Der Schutzgeist des Kaisers von Birma. Ugo Mioni

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Der Schutzgeist des Kaisers von Birma - Ugo Mioni

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uns und wir steuerten dem östlichen Ufer zu, an dem mein scharfer Blick nur lang ausgedehnte Wälder entdeckte.

      »Sind diese Wälder bewohnt?« fragte ich meinen Begleiter, nachdem ich mich auf eine Bank im Hinterteil des Hnau niedergelassen und ihm einen Wink gegeben hatte, das gleiche zu tun.

      »Wenig. Diese Wälder ziehen sich hin bis zum Flusse Myit-nge. Scharen von wilden Elefanten leben in ihnen. Dörfer findet man nur selten und in diesen lebt ein tapferer, aber wilder Stamm, der sich nicht unter die Oberhoheit des Kaisers beugen will.«

      Ich hatte diese Auskunft erwartet; wußte ich doch, daß Birma überhaupt mit dichten, aber wenig bevölkerten Waldungen gesegnet ist.

      »Das paßt uns vortrefflich,« jubelte ich. »Dort wirst du sicher sein.«

      »Herr, du meinst doch nicht, daß ich mich in jenen Wäldern verbergen soll, um mein Leben zu retten?«

      »Gewiß, das meine ich.«

      »Nein, dazu werde ich mich nie und nimmer verstehen,« schrie der junge Mann und sprang auf.

      »Ich folgte dir nur, weil ich meine Freiheit zu Gunsten meines Vaters bewahren wollte.«

      »Schreie nicht so sehr. Es ist doch nicht notwendig, daß die Schiffer erfahren, wer du bist,« entgegnete ich ruhig und zog den Widerstrebenden auf seinen Platz zurück.

      »Verzeih! Ich bin so aufgeregt, daß ich kaum weiß, was ich sage und tue.«

      »Ich begreife es wohl nach dem, was deinem Vater widerfahren ist. Doch sei nur ruhig, wir werden ihm bald die Freiheit zurückgegeben haben.«

      »Indem wir uns in der Einöde verbergen?« fragte der junge Mann spöttisch.

      »Nur du sollst im Walde bleiben, während ich in die Stadt zurückkehren werde, um Erkundigungen über deinen Vater einzuziehen. Je nach dem Ergebnis derselben werde ich mein Vorgehen einrichten.«

      »Du, der Fremde, willst für meinen Vater arbeiten und ich, sein einziger Sohn, soll tatlos zusehen? Nein, Herr, das ertrage ich nicht. Ich begleite dich.«

      »Um alles zu verderben.«

      »Herr, ich habe Mut und kann vorsichtig sein, wo es die Notwendigkeit erheischt. Ich werde mich in allem deinen Anordnungen fügen. Laß mich mit dir gehen.«

      »Ich zweifle nicht daran, daß du klug und mutig bist. Aber bedenke, daß du in Amarapura bekannt bist, was, ganz abgesehen von der Gefahr, daß wir beide gefangen genommen werden, meine Pläne bedenklich durchkreuzen würde.«

      Der junge Mann, der auf den wenig wohlklingenden Namen Meharamen hörte, dachte eine Weile nach, dann sagte er: »Ich muß dir recht geben. Magst du also diese Sache allein betreiben, obwohl es mir schwer fällt, untätig bleiben zu sollen. Aber weißt du auch, in welche Gefahren du dich begibst?«

      »Ich weiß es.«

      »Du weißt, daß du dein Leben aufs Spiel setzest?«

      »Auch das.«

      »Und du fürchtest dich nicht?«

      »Nein!«

      »Dann bist du ein Held und ich bewundere dich. Aber wie kommt es, daß du solchen Anteil an dem Geschicke meines Vaters nimmst?«

      »Weil ich ihn liebe und verehre.«

      »Du kennst ihn also schon lange? Ich glaubte, er sei dir fremd,« rief Meharamen erstaunt.

      »Ich sah ihn heute zum ersten Male. Aber er war gut gegen mich und wäre nicht unglücklicherweise die Erkrankung des Elefanten dazwischen gekommen, hätte er mich während meines Aufenthaltes hier gewiß in jeder Weise unterstützt. Dafür bin ich ihm Dankbarkeit schuldig.«

      »Du bist gut, ich danke dir.«

      »Ich tue nur meine Pflicht, weiter nichts. Ich bin nicht in diesem Lande geboren.«

      »Daß du hier fremd bist, sehe ich wohl. Das sagen mir nicht nur deine Waffen, sondern auch deine seltsame Fußbekleidung. Woher kommst du?«

      »Aus Europa.«

      »Ah so, du bist ein Engländer. Mein Vater besitzt einen englischen Freund, der ihm sehr teuer ist und darum liebt er auch dich. Aber wie gedenkst du es anzufangen, meinen Vater zu befreien?«

      »Das weiß ich jetzt noch nicht. Vielleicht gelingt es mir, seine Kerkermeister zu bestechen, oder, wenn dies nicht gehen sollte, so werde ich versuchen, eine Audienz beim Kaiser zu erhalten und ihn dem Wongy günstig zu stimmen.«

      »Auf welche Art wirst du es mich wissen lassen, wenn dir dein Vorhaben gelingt?«

      »Bestimme einen sicheren Platz in jenem Walde. Nach Ablauf einer Woche werde ich dir Botschaft senden, oder wenn es möglich ist, selbst kommen, um dir zu berichten, wie weit ich mit meinen Bemühungen gelangt bin.«

      »Und wenn weder Botschaft, noch du selbst kommst?«

      »Dann magst du dich versichert halten, daß ich entweder tot oder gefangen bin.«

      »Und in diesem Falle werde ich alles daran setzen, dich und meinen Vater zu retten oder zu rächen,« rief der Mann feurig aus.

      »Handle nach deinem Gutdünken, nur bedenke das eine, daß einer Leiche die Rache nichts mehr nützt,« entgegnete ich und erhob mich.

      Die Hand auf den Rand des Schiffes gestützt, ließ ich meine Blicke nachdenklich auf dem schönen Panorama ruhen.

      »Tet! Tet! Tet!«

      Erstaunt wandte ich mich nach unseren Bootsleuten um. Was bedeutete dieser Lärm?

      »Warum schreit ihr so?« erkundigte ich mich und erhielt als Antwort die erstaunte Gegenfrage: »Bist du denn nicht hier geboren?«

      »Nein! Es ist das erstemal, daß ich auf diesem See fahre.«

      »Dann ist deine Unwissenheit begreiflich. Doch gedulde dich noch einen Augenblick und deine Frage wird beantwortet werden.«

      Die Antwort ließ in der Tat nicht lange auf sich warten. Kaum hatten die Schiffer eine Pause in ihrem Geschrei eintreten lassen, als sich das Wasser zu beiden Seiten des Bootes gurgelnd teilte und eine Menge großer Fische auf seiner Oberfläche erschienen. Sie waren kleinen Haifischen nicht unähnlich und folgten uns mit weitaufgesperrten Mäulern und aufgeblähten, weißen Nasenflügeln.

      Die Bootsleute nahmen aus einem Säckchen eine Handvoll Reis und fütterten damit die Bewohner des flüssigen Elements. Diese tauchten unter das Wasser, um ihre Portion in Ruhe verzehren zu können, kamen wieder hervor, erhielten eine neue Auflage, tauchten abermals unter und kamen so nahe an das Hnau heran, daß sie die Männer streicheln und liebkosen konnten.

      Das Spiel unterhielt mich, und ich versuchte es nachzuahmen. Mich über den Bootsrand beugend, lockte ich die Fische mit »Tet! Tet! Tet!« – und in der Tat, sie kamen heran und ließen sich auch von mir liebkosen.

      »Gefällt dir dieses Schauspiel?« fragte Meharamen.

      »Sehr.«

      »Und doch ist dies noch nichts gegen die Masse Fische, die hier im Frühjahre durchziehen; dann wird an einem von dem Kaiser festgesetzten

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