Der Graf von Monte Christo. Александр Дюма

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Der Graf von Monte Christo - Александр Дюма

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Jahre 1829,« sagte Jacopo.

      Es waren auf den Tag vierzehn Jahre, daß man Dantes verhaftet hatte. Mit neunzehn Jahren war er in das Castell If gekommen, und er verließ dasselbe mit drei und dreißig Jahren. Ein schmerzliches Lächeln zog über seine Lippen hin; er fragte sich, was aus Mercedes während dieser Zeit, wo sie ihn hatte für tot halten müssen, geworden wäre. Dann entzündete sich ein Blitz des Hasses in seinen Augen, indem er an die drei Menschen dachte, denen er eine so lange und grausame Gefangenschaft zu verdanken hatte, und er erneuerte gegen Danglars, Fernand und Villefort den Schwur unversöhnlicher Rache, den er in seinem Gefängnis ausgesprochen hatte; und sein Schwur war keine leere Drohung, denn zu dieser Stunde hätte der beste Schnellsegler des mittelländischen Meeres sicherlich die kleine Tartane nicht mehr einholen können, welche mit voller Kraft nach Livorno fuhr.

       Zweiundzwanzigstes Kapitel.

      Die Schmuggler

      Dantes war noch keinen Tag an Bord- als er bereits wußte, mit wem er es zu tun hatte. Ohne in der Schule des Abbé Faria gewesen zu sein, verstand der würdige Patron der jungen Amalie (dies war der Name der genuesischen Tartane) beinahe alle Sprachen, welche man um den großen See, genannt das mittelländische Meer, spricht, von dem Arabischen bis zum Provencalischen. Das ersparte ihm die Dolmetscher, stets langweilige und indiskrete Leute, und erleichterte ihm den Verkehr mit den Schiffen, die er auf der See traf, mit den kleinen Barken, welche er die Küsten entlang benützte, sowie mit den Leuten ohne Namen, ohne Vaterland, ohne scheinbaren Stand, wie man sie beständig auf den Platten der Kaie in der Nähe von Seehäfen triff, Menschen, welche von geheimnisvollen, verborgenen Quellen leben, die ihnen, wie man glauben muß, in gerader Linie von der Vorsehung zukommen, weil sie keine für das bloße Auge sichtbare Existenzmittel haben. Man errät, daß Dantes an Bord eines Schmugglerschiffes war. Der Patron hatte ihn auch Anfangs mit einem gewissen Mißtrauen aufgenommen; er war allen Douaniers der Küste sehr wohl bekannt, und da unter diesen Herren und ihm ein Austausch von Listen stattfand, von denen die eine immer feiner ausgedacht und geschickter ausgeführt war, als die andere, so meinte er zuerst, Dantes wäre ganz einfach Emissär von Dame Gabelle, welche dieses geistreiche Mittel anwendet um einige Geheimnisse des Gewerbes zu ergründen; aber die glänzende Art und Weise, wie Dantes aus der Prüfung hervorgegangen war, hatte ihn völlig überzeugt; als er sodann den leichten Rauch wie einen Lampenkranz über der Bastei des Castells If schweben sah und das entfernte Geräusch des Knalles hörte, dachte er einen Augenblick, er hätte denjenigen an Bord genommen, welchem man, wie den Königen bei ihren Ein- und Auszügen, die Ehre der Kanone bewilligte. Dies beunruhigte ihn schon weniger, als wenn der Ankömmling ein Douanier gewesen wäre; doch die zweite Mutmaßung verschwand bald, wie die erste, bei dem Anblick der vollkommenen Ruhe seines Rekruten.

      Edmond hatte also den Vorteil, zu wissen, was sein Patron war, ohne daß sein Patron wissen konnte, was er war. Von welcher Seite ihn auch der alte Seemann und seine Kameraden angriffen, er gab nicht nach und machte kein Geständnis, sondern erzählte nur viel von Neapel und Malta, was er wie Marseille kannte, und er hielt seine erste Angabe mit einer Festigkeit aufrecht, die seinem Gedächtnis Ehre machte. Es ließ sich also der Genueser, so listig er auch war, von Dantes bethörten, zu dessen Gunsten seine Sanftmuth, seine nautische Erfahrenheit und besonders eine äußerst kluge Verstellung sprachen. Vielleicht war der Genueser einer von den gescheidten Menschen, welche immer nur das wissen, was sie wissen sollen, und nur glauben, was sie zu glauben ein Interesse haben. In dieser gegenseitigen Stellung gelangte man nach Livorno.

      Edmond mußte hier eine erste Probe machen: er mußte erforschen, ob er sich nach den vierzehn Jahren, die er sich nicht gesehen, selbst erkennen würde. Er hatte eine ziemlich genaue Erinnerung von dem bewahrt was der Jüngling gewesen war, und wollte nun wissen, wie es sich mit dem Manne verhielt. In den Augen seiner Kameraden war sein Gelübde erfüllt; er war bereits zwanzigmal in Livorno vor Anker gegangen. Edmond kannte einen Barbier in der San-Fernando-Straße, er trat bei ihm ein, um sich den Bart und die Haare schneiden zu lassen. Der Barbier schaute mit Erstaunen den Mann mit den langen Haaren und dem dicken schwarzen Barte an, der einem von den schönen Köpfen von Tizian glich. Es war damals noch nicht Mode, Haare und Bart in so starker Entwickelung zu tragen; heutzutage dürfte ein Barbier wohl staunen, wenn ein mit so großen körperlichen Vorzügen ausgerüsteter Mensch sich freiwillig derselben begeben würde. Der livornesische Barbier ging ohne eine Bemerkung zu machen an die Arbeit.

      Als die Operation beendigt war, als Edmond sich völlig rasiert fühlte und die Haare wieder ihre gewöhnliche Länge hatten, verlangte er einen Spiegel und beschaute sich. Er war nun, wie gesagt, drei und dreißig Jahre alt, und die vierzehn Jahre Gefängnis hatten gleichsam eine große moralische Veränderung in seinem Gesichte hervorgebracht. Dantes war in das Castell If mit dem runden, lachenden, blühenden Gesichte des glücklichen Jünglings gekommen, dem die ersten Schritte im Leben leicht gewesen sind, und der auf die Zukunft wie auf die natürliche Folge der Vergangenheit rechnet. Alles Dies hatte sich sehr verändert. Sein ovales Gesicht war länglich geworden, sein lachender Mund hatte die festen Formen angenommen, welche Entschlossenheit andeuten, seine Brauen waren unter einer einzigen nachdenklichen Falke gebogen, seine Augen hatten das Gepräge tiefer Traurigkeit angenommen, woraus zuweilen die düsteren Blitze der Misanthropie und des Hasses hervorsprangen; so lange von dem Lichte und den Sonnenstrahlen entfernt, hatte seine Gesichtshaut die matte Farbe angenommen, welche, wenn das Gesicht von schwarzen Haaren umrahmt ist, die aristokratische Schönheit der Männer des Norden bildet. Das tiefe Wissen, welches er erlangt, hatte dabei über sein ganzes Antlitz den Wiederschein einer Glorie geistiger Sicherheit verbreitet. Überdies hatte er, obgleich von Natur ziemlich hoch gewachsen, jene gedrängte Stärke eines seine Kräfte beständig in sich selbst concentrirenden Körpers erlangt. Auf die Zierlichkeit von nervigen, schlanken Formen war das Entschiedene runder, muskeliger Formen gefolgt. Die Gebete, das Schluchzen und die Verwünschungen hatten seine Stimme bald in einen Klang von seltsamer Weichheit, bald in eine rauhe, beinahe rohe Betonung verwandelt. Unablässig in einem Halblichte und in der Dunkelheit, hatten seine Augen, wie die der Hyäne und des Wolfes, die seltene Fähigkeit bekommen, die Gegenstände bei der Nacht zu unterscheiden. Edmond lächelte, als er sich sah; sein bester Freund, wenn ihm noch ein Freund übrig blieb, konnte ihn unmöglich erkennen; er erkannte sich selbst nicht mehr.

      Der Parton der jungen Amalie, dem viel daran gelegen war, einen Mann von dem Werte von Edmond unter seinen Leuten zu behalten, bot ihm einen Vorschuß auf seinen Anteil am zukünftigen Nutzen an, was Edmond auch annahm. Als er den Barbier verließ, welcher die erste Metamorphose bei ihm bewerkstelligt hatte, war es seine Hauptaufgabe, in ein Magazin zu gehen und einen vollständigen Matrosenanzug zu kaufen. Ein solcher Anzug ist bekanntlich sehr einfach; er besteht aus einer weißen Hose, einem gestreiften Hemde und einer phrygischen Mütze. In diesem Gewande erschien Edmond wieder vor dem Patron der jungen Amalie, dem er seine Geschichte wiederholen mußte. Der Patron wollte in dem zierlichen Matrosen den Mann mit dem dicken Barte und Haaren voll Seegras und mit einem von Wasser triefenden Leibe nicht erkennen, den er nackt und sterbend auf dem Verdecke seines Schiffes aufgenommen hatte. Ergriffen von seinem guten Aussehen erneuerte er Dantes seine Anwerbungsvorschläge; aber Dantes hatte seine Pläne und willigte nur auf drei Monate ein.

      Die Mannschaft der jungen Amalie benahm sich sehr thätig und gehorsam gegen die Befehle eines Patrons, der seine Zeit nicht zu verlieren gewohnt war. Kaum befand er sich acht Tage in Livorno, als die runden Flanken des Schiffes von Mousselinen. von verbotenen Baumwollenwaaren, von englischem Pulver und von Taback voll waren, auf welchen die Regie ihren Stempel zu setzen vergessen hatte. Es handelte sich darum, alles Dies ohne Hafengebühren zu bezahlen und folglich frei von jeder Visitation von Livorno wegzubringen und auf dem Gestade von Corsica auszuschiffen, wo gewisse Speculanten es übernahmen, die Ladung nach Frankreich zu schaffen. Man ging ab. Edmond durchschnitt abermals das azurblaue Meer, den ersten Horizont seiner Jugend, den er so oft in den Träumen seiner Gefangenschaft gesehen hatte. Er ließ zu seiner Rechten Gorgono, zu seiner Linken Pinosa, und segelte nach dem Vaterlande von Paoli und Napoleon. Als der Patron am andern Morgen auf das Verdeck stieg, was er immer frühzeitig that, fand er

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