Der Graf von Monte Christo. Александр Дюма
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Als Dantes an dieser Insel mit dem für ihn so klingenden Namen hinfuhr, dachte er, er hätte nur in das Meer zu springen und in einer halben Stunde wäre er auf dem gelobten Lande. Aber was sollte er dort tun, ohne Werkzeugei, um seinen Schatz zu entdecken, ohne Waffen, um ihn zu verteidigen? Was würden überdies die Matrosen sagen? was wurde der Patron denken? Er mußte warten. Glücklicher Weise verstand Dantes zu warten: er hatte vierzehn Jahre auf seine Freiheit gewartet, und konnte nun, da er frei war, auch sechs Monate oder ein Jahr auf seinen Reichtum warten. Hatte er nicht die Freiheit ohne Reichtum angenommen, würde man sie ihm angeboten haben? War überdies dieser Reichtum nicht ganz chimärisch? War er, in dem kranken Gehirne des Abbé Faria geboren, nicht mit diesem gestorben? Allerdings war der Brief des Cardinal Spada seltsam genau. Und Dantes wiederholte in seinem Gedächtnis von einem Ende zum andern den Brief, von dem er kein Wort vergessen hatte.
Es kam der Abend; Edmond sah die Insel durch alle Tinten ziehen, welche die Dämmerung mit sich führt, und dann für Jedermann in der Dunkelheit sich verlieren; er aber, dessen Blick an die Dunkelheit des Gefängnisses gewöhnt war, sah sie ohne Zweifel immer noch, denn er blieb der letzte auf dem Verdeck. Am andern Morgen erwachte man auf der Höhe von Aleria. Man lavierte den ganzen Tag; am Abend entzündeten sich Feuer auf der Küste. Aus der Verteilung dieser Feuer ersah man ohne Zweifel, daß man ausschiffen konnte, denn statt der Flagge wurde eine Schiffslaterne auf dem kleinen Fahrzeuge aufgesteckt, und man näherte sich dem Ufer auf Schußweite.
Dantes hatte bemerkt, daß der Patron der jungen Amalie, ohne Zweifel für feierliche Veranlassungen. als er sich dem Lande näherte, zwei kleine Feldschlangen, Wallbüchsen ähnlich aufpflanzen ließ, welche ohne großes Geräusch zu machen, eine hübsche.Kugel von vier auf das Pfund auf tausend Schritte schleudern konnten. Für diesen Abend war jedoch seine Maßregel überflüssig; Alles ging auf das Sanfteste und Artigste der Welt. Vier Schaluppen näherten sich mit sehr geringem Getöse dem Schiffe, das, wohl um ihnen Ehre anzutun, seine eigene Schaluppe in die See setzte, und diese fünf Schaluppen, verstanden sich jeden Falls so gut, daß um zwei Uhr Morgens die ganze Ladung vom Bord der jungen Amalie auf das Festland übergeschifft war. Noch in derselben Nacht, in solchem Maße war der Patron der jungen Amalie ein Mann von Ordnung, fand die Verteilung statt: jeder Mann bekam für seinen Teil ungefähr achtzig Franken.
Doch die Expedition war noch nicht zu Ende: man legte sich gegen Sardinien. Es handelte sich darum, das Schiff, das man gelöscht hattet wieder zu laden.
Die zweite Operation ging so günstig vorüber, als die erste; die junge Amalie war im Glücke. Für das Großherzogtum Lucca bestimmt, bestand die neue Ladung beinahe nur aus Havanna-Cigarren, Xeres- und Malagaweinen. Hier gerieth man in Streit mit der Douane, dieser ewigen Feindin des Patrone der jungen Amalie. Ein Zollwächter blieb auf dem Platze, und zwei Matrosen wurden verwundet. Dantes war einer von diesen beiden Matrosen; eine Kugel hatte das Fleisch seiner linken Schulter durchdrungen.
Dantes war beinahe glücklich über dieses Scharmützel und beinahe zufrieden mit seiner Wunde; diese rauhen Lehrerinnen zeigten ihm, mit welchem Auge er die Gefahr betrachtete und mit welchem Mute er das Leiden ertrug. Er hatte die Gefahr lachend angeschaut, und als er den Schuß erhielt, sagte er wie der griechische Philosoph: »Schmerz, du bist kein Übel.« Überdies hatte er den auf den Tod verwundeten Zollwächter untersucht, und, sei es nun die Hitze des in Thätigkeit begriffenen Blutes, sei es Erkaltung der menschlichen Gefühle, dieser Anblick brachte nur einen leichten Eindruck auf ihn hervor. Dantes war auf dem Wege, den er durchlaufen wollte, und ging dem Ziele zu, das er zu erreichen gedachte. Sein Herz war im Begriff, sich in seiner Brust zu versteinern. Jacopo, der Dantes, als er ihn fallen sah, für tot hielt, stürzte auf ihn zu; hob ihn auf und pflegte ihn, sobald er einmal aufgehoben war; als vortrefflicher Kamerad.
Die Welt war also nicht so gut, wie sie Doktor Pangloß ansah, aber sie war auch nicht so schlecht, wie dies Dantes glaubte, da dieser Mensch, der nichts von seinem Gefährten zu erwarten hatte, als daß er seinen Prisenanteil erben würde, einen so lebhaften.Kummer darüber kundgab, daß er ihn sterben sehen sollte? Glücklicher Weise, war Edmond nur verwundet. Durch Anwendung gewisser Kräuter, welche von sardinischen alten Weibern zu gewisssen Zeiten gesammelt und an die Schmuggler verkauft wurden, schloß sich die Wunde bald wieder. Edmond wollte Jacopo prüfen; er bot ihm für die Pflege; die er von ihm empfangen hattet seinen Prisenanteil; aber Jacopo schlug es mit Entrüstung aus.
Die Folge der sympathetischen Ergebenheit; welche Jacopo Edmond von dem ersten Augenblick, wo er ihn sah, widmete, war, daß Edmond Jacopo eine gewisse Summe Zuneigung bewilligte. Aber Jacopo verlangte nicht mehr; er hatte instnktmäßig bei Edmond die Überlegenheit wahrgenommen, die dieser vor den Andern zu verbergen wußte, und der brave Seemann war mit dem Wenigen, was ihm Edmond zugestand, zufrieden. Wahrend der langen Fahrtage, wenn das Schiff mit Sicherheit auf diesem Azurmeere lief und bei dem günstigsten Winde; der seine Segel schwellte, nur der Hilfe des Rudergängers bedurfte, machte sich Edmond; eine Seekarte in der Hand, zum Lehrer bei Jacopo, wie der arme Abbé Faria sein Lehrer gewesen war. Er prägte ihm die Lage der Küsten ein, er erklärte ihm die Veränderungen des Kompasses, lehrte ihn lesen in dem großen über unsern Häuptern geöffneten Buche, das man den Himmel nennt, und auf dessen Blau Gott mit Diamantbuchstaben geschrieben hat.
Und wenn Jacopo ihn fragte: »Wozu soll es nutzen, daß Du einen armen Matrosen meiner Art alle diese Dinge lehrst?« so antwortete Edmond: »Wer weiß, Du wirft vielleicht eines Tags Schiffskapitän; Dein Landsmann Bonaparte ist Kaiser geworden.«
Wir haben vergessen, zu bemerken, daß Jacopo Corsicaner war.
Man hatte bereits drittehalb Monate in diesen auf einander folgenden Fahrten zugebracht. Edmond war ein eben so geschickter Küstenfahrer geworden, als er zuvor ein kühner Seefahrer gewesen war; er hatte mit allen Schmugglern des Gestades Bekanntschaft gemacht und alle jene Maurerzeichen erlernt, mit deren Hilfe diese Halbpiraten sich erkennen. Er war zwanzigmal vor seiner kleinen Insel Monte Christo hin- und hergefahren, hatte aber bei allem dem nie Gelegenheit gefunden, daselbst zu landen. Er faßte daher einen Entschluß: sobald sein Vertrag mit dem Patrone der jungen Amalie zu Ende wäre, wollte er eine kleine Barke für seine eigene Rechnung miethen (Dantes konnte dies, denn bei seinen verschiedenen Fahrten hatte er sich ein hundert Piaster erspart), und sich unter irgend einem Vorwande nach der Insel Monte Christo begeben. Dort wurde er in aller Freiheit seine Nachforschungen vornehmen . . . Nicht in aller Freiheit, denn er würde ohne Zweifel von denjenigen, welche ihn geführt, beobachtet werden; aber in dieser Welt muß man wohl etwas wagen.
Edmond war im Gefängnis klug geworden, und er hatte gerne nichts gewagt. Aber er mochte immerhin in seiner Einbildungskraft suchen, so fruchtbar sie auch war, er fand kein anderes Mittel, auf die so sehr ersehnte Insel zu gelangen, als das, sich dahin führen zu lassen. Dantes war in diesem Zögern begriffen, als der Patron, der ein großes Vertrauen in ihn setzte und Edmond in seinem Dienste zu behalten wünschte, diesen eines Abends beim Arme nahm und ihn in eine Taverne der Via dei Oglio führte, wo sich das Beste versammelte, was es in Livorno an Schmugglern gab. Hier wurden gewöhnlich die Küstenangelegenheiten abgemacht. Dantes war schon mehrere Male in dieser Seebörse gewesen und hatte sich, die kühnen Seeräuber betrachtend, die ein Litoral von mehr als zweitausend Stunden lieferte wiederholt gefragt, über welche Macht ein Mann verfügen würde, dem es gelänge, den Impuls seines Willens allen diesen vereinigten oder von einander sich entfernenden Fäden zu verleihen. Diesmal war von einer großen Angelegenheit die Rede: es handelte sich um ein mit türkischen Teppichen, Stoffen aus der Levante und Kaschemir, beladenes Schiff; man mußte ein neutrales Gebiet finden, wo der Austausch statthaben könnte, und dann die Gegenstände auf die französische Küste zu werfen suchen. Die Prämie war ungeheuer, wenn es gelangt man sprach von fünfzig bis sechzig Piastern für den Mann.
Der Patron der jungen Amalie schlug als Ausschiffungsort die Insel Monte Christo vor, welche gänzlich