketier, »die Offenherzigkeit ist nach dem, was ich sehe, nicht mehr auf der Ordnung des Gesprächs, wie an dem Tag, wo wir uns in Blois erklärten.«
»Nein, mein Herr, Alles hat sich verändert.«
»Ich drücke Eurer Majestät hierüber meine aufrichtigen Glückwünsche aus, aber . . . «
»Aber Ihr glaubt es nicht.«
»Ich bin kein großer Staatsmann, doch ich habe meinen Blick für die Angelegenheiten; es fehlt mir nicht an Sicherheit; ich sehe aber die Dinge nicht ganz so an, wie Eure Majestät. Die Regierung von Mazarin ist zu Ende, doch die der Finanzmänner beginnt, Sie haben Geld. Eure Majestät muß nicht oft haben. Unter der Tatze dieser hungerigen Wölfe zu leben, ist hart für einen Mann, der auf Unabhängigkeit rechnet.«
In diesem Augenblick kratzte Jemand an der Thüre des Cabinets; der König erhob stolz den Kopf und sprach:
»Verzeiht, Herr d’Artagnan, es ist Herr Colbert, der mir einen Bericht erstatten will. Kommt herein, Herr Colbert.«
D’Artagnan trat zurück. Colbert trat mit Papieren in der Hand ein und ging auf den König zu.
Es bedarf nicht der Erwähnung, daß der Gascogner diese Gelegenheit, seinen seinen, scharfen Blick auf die neue Erscheinung, die sich ihm bot, anzuwenden nicht versäumte.
»Man hat die Untersuchung vorgenommen?«
»Ja, Sire.«
»Und was ist die Meinung der Untersuchungsrichter?«
»Daß die Angeschuldigten die Confiscation und den Tod verdient haben.«
»Ah! ah!« machte der König, ohne eine Miene zu verziehen, während er einen schiefen Blick auf d’Artagnan warf.
»Und was ist Eure Ansicht, Herr Colbert?« fragte der König.
Colbert schaute d’Artagnan ebenfalls an . . . Dieses beengende Gesicht hielt das Wort auf seinen Lippen zurück, Ludwig XIV. begriff es und sagte:
»Seid unbesorgt, es ist Herr d’Artagnan: erkennt Ihr Herrn d’Artagnan nicht?«
Die zwei Männer betrachteten sich gegenseitig; d’Artagnan mit offenem und flammendem Auge, Colbert mit bedecktem, argwöhnischem Auge. Die offenherzige Unerschrockenheit des Einen mißfiel dem Andern; die listige Bedachtsamkeit des Finanzmanns mißfiel dem Soldaten.
»Ah! ah! es ist der Herr, der den schönen Streich in England vollbracht hat,« sagte Colbert, und er grüßte d’Artagnan leicht.
»Ah! ah!« sprach der Gascogner, »es ist der Herr, der das Silber an den Borten der Schweizer benagt hat . . . Eine lobenswerthe Sparsamkeit!«
Und er machte eine tiefe Verbeugung.
Der Finanzmann hatte den Musketier in Verlegenheit zu bringen geglaubt, aber der Musketier durchbrach gleichsam den Finanzmann.
»Herr d’Artagnan,« sprach der König, der alle diese Nuancen, von denen Mazarin keine einzige entgangen wäre, nicht bemerkt hatte, »es ist von Steuerpächtern die Rede, welche mich bestohlen haben; ich lasse sie aufhängen und bin im Begriff, ihr Todesurtheil zu unterzeichnen.«
D’Artagnan bebte.
»Oh! oh!« machte er.
»Was sagt Ihr?«
»Nichts, Sire, das sind nicht meine Angelegenheiten.«
Der König hielt schon die Feder in der Hand und näherte sie dem Papier.
»Sire,« sagte mit halber Stimme Colbert, »ich bemerke Eurer Majestät, daß, wenn ein Beispiel nothwendig