Die Heirath im Omnibus. Уилки Коллинз
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Mr. Sherwin begleitete mich bis an die Gartenthür, wo er mir eine letzte Verbeugung machte und mich dann fortgehen sah. So dicht auch die Atmosphäre der verliebten Illusion war, in welcher ich mich bewegte, so schauderte ich doch unwillkürlich, indem ich ihm seinen Gruß zurückgab, denn ich bedachte, daß dieser Mann mein Schwiegervater sein würde.
Zwölftes Kapitel
Je mehr ich mich unserem Hause näherte, einen desto größeren Widerwillen empfand ich, hier die kurze Zwischenzeit zuzubringen, welche meinen ersten Besuch bei Mr. Sherwin von dem zweiten trennen sollte. Indem ich den Fuß in die Gemächer setzte, verwandelte sich diese Furcht in eine Art geheimnißvolle Scheu.
Ich fühlte mich nicht aufge1egt, die Personen zu sehen, die mir die theuersten auf der Welt waren. Es war ein Trost für mich, zu erfahren, daß mein Vater ausgegangen war. Meine Schwester dagegen war zu Hause. Ein Diener sagte mir, daß sie in diesem Augenblicke in die Bibliothek gegangen sei, und fragte mich, ob er sie von meiner Rückkunft benachrichtigen solle. Ich verbot ihm, sie zu stören, da ich die Absicht hätte, sofort wieder auszugehen.
Ich trat in mein Arbeitscabinet und schrieb an Clara ein kleines Billet, in welchem ich ihr ganz einfach meldete, daß ich zwei Tage auf dem Lande zubringen würde.
Hierauf ging ich in den Stall und ließ unverzüglich mein Pferd satteln. Ich dachte nicht einmal darüber nach, welche Richtung ich einschlagen sollte. Seh war« bloß entschlossen, die zwei Tage, während welcher ich in Ungewißheit bleiben sollte, anderwärts als in unserem Hause zuzubringen und mich weit genug zu entfernen, um nicht in Versuchung zu kommen, das Versprechen, welches ich gegeben; Margarethen nicht zu sehen, zu brechen.
Sobald ich einmal im Sattel saß, überließ ich mein Pferd seinem Instincte und vertiefte mich in die Betrachtungen, wie sie mir durch meine Erinnerungen eine nach der andern an die Hand gegeben wurden.
Das Thier nahm die Richtung, welche es während unseres Verweilens in London am Häufigsten einzuschlagen gewohnt war, nämlich die nördliche Landstraße. Es w«ar schon eine halbe Meile über die letzten Vorstädte hinausgetrabt, als ich daran dachte, zu sehen, in welcher Gegend ich mich eigentlich befände.
Ich machte Halt, warf mein Pferd herum und galoppierte in südlicher Richtung weiter. Ich besaß weder, Muth noch Gleichgültigkeit genug, um an diesem Tage allein die Straße zu passieren, aus welcher Clara und ich so oft unsere Spazierritte gemacht hatten, und vielleicht an einem unserer Lieblingsplätze Halt zu machen.
So ritt ich in Einem Striche bis Ewell, wo ich zu übernachten beschloß. Das Abenddunkel hatte mich schon unterwegs ereilt und es wäre zwecklos gewesen, mein Pferd durch einen weiteren Ritt noch mehr zu ermüden.
Am nächstfolgenden Morgen war ich mit Sonnenaufgang auf den Füßen und brachte den größten Theil des Tages damit zu, daß ich Dörfer, Felder und Wiesen durchstrich.
Während der Nacht bemächtigten sich die Jdeen, die ich seit der letzten Woche aus meinem Gemüthe verbannt, wieder meiner Phantasie. Es waren dieselben düstern Ahnungen, welche den Geist ermüden und belästigen, gerade so wie der Körper zuweilen ein Leiden empfindet, welches ihn niederdrückt und dessen Sitz ungewiß ist.
Fern von Margarethen versuchte ich nicht einmal meine Energie zu Hilfe zu rufen, um gegen diesen moralischen Druck zu reagiren. Ich bemühte mich bloß, die Wirkung desselben durch unaufhörliche Thätigkeit zu neutralisieren. Bald im Schritte, bald im Galopp reitend, gelang es mir aber dennoch nicht, die Ermüdung des Geistes durch die des Körpers zu bändigen, und die Stunden verflossen. Was mir auf dem Herzen lastete, war nicht sowohl die Verpflichtung, das Ende der vorgeschriebenen Frist abzuwarten als vielmehr die Beengung, die ans den Winkelzügen und der gezwungenen Verstellung hervorging, zu der ich mich durch meinen Antrag selbst verurtheilt.
Diesen Abend verließ ich Ewell und machte mich auf den Weg nach Hause, wenigstens bis Richmond, wo ich ziemlich spät am Abende ankam, um hier die Nacht und den Morgens des dritten Tages zuzubringen. Nachchmittags kam ich nach London zurück und begab mich gegen fünf Uhr sofort nach der Nordvilla, ohne erst unser Haus zu betreten.
Derselbe Hang zur Niedergeschlagenheit verfolgte mich. Selbst der Anblick des Hauses in welchem Margarethe wohnte, selbst das Hevannahen der Unterredung, in, welcher mein Schicksal sich entscheiden sollte, war nicht im Stande, meinen Geist aufzurichten und mich aus der Lethargie, in die ich versunken war, zu rütteln.
Als mir dies Mal die Thür des Salons geöffnet ward, traf ich in demselben Master und Mistreß Sherwin, die mich erwarteten. Auf dem Tische, neben dem neu gebackenen Kuchen, stand der Sherry, der mir bei der vorigen Unterredung so wiederholt und dringend angeboten worden war.
Mistreß Sherwin schnitt den Kuchen, als ich eintrat, und ihr Gatte verfolgte die Operation mit kritischem Blicke. Ich sah, wie die mageren, wachsartigen Finges der armen Frau zitterten, indem sie unter dem Blicke ihres Gatten das Messer führte.
»Sehr erfreut, Sie zu sehen, mein werther Herr,« sagte Mr. Sherwin mit gastfreundlichem Lächeln und indem er mir die Hand bot. »Erlauben Sie mir, Ihnen meine bessere Hälfte, Mistreß Sheriwin, vorzustellen.«
Die »bessere Hälfte« erhob sich wie plötzlich aus dem Schlafe auffahrend und machte mir eine Verbeugung, indem sie das Messer in dem Kuchen stecken ließ.
Mr. Sherwin warf ihr sofort einen strengen Blick zu, zog rasch und ungeduldig das Messer aus dem Kuchen und legte es auf den Teller.
Die arme Mistreß Sheriwin! An dem Tage, wo sie mit ihrer Tochter in den Omnibus gestiegen war, hatte ich sie kaum beachtet, und es war, als wenn ich sie jetzt zum ersten Male sähe.
Die Frauen besitzen von Natur weit mehr als die Männer die Gabe, ihre Gemüthsbewegungen mitzutheilen. Eine glückliche Frau verbreitet auf geheimnißvolle Weise die Ausstrahlungen ihres Glückes um sich her und übt einen Einfluß, der sich mit dem eines schönen sonnen hellen Tages vergleichen läßt.
Dagegen ist es eben so wahr, daß die Melancholie eines melancholischen Weibes unabänderlich ansteckend ist, selbst in ihrem Schweigen, und Mistreß Sherwin war eine Frau dieser Art. Ihre krankhaft blasse Gesichtsfarbe, ihre großen, feuchten, sanften ünd hellblauen Augen, ihre schüchterne, unruhige, furchtsame Haltung, das Gemisch von Zögern und krampfhafter unwillkürlicher Lebhaftigkeit, welches sich in jeder ihrer Bewegungen kundgab – alles Dies waren eben so viele Symptome, welche ein Leben des Zwanges und unaufhörlicher Furcht verriethen, eben so wie einen schwachen, bescheidenen Charakter, obschon derselbe erfüllt sein konnte von edelmüthigen Bestrebungen, die nun verdammt waren, im Schatten eines eingeschüchterten Gewissens zu zittern.
Hier, in diesem Gesichte mit den hohlen Zügen und von durchsichtiger Sanftmuth, in diesen peinlichen Zuckungen und in der gleichsam ruckweisen Lebhaftigteit ihrer Bewegungen, in dem Tone dieser matten, zitternden Stimme entdeckte ich eins jener so ergreifenden Dramen des Herzens, welche steh nicht beschreiben lassen, die aber Scene um Scene und Jahr für Jahr auf dem geheimen Theater des häuslichen Herdes aufgeführt werden; Dramen die ihren Verlauf in dem Dunkel haben, welches immer dichter wird, so wie der Tod langsam, Falte für Falte und Tag für Tag den schwarzen Vorhang fallen läßt, hinter welchem Alles verschwindet.
»Wir haben seit einigen Tagen recht schönes Wetter, Sir,« sagte Mistreß Sherwin mit so schwacher Stimme, daß man sie kaum hörte und indem sie fortwährend aus ihren Gatten einen Blick heftete, dessen unruhiger Ausdruck wahrhaft Mitleid erregend war, als ob sie sich hätte überzeugen wollen, daß es ihr erlaubt sei, diesen wahrhaft erbärmlichen Gemeinplaß zu äußern. »Sehr schönes Wetter, das