Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4. Александр Дюма

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Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4 - Александр Дюма

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nehmen, im Geiste zu Allem dem zurück, was zwischen ihr und ihrem Sohne vorgefallen war, und schaute mit Bangigkeit nach der Thüre des Schlafzimmers, wo sie ihn eingesperrt hatte.

      »Verzeihen Sie, Madame,« sagte Charny, »ich befürchte, ich erzähle Ihnen von Dingen, die Sie nur wenig interessiren, und ohne Zweifel fragen Sie sich, warum ich hier sei, und was ich hier machen wolle.«

      »Nein, mein Herr,« erwiederte Andrée, »ganz im Gegentheil, was Sie mir zu erzählen die Güte haben, ist für mich äußerst interessant; und was Ihre Gegenwart bei mir betrifft, so wissen Sie, daß nach den Befürchtungen, die ich in Beziehung auf Sie gehegt habe, diese Gegenwart, welche beweist, daß Ihnen persönlich kein Unglück zugestoßen ist, mir nur sehr angenehm sein kann. Ich bitte also, fahren Sie fort, der König hieß Sie ihn in seinem Zimmer erwarten, und Sie ließen Ihren Bruder benachrichtigen.«

      »Wir begaben uns in das Zimmer des Königs; zehn Minuten nach uns kam er zurück. Da die Sendung an die Prinzen dringend war, so fing der König mit ihr an. Sie hatten zum Zwecke, Ihre Hoheiten von den Ereignissen, welche so eben vorgefallen, zu unterrichten. Eine Viertelstunde nach der Rückkehr Seiner Majestät war mein Bruder nach Turin abgereist. Wir blieben allein. Der König ging einen Augenblick nachdenkend auf und ab; plötzlich blieb er vor mir stehen und sagte: »»Herr Graf, wissen Sie, was zwischen der Gräfin und der Königin vorgefallen ist?«« »»Nein, Sire,«« antwortete ich. »»Es muß aber etwas vorgefallen sein,«« fügte er bei, »»denn ich habe die Königin in einer mörderischen Laune und sogar, wie es mir schien, ungerecht gegen die Gräfin gefunden, was nicht ihre Gewohnheit bei ihren Freunden ist, welche sie, wie Sie wissen, vertheidigt, selbst wenn sie Unrecht haben.«« »»Ich kann Eurer Majestät nur wiederholen, was ich ihr zu sagen die Ehre gehabt habe,«« versetzte ich. »»Ich weiß durchaus nicht, was zwischen der Königin und der Gräfin vorgefallen ist, und nicht einmal, ob etwas vorgefallen ist. Immerhin aber, Sire, wage ich es, zu behaupten, daß, wenn auf der einen oder der andern Seite ein Unrecht ist, vorausgesetzt, eine Königin könne ein Unrecht begehen, dieses Unrecht nicht von der Seite der Gräfin kommt.««

      »Ich danke Ihnen, mein Herr, daß Sie so gut von mir gedacht haben,« sprach Andrée.

      Charny verbeugte sich.

      »»In jedem Falle,«« sagte der König, »»wenn die Königin nicht weiß, wo die Gräfin ist, müssen Sie es wissen.«« Ich war eben so wenig unterrichtet, als die Königin, dennoch antwortete ich: »»Sire, ich weiß, daß die Frau Gräfin ein Absteigequartier in der Rue Coq-Héron hat, und dahin wird sie sich ohne Zweifel zurückgezogen haben.«« »»Ja, ohne Zweifel ist sie dort,«« sagte der König. »»Gehen Sie dahin, ich gebe Ihnen Urlaub bis morgen, unter der Bedingung, daß Sie uns morgen die Gräfin zurückbringen.««

      Der Blick von Charny hatte sich, während er diese Worte sprach, so fest auf die Gräfin geheftet, daß es dieser ganz unbehaglich zu Muthe wurde, und daß sie, da sie fühlte, sie könne diesem Blicke nicht ausweichen, die Augen schloß.

      »»Sie sagen ihr,«« fuhr Charny immer im Namen des Königs sprechend fort, »»Sie sagen ihr, wir werden eine Wohnung für sie finden, und müßte ich selbst suchen, eine Wohnung allerdings weniger groß als die, welche sie in Versailles hatte, jedoch hinreichend für einen Mann und eine Frau. Gehen Sie, Herr von Charny, gehen Sie; die Gräfin muß über Sie in Unruhe sein, und Sie müssen über die Gräfin in Unruhe sein.«« Als ich schon ein paar Schritte gegen die Thüre gemacht hatte, rief er mich dann zurück und sagte, indem er mir die Hand reichte, die ich küßte: »»Ah! Herr von Charny, da ich Sie in Trauer sah, so hätte ich hiermit anfangen müssen . . .. Sie haben das Unglück gehabt, Ihren Bruder zu verlieren; man ist, und wenn man auch König, unvermögend, bei einem solchen Unglück zu trösten; doch als König kann man sagen: »– War Ihr Bruder verheirathet? hatte er eine Frau, Kinder? Können diese Frau und diese Kinder von mir adoptirt werden? —« Dann, mein Herr, wenn solche vorhanden sind, bringen Sie mir sie, stellen Sie mir sie vor. Die Königin wird sich der Mutter annehmen, ich werde mich der Kinder annehmen.««

      Und als bei diesen Worten Thränen am Rande der Augenlider von Charny erschienen, fragte Andrée:

      »Ohne Zweifel wiederholte der König nur, was Ihnen die Königin gesagt hatte?«

      »Die Königin,« antwortete Charny mit einer zitternden Stimme, »die Königin hatte mir nicht einmal die Ehre erwiesen, ein Wort in dieser Hinsicht an mich zu richten, und darum rührte mich die Erinnerung des Königs so tief, daß er, als er mich in Thränen ausbrechen sah, zu mir sagte: »»Ah! Oh! Herr von Charny, ich habe vielleicht Unrecht gehabt, hiervon mit Ihnen zu sprechen; doch ich handle beinahe immer unter der Eingebung meines Herzens, und mein Herz hieß mich thun, was ich gethan habe. Kehren Sie zu Ihrer theuren Andrée zurück, Graf; denn wenn uns die Leute, die uns lieben, auch nicht trösten können, so können sie doch mit uns weinen und wir können mit ihnen weinen, was immer eine große Erleichterung ist.«« Und so,« fügte Charny hinzu, »so bin ich aus Befehl des Königs gekommen, Madame . . .weshalb Sie mich vielleicht entschuldigen werden.«

      »Ah! mein Herr,« rief Andrée, indem sie rasch aufstand und Charny ihre beiden Hände reichte, »zweifeln Sie daran?«

      Charny ergriff lebhaft diese Hände und drückte seine Lippen darauf.

      Andrée stieß einen Schrei aus, als wären diese Lippen ein glühendes Eisen gewesen, und fiel aus das Canapé zurück.

      Doch ihre Hände hatten sich krampfhaft an die von Charny angeklammert, so daß sie, auf das Canapé zurückfallend, Charny nachzog, wodurch er sich, ohne daß sie es gewollt, ohne daß er es gewollt, neben ihr sitzend fand.

      In diesem Augenblick entfernte sich Andrée, welche Geräusch im anstoßenden Zimmer gehört zu haben glaubte, so rasch von Charny, daß dieser, der nicht wußte, welchem Gefühle er sowohl den von ihr ausgestoßenen Schrei, als die rasche Bewegung, die sie gemacht, zuschreiben sollte, schnell sich erhob und sogleich wieder vor ihr stand.

      Drittes bis sechstes Bändchen

       XII

      Das Schlafzimmer

      Charny stützte sich aus die Lehne des Canapé und stieß einen Seufzer aus.

      Andrée ließ ihren Kopf auf ihre Hand fallen.

      Der Seufzer von Charny hatte ihren Seufzer in die tiefste Tiefe ihrer Brust zurückgedrängt.

      Was in diesem Augenblick im Herzen der jungen Frau vorging, läßt sich durchaus nicht beschreiben.

      Seit vier Jahren an einen Mann verheirathet, den sie anbetete, ohne daß dieser, beständig mit einer andern Frau beschäftigte, Mann je eine Idee von dem furchtbaren Opfer gehabt, das sie ihn heirathend gebracht, hatte sie, mit der Verleugnung ihrer doppelten Pflicht als Frau und als Unterthanin, Alles gesehen, Alles ertragen, Alles in sich selbst verschlossen; endlich, seit einiger Zeit, schien es ihr nach einigen sanfteren Blicken ihres Gatten, nach einigen härteren Worten der Königin, ihre Ergebenheit sei nicht ganz unfruchtbar. Während der jüngst vergangenen Tage, entsetzlicher Tage voller unablässiger Bangigkeiten für Jedermann, hatte Andrée, allein vielleicht inmitten aller dieser Höflinge und unter diesen erschrockenen Dienern, freudige Gemüthsbewegungen und süße Schauer empfunden; dies war so, wenn in äußersten Momenten Charny sich durch eine Geberde, durch einen Blick, durch ein Wort mit ihr zu beschäftigen, sie unruhig zu suchen, zu seiner Freude wiederzufinden schien; es war ein leichter, verstohlener Händedruck, der ein von der Menge, die sie umgab, unbemerktes Gefühl mittheilte und für sie allein einen gemeinschaftlichen Gedanken leben machte: es waren köstliche Empfindungen, unbekannt diesem Schneekörper und diesen Demantherzen, welches von der Liebe nur das gekannt hatte, was sie Schmerzlichstes hat: die Einsamkeit.

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