Die Mohicaner von Paris. Александр Дюма
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Nach Ablauf der fünf Minuten gab Colombau, der sein Wort so gewissenhaft hielt, als sein Landsmann Duguesclin, wieder den Athem dem Großen, welcher sich wohl hütete, seine Genugtuung zu nehmen, und band den streitsüchtigen Americaner los; dieser ging aus Wuth ins Krankenzimmer und blieb hier einen Monat mit Verrückung des Gehirns im Bette.
Das Gelächter begleitete, wie man leicht begreift, den Rückzug des Creolen; Jeder beeiferte sich, Colombau Glück zu wünschen; Colombau gab sich aber den Anschein, als hörte er diese Lobeserhebungen nicht, nahm ruhig seinen Spaziergang wieder auf und wandte seinen Mitschülern den Rücken zu, nachdem er ihnen die brüderliche Warnung gegeben:
»Ihr seht, was ich zu thun vermag! Dass erste Mal, daß Einer von Euch mich foppt, wird ihm dasselbe geschehen.«
Einen Monat lang hegte man ernste Besorgnisse für den kleinen Camille Rozan.
Derjenige aber, dessen Angst bis zur Verzweiflung ging, war der gute Colombau; er vergaß, daß ihn die Herausforderung in den Fall gerechter Selbstvertheidigung gesetzt hatte, und betrachtete sich als einzige Ursache diesen Fieber.
Seine Verzweiflung verwandelte sich ganz natürlich in tiefe Freundschaft während der Genesung des jungen Menschen; er fühlte bald für den kleinen Camille die lebhafte Zärtlichkeit, welche die Starken für die Schwachen, die Sieger für die Besiegten haben, – diese Zärtlichkeit, welche aus den göttlichsten Fibern des Herzens, auf der mildesten von allen Tugenden, dem Mitleid entspringt.
allmählich wurde diese zufällige Zärtlichkeit eine wahre Zuneigung, eine beschirmende Freundschaft, wie die eines älteren Bruders für einen jüngeren.
Camille Rozan schien sich seinerseits aufrichtig Colombau anzuschließen, nur waren bei seiner Zuneigung zugleich die Furcht, und die Sympathie beteiligt: seiner Schwäche war es angenehm, sich beschützt zu fühlen; zu gleicher Zeit setzte aber sein empörter Stolz eine unübersteigbare, obgleich unsichtbare Schranke zwischen ihn und seinen Beschützer.
Schwach und trotzig, war er jeden Tag der Gefahr ausgesetzt von seinen Kameraden Lectionen der ähnlich, weiche ihm Colombau gegeben, zu erhalten; doch dieser brauchte nur einen Schritt zu machen und mit einem ruhigen Tone zu fragen: »Nun! was gibt es? und die Drohung kehrte plötzlich wieder um.
Wie bei der Eiche, genügte es bei ihm, seine kräftigen Aeste auszustrecken, um das Rohr gegen den Sturm zu beschirmen.
Heranwachsend, schien Camille seinen Stolz zurückgedrängt und für Colombau nur noch eine aufrichtige Freundschaft bewahrt zu haben; er gab sie ihm unter tausend angenehmen Formen kund: Beide in abgesonderte Schlafsäle und getrennte Studienquartiere verwiesen, konnten sie sich nur in den Erholungsstunden sehen und sprechen; doch das Bedürfniß des Ergusses war so lebhaft bei dem Creolen, daß er, wenn er von seinem Freunde entfernt, sich nicht enthalten konnte, an ihn zu schreiben; sobald der, briefliche Verkehr eröffnet war, bildete sich zwischen ihnen eine thätige ununterbrochene Correspondes, welche beinahe so zärtlich als die zwischen zwei Liebenden.
Die jungen Freundschaften, die sich zum ersten Male offenbaren, haben in der That die ganze Hitze einer ersten Liebe; wie eine Person, welche bis dahin, einsam gelebt hat, wartet das Herz nur auf die Stunde der Freiheit, um in der Sonne den Schatz seiner innersten Gedanken erblühen zu lassen; es kommt dann aus zwei Herzen, welche in derselben Lage, ein Concert von Plaudereien hervor, das ziemlich ähnlich dem Geschwätze der Vögel in den ersten Frühlingstagen. Derjenige,welcher gleichsam ebenen Fußes in das Leben eingetreten ist und die Zaubereien der jungen, keuschen Göttin, die man die Freundschaft nennt, nicht kennen gelernt hat, ist zu beklagen! denn weder die leidenschaftliche Liebe der Frau, noch die selbstsüchtige Zuneigung des Mannes werden ihm die reinen Freuden enthüllen, welche die zwischen zwei sechzehnjährigen Herzen ausgetauschten Geheimnisvollen Geständnisse geben.
Von diesem Augenblicke an waren also die zwei jungen Leute enge verbunden; und da Camille im nächsten Jahre in ein Quartier mit Colombau überging, so wurden sie Copains, nach dem technischen Ausdrucke des Collége, das heißt, sie bildeten eine Gemeinschaft von Allem, was sie besaßen, von den Federn und dem Papier bis zur Wäsche und das Geld.
Schickte die Familie des Americaners Confituren und Gojaven und Conserven von Ananas, so schob Camille die Hälfte davon in die Truhe von Colombau; schickte der Graf von Penhoël einige gesalzene Eßwaaren von der Küste der Bretagne, so legte Colombau die Hälfte in das Pult von Camille Rozan.
Diese täglich an Zärtlichkeit zunehmende Freundschaft wurde plötzlich gebrochen durch die Abreise von Camille, den seine Eltern nach Louisiana in dem Augenblick zurückriefen, wo er seine Philosophie beendigen sollte. Maus trennte sich unter zärtlichen Umarmungen, und versprach sich einander wenigstens einmal alle vierzehn Tage zu schreiben.
Die drei ersten Monate hielt Camille das gegebene Worte dann kamen seine Briefe nur noch von Monat zu Monat, dann von drei zu drei Monaten.
Was den treuen Bretagner betrifft, – er hielt gewissenhaft sein Versprechen, und nie gingen vierzehn Tage darüber, ohne daß er seinem Freunde schrieb.
Am Tage nach der Nacht, die wir im vorhergehenden Kapitel zu schildern versucht haben, Morgens um zehn Uhr, brachte die alte Portière dem jungen Manne einen Brief, dessen geliebten Stempel er sogleich erkannte.
Der Brief war von Camille.
Er kam nach Frankreich zurück.
Sein Schreiben ging ihm um einige Tage voran, Camille verlangte von Colombau, mit ihm in der Welt dasselbe gemeinschaftliche Leben wieder anzufangen, das sie im Collage geführt hatten.
Du hast drei Zimmer und eine Küche,« schrieb er: »mir die Hälfte Deiner Küche, mit die Hälfte Deiner drei Zimmer!«
»Bei Gott! ich glaube wohl!« antwortete laut der Bretagner, tief bewegt durch die unerwartete und unverhoffte Rückkunft des jungen Mannes.
Dann dachte er plötzlich, wenn sein teurer Camille komme, so brauche er ein Bett, eine Toilette, einen Tisch, und besonders ein Canapé, auf dem sich der träge Creole ausstrecken könne, um die schönen Cigarren zu rauchen, die er ohne Zweifel vom mexicanischen Meerbusen mitbringe, – und er stürzte aus dem Zimmer mit den zwei- bis dreihundert Franken Ersparnisse, die er besaß, um sich alle diese Dinge erster Notwendigkeit zu verschaffen.
Auf der Treppe begegnete er Carmelite.
»Oh! mein Gott! Wie glücklich sehen Sie diesen Morgen aus, Herr Colombau!« sagte Carmelite, als sie die Freude auf dem Antlitz ihres Nachbars strahlen sah.
»Oh! mein Fräulein, ich bin glücklich, sehr glücklich!« erwiderte Colombau; »es kommt ein Freund von mir von America, von Mexico, von Louisiana an! ein Freund aus dem Collége, der teuerste von allen meinen Freunden!« .
»Vortrefflich! sagte das Mädchen. »Und wann kommt er an?«
»Ich kann Ihnen den Tag nicht genau sagen; doch ich wollte, er wäre schon hier.«
Carmelite lächelte.
»Ah! ich wollte, er wäre schon da, wiederhole ich Ihnen, denn ich bin überzeugt, es würde Ihnen Vergnügen gewähren, ihn zu sehen und zu hören; es ist die lebendige Schönheit und Heiterkeit; nie, selbst in den Träumen der Maler, habe ich ein schöneres Gesicht gesehen . . . ein wenig weibisch vielleicht,« fügte er bei, nicht um die Schönheit des Freunden zu vermindern, dessen Portrait er so offenherzig gemacht hatte, sondern einzig und allein, um in den Grenzen der Wahrheit zu bleiben; – »ein wenig weibisch; doch gerade diese Miene steht seiner