Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4. Александр Дюма

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Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4 - Александр Дюма

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wahr? – wo Vulcan den Blitz schmiedet. Jede Nacht schreibe ich acht Selten in Octav, die man am Morgen verkauft; acht Seiten, das genügt oft nicht, und ich verdoppele die Lieferung; sechzehn Selten sind oft noch zu wenig; was ich mit großen Buchstaben angefangen habe, vollende ich beinahe immer mit kleinen. Die anderen Journalisten erscheinen in Zwischenräumen, lösen sich ab, lassen sich helfen, ich nie. Der Ami du Peuple, – Sie können die Copie sehen, sie ist da, – der Ami du Peuple ist ganz von derselben Hand. Es ist auch nicht bloß ein Journal; nein, es ist ein Mensch, es ist eine Persönlichkeit, ich bin es!«

      »Aber,« fragte Gilbert, »wie genügen Sie für diese ungeheure Arbeit?«

      »Ah! das ist das Geheimniß der Natur!  . . .Es ist ein Vertrag zwischen dem Tode und mir  . . .ich gebe ihm zehn Jahre von meinem Leben, und er bewilligt mir Tage, welche nicht der Ruhe bedürfen, Nächte, welche nicht des Schlafes bedürfen  . . . Meine Existenz ist eine einfache: ich schreibe  . . .ich schreibe bei Nacht, ich schreibe bei Tag  . . .Die Polizei von Lafayette nöthigt mich, verborgen, eingeschlossen zu leben; sie überliefert mich mit Leib und Seele der Arbeit; sie verdoppelt meine Thätigkeit  . . .Dieses Leben lastete Anfangs auf mir: ich bin nun daran gewöhnt. Es gefällt mir, die elende Gesellschaft durch die enge, schräge Oeffnung meines Kellers, durch das feuchte, finstere Lustloch zu sehen. Aus der Tiefe meiner Nacht regiere ich über die Welt der Lebendigen; ich richte ohne Appellation die Wissenschaft und die Politik  . . .Mit einer Hand zerstöre ich Newton, Franklin, Laplace, Monge, Lovoisier; mit der andern erschüttere ich Bailly, Necker, Lafayette  . . .Ich werde Alles dies umstürzen  . . .ja, wie Simson, der den Tempel umgestürzt hat, und unter den Trümmern, die mich selbst vielleicht zermalmen, begrabe ich das Königthum.«

      Gilbert schauerte unwillkürlich; dieser Mensch wiederholte ihm in einem Keller und unter den Lumpen des Elends ungefähr das, was ihm Cagliostro in seinem gestickten Rocke in einem Palaste gesagt hatte.

      »Aber,« sprach er, »warum haben Sie es, volksbeliebt, wie Sie sind, nicht versucht, sich zur Nationalversammlung ernennen zu lassen?«

      »Weil der Tag noch nicht gekommen ist,« erwiederte Marat.

      Dann fügte er, ein Bedauern ausdrückend, beinahe in demselben Augenblick bei:

      »Oh! wäre ich Volkstribun! würde ich durch ein paar tausend entschlossene Menschen unterstützt, ich stehe dafür, daß von jetzt in sechs Wochen die Constitution vollkommen wäre; daß die politische Maschine auf das Beste ginge; daß es kein Spitzbube wagen würde, sie in Unordnung zu bringen; daß die Nation frei und glücklich wäre; daß sie in weniger als einem Jahre wieder blühend und fruchtbar würde, und daß sie so bliebe, so lange ich lebte.«

      Und das eitle Geschöpf verwandelte sich unter dem Blicke von Gilbert; sein Auge wurde von Blut unterlaufen; seine gelbe Haut glänzte von Schweiß; das Ungeheuer war groß in seiner Häßlichkeit, wie ein Anderer groß ist in seiner Schönheit.

      »Ja,« fuhr er fort, indem er seinen Gedanken wieder aufnahm, wo ihn die Begeisterung unterbrochen hatte, »ja, aber ich bin nicht Tribun, ja, aber ich habe die paar tausend Menschen nicht, deren ich bedürfte  . . .Nein, aber ich bin Journalist  . . .nein, aber ich habe mein Schreibzeug, mein Papier, meine Federn  . . .nein, aber ich habe meine Abonnenten, ich habe meine Leser, für die ich ein Orakel, ein Prophet, ein Wahrsager bin  . . .Ich habe mein Volk, dessen Freund ich bin, und das ich, ganz zitternd, von Verrath zu Verrath, von Entdeckung zu Entdeckung, von Schrecken zu Schrecken führe  . . . In den ersten Nummern des Ami du Peuple denuncirte ich die Aristokraten, ich sagte, es seien sechshundert Schuldige in Frankreich, sechshundert Stricke würden genügen. Ha! Ha! ha! ich täuschte mich ein wenig vor sechs Monaten! Der 5. und 6. October haben stattgefunden und mein Auge aufgeklärt  . . .Es sind auch nicht mehr sechshundert Schuldige, die man richten muß, es sind zwanzigtausend Aristokraten, die man zu hängen hat.«

      Gilbert lächelte. Zu diesem Grade gelangt, kam ihm die Wuth wie Tollheit vor.

      »Nehmen Sie sich in Acht,« sagte er, »es wird in Frankreich nicht Hanf genug für das geben, was Sie thun wollen, und die Stricke werden einen ungeheuern Preis erreichen.«

      »Man wird auch, wie ich hoffe, neue und wirksamere Mittel finden. Wissen Sie, wen ich heute Abend erwarte  . . .wer binnen zehn Minuten an diese Thüre klopfen wird?«

      »Nein, mein Herr,«

      »Nun, ich erwarte einen von unsern Collegen, ein Mitglied der Nationalversammlung, das Sie dem Namen nach kennen, den Bürger Guillotin  . . .«

      »Ja,« sagte Gilbert, »derjenige, welcher den Deputirten vorgeschlagen hat, sich im Ballhause zu versammeln, als sie aus dem Sitzungssaale verjagt wurden; ein sehr gelehrter Mann.«

      »Wissen Sie wohl, was der Bürger Guillotin erfunden hat?  . . . Er hat eine wunderbare Maschine erfunden, eine Maschine, welche tödtet, ohne leiden zu lassen; – denn der Tod muß eine Strafe sein und nicht ein Leiden; er hat diese Maschine erfunden, und an einem der nächsten Morgen werden wir sie versuchen.«

      Gilbert schauerte.

      Es war zum zweiten Male, daß ihn dieser Mann in seinem Keller an Cagliostro erinnerte. Die von ihm erwähnte Maschine war ohne Zweifel dieselbe, von der Cagliostro mit ihm gesprochen.

      »Ei! hören Sie.« sagte Marat, »man klopft eben an, er ist es. Oeffne, Albertine, öffne.«

      Die Frau von Marat erhob sich von dem Schemel, aus welchem sie gekauert war, und schritt Maschinenmäßig und wankend aus die Thüre zu.

      Gilbert aber ging, betäubt, erschrocken, von einer Blendung erfaßt, die einem Schwindel glich, zu Sebastian, den er in seine Arme zu nehmen und nach Hause zu bringen sich anschickte.

      »Sehen Sie,« fuhr Marat mit Begeisterung fort, »sehen Sie eine Maschine, welche ganz allein functionirt! welche nur eines Mannes bedarf, um sie gehen zu machen! welche, dreimal das Messer wechselnd, dreihundert Köpfe im Tag abschneiden kann!«

      »Und fügen Sie bei,« sagte eine kleine sanfte, flötenartige Stimme hinter Marat, »welche diese dreihundert Köpfe ohne Schmerzen, ohne eine andere Empfindung, als eine leichte Kühle auf dem Halse, abschneiden kann.«

      »Ah! Sie sind es, Doctor,« rief Marat, indem er sich gegen einen kleinen Mann von fünf und vierzig Jahren umwandte, dessen sorgfältiger Anzug und sanfte Miene einen höchst seltsamen Contrast mit Marat bildeten, und der in der Hand eine Schachtel von der Form und dem Umfang derjenigen trug, welche Spielzeug von Kindern enthalten. »Was bringen Sie mir da?«

      »Ein Modell von meiner Maschine, mein lieber Marat  . . .Doch ich täusche mich nicht,« setzte der kleine Mann hinzu, indem er in der Dunketheit zu erkennen suchte, »es ist der Herr Doctor Gilbert, den ich hier sehe?«

      »Er selbst, mein Herr,« erwiederte Gilbert sich verbeugend.

      »Ich bin entzückt, Sie hier zu treffen, mein Herr; Sie sind, Gott sei Dank, nicht zu viel, und ich werde glücklich sein, die Meinung eines so ausgezeichneten Mannes über eine Erfindung zu erfahren, die ich bekannt zu machen im Begriffe bin; – denn ich muß Ihnen sagen, mein lieber Marat, daß ich einen sehr geschickten Zimmermann, einen gewissen Meister Guidon gesunden habe, der mir meine Maschine im Großen verfertigt  . . .Das ist theuer! er verlangt fünftausend fünfhundert Franken von mir! Doch kein Opfer soll mir zu kostspielig sein für das Wohl der Menschheit  . . .In zwei Monaten wird sie fertig sein, mein Freund, und wir können sie versuchen; dann biete ich sie der Nationalversammlung an. Ich hoffe, Sie werden den Antrag in Ihrem vortrefflichen Journal unterstützen, obgleich, in Wahrheit, meine Maschine sich von selbst empfiehlt, Herr Gilbert, wie Sie mit Ihren eigenen

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