Der Graf von Moret. Александр Дюма
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XV.
Maria von Gonzaga
Um zu dem Resultate zu gelangen, welches wir versprochen haben, das heißt, um unsere Erzählung da wieder Aufzunehmen, wo wir sie zu Ende des vierzehnten Capitels gelassen haben, müssen wir unsere Leier um die Gefälligkeit bitten, mit uns in das Hotel Longueville einzutreten, welches an das der Marquise von Rambouillet stieß. Nur hatte es seinen Eingang in der Rue Saint-Nicaise, während das der Marquise, wie wir erwähnten, an der Rue Saint-Thomas du Louvre lag.
Acht Tage sind seit den Ereignissen verflossen, welche bisher den Gegenstand unserer Erzählung bildeten.
Das Hotel, welches dem Prinzen Heinrich von Condé gehörte, eben dem, welcher Chapelain für einen Bildhauer hielt und welches von ihm und seiner Gemahlin, der Frau Prinzeß, bewohnt wurde, mit der wir in der Abendgesellschaft der Frau von Rambouillet Bekanntschaft machten, war 1612, zwei Jahre nach seiner Vermählung mit der Prinzeß von Montmorency, verlassen worden. Er kaufte damals in der Rue Neuve-Saint-Lambert ein prachtvolles Hotel, welches dieser Straße ihren alten Namen raubte, um ihr den neuen der Rue de Condé zu geben, den sie noch jetzt führt. Das Hotel Longueville wurde zu der Zeit, zu welcher wir gelangt sind, das heißt am 13, Dezember I628 – die Ereignisse jenes Zeitabschnittes sind von solcher Wichtigkeit, dass man sich die Daten genau merken muss – nur von der verwitweten Herzogin von Longueville bewohnt, sowie von deren Mündel, Ihrer Hoheit, der Prinzeß Maria, Tochter des Herzogs Franz von Gonzaga, deren Erbfolge so viele Unruhen bewirkte, nicht nur in Italien, sondern auch in Österreich und Spanien. Auch Margarethe von Savoyen, die Tochter Carl Emanuels, wohnte hier.
Maria von Gonzaga, geboren im Jahre 1612, hatte eben ihr sechzehntes Jahr erreicht; alle Geschichtsschreiber jener Zeit stimmen darin überein, dass sie von einer bezaubernden Schönheit war. Die Chronikenschreiber, welche in ihren Angaben genauer und ausführlicher sind, sagen uns, dass diese Schönheit in folgenden Eigenschaften bestand: In einem schönen Wuchs von Mittelgröße: in der matten Gesichtsfarbe der Frauen Mantua's, welche, wie bei den Frauen von Arles, die Folge der Ausdünstungen der sie umgebenden Sümpfe ist; in schwarzen Haaren, blauen Augen, seidenweichen Augenbrauen und Augenwimpern; Perlenzähnen und Corallenlippen; einer Nase von tadelloser Form über diesen Lippen, die des Beistandes ihrer lieblichen Stimme nicht bedurften, um die süßesten Eindrücke hervorzubringen. Wenn schon ihre äußeren Vorzüge genügt hätten, alle jungen Herren des Hofes ihr zu Füßen zu legen, so versammelte die Bedeutung der politischen Rolle, die sie als Verlobte des Herzogs von Rethellois zu spielen berufen war, auch die älteren Autoritäten um sie, so dass sie gewissermaßen einen der Fixsterne des Hoflebens bildete, um den die glänzendsten Planeten kreisten.
Man wusste vor Allem, dass sie vom Kardinal Richelieu eifrigst protegiert wurde, und es war also für alle Jene, denen an der Gunst des Kardinals etwas lag, eine unerläßliche Pflicht, ihr angelegentlich den Hof zu machen.
Dieser Protektion, von welcher die Anwesenheit der Frau von Combalet ein Beweis war, ist es wohl zu verdanken, dass gegen sieben Uhr Abends an dem vorerwähnten Tage die bedeutendsten Persönlichkeiten jener Zeit, und zwar die Einen aus ihren Wagen, die Anderen aus den seit dem vorigen Tage im Gebrauche befindlichen Sänften, vor dem Hotel Longueville ausstiegen, und sofort in einen prachtvollen Salon eingeführt wurden, dessen Decke Schilderungen der Taten des Bastards Dunois, Gründers des Hauses Longueville, zieren, während die Wände mit schweren Seidentapeten behängt sind.
Einer der ersten Ankömmlinge ist der Prinz Heinrich II. von Condé.
Da der Herr Prinz eine gewisse Rolle in unserer Erzählung spielen wird, in der Zeit, welche dieser Rolle voranging und folgte, aber wirklich eine solche Rolle spielte, wenn auch eine traurige und düstere, bitten wir unsere Leser um die Erlaubnis, sie mit diesem sanften Sprössling des ersten Stammes der Condé näher bekannt machen zu dürfen.
Die ersten Condé's waren tapfer und fröhlich, dieser war feige und düster; er tröstete sich stets damit, dass der Herzog von Bendôme noch feiger sei, als er, und man kann keinen Charakter schon daraus beurteilen, dass ihm das ein Trost war.
Erklären wir diese Veränderung.
Bei Jarnac ermordet, hinterließ der liebenswürdige kleine Prinz von Condé, welcher zwar ein wenig verwachsen, dennoch der Günstling aller Frauen der damaligen Zeit war, einen Sohn, welcher neben dem jungen Heinrich von Navarra das Oberhaupt der protestantischen Partei wurde.
Dieser war der würdige Sohn seines Vaters, welcher bei Jarnac an der Spitze von fünfhundert Edelleuten die Feinde angriff, obgleich er einen Arm in der Binde trug und sein eines Bein gebrochen war, so dass die Knochensplitter durch den Stiefel stachen. Er war es, welcher in der Bartholomäusnacht, als Carl IX. ihm zurief: »Den Tod oder die Messe?« antwortete: »Den Tod!« während der klügere Heinrich entgegnete: »Die Messe!«
Der jetzige Condé war der Letzte von dem ersten Stamme der großen Condé's.
Er sollte nicht auf einem Schlachtfelde sterben, bedeckt mit glorreichen Wunden und ermordet durch einen andern Montmorency. Er starb ganz einfach, vergiftet durch seine Frau.
Nach einer Abwesenheit von fünf Monaten kehrte er in sein Schloss Andelys zurück. Seine Gemahlin, eine La Trémoville, war guter Hoffnung von einem gascognischen Pagen. Bei dem Nachtisch des Mahles, das sie zu Ehren seiner Rückkehr veranstaltete, reichte sie ihm eine Pfirsich.
Zwei Stunden daraus war er todt.
In der Nacht darauf entfloh der Page nach Spanien.
Durch die öffentliche Meinung, angeklagt, wurde die Giftmischerin verhaftet.
Das Kind des Ehebruches wurde in dem Gefängnisse geboren, in welchem seine Mutter acht Jahre blieb, weit man nicht wagte, ihr den Prozess zu machen, da man fürchtete, sie schuldig zu finden, Heinrich IV. wollte die Condé diesen herrlichen Ast vom Baume der Bourbons, nicht erlöschen lassen; er entließ daher ohne Untersuchung aus dem Kerker die Witwe, welche durch die königliche Gnade zwar freigesprochen, durch die öffentliche Meinung aber verurteilt wurde.
Sagen wir nun mit zwei Worten, wie dieser Heinrich, Prinz von Condé, seines Namens der Zweite, eben der, welcher Chapelain für einen Bildhauer hielt, dazu kam, die Prinzeß von Montmorency zu heiraten. Die Geschichte ist merkwürdig. und obgleich wir sie in einer Parenthese erzählen müssen, wird diese Parenthese ein wenig lang werden. Es liegt übrigens kein Uebel darin, durch die Romanschreiber gewisse Einzelheiten zu erfahren, welche die Geschichtschreiber zu erzählen vergessen, sei es, dass sie dieselben der Geschichte für unwürdig halten, sei es, dass sie ihnen selbst unbekannt sind. Das Letztere halten wir für wahrscheinlicher.
Im Jahre 1609 ordnete Maria von Medicis ein Ballet an, und Heinrich IV. schmollte, weil die Königin sich geweigert hatte, unter die Tänzerinnen dieses Ballett zu denen die schönsten Damen des Hofes gewählt wurden waren, Jacqueline von Beuil aufzunehmen, die Mutter des Helden unserer Geschichte, des Grafen von Moret.
Da die hohen Tänzerinnen, welche in dem Ballett mitwirken sollten, um die Proben in dem Theatersaale des Louvre abzuhalten, vor der Tür Heinrichs IV. Vorübergehen mussten, hielt der König dieselbe geschlossen, um dadurch seine üble Laune zu zeigen.
Eines Tages ließ er sie halbgeöffnet.
Durch den Spalt der Tür sah er die Prinzeß Charlotte von Montmorency