Die Heirath im Omnibus. Уилки Коллинз
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»In den Büchern, Sir,« antwortete er, in dem er auf eins der in Maroquin gebundenen auf dem Tische liegenden Bücher tippte. Dabei lächelte er.
Es war ein seltsames, gleichzeitig ehrerbietiges blind sarkastisches Lächeln.
»Sie würden vielleicht weniger geneigt sein, zu lachen, wenn ich Sie bäte, mich anzusehen, um Ihnen zu beweisen« daß so Etwas, was man Liebe auf den ersten Blick nennt, nicht bloß in den Büchern vorkommt. Ohne jedoch jetzt weiteres Gewicht auf diesen Umstand zu legen, halte ich es für meine Pflicht, Ihnen rund heraus und aufrichtig zu erklären, daß der Anblick Miß Sherwin’s sofort einen solchen Eindruck auf mich gemacht hat, daß ich von Stund’ an nach dem Glücke trachtete, ihre Bekanntschaft zu machen, und um Ihnen Nichts zu verschweigen, gestehe ich Ihnen, daß ich ihre Wohnung dadurch entdeckt habe, daß ich ihr bis an dieses Haus nachschlich.«
»Ja der That, Sir, erlauben Sie mir, Ihnen zu sagen – bei meiner Seele, das ist –« »Ich bitte Sie, mich ausreden zu lassen, Mr. Sherwin Mein Benehmen, davon bin ich überzeugt, wird Ihnen nicht tadelnswerth erscheinen, wenn Sie die Güte haben, mich zu Ende zu hören.«
Er murmelte etwas Unverständliches – seine Gesichtsfarbe ward noch gelber – er ließ meine in tausend Brocken zerknitterte Karte fallen und fuhr sich mit der Hand rasch durch das Haar, so daß es beinahe wie eine Bürste von seiner Stirn emporstand, während die Nerven seines Gesichts heftiger als je zuckten und er mich mit einem gleichzeitig widrigen und unheimlichen Gesichtsausdrucke ansah.
Ich sah, daß es vergeblich sein würde, mit ihm so zu verfahren, wie ich einem Manne aus der guten Gesellschaft gegenüber gethan haben würde. Augenscheinlich hatten die zarten, schonenden Wendungen, von denen ich bis jetzt in meinen Worten Gebrauch gemacht, nur dazu gedient, ihn die plumpesten und gemeinsten Vermuthungen fassen zu lassen.
Ich änderte daher meinen Plan und ging direct aus die Frage ein – aus unser »Geschäft,« wie er es genannt hatte.
»Ich hätte mich, deutlicher erklären sollen, Mr. Sherwin. Vielleicht hätte ich Ihnen gleich anfangs sagen sahen, daß ich komme; um – um –«
Ich wollte sagen : »um bei Ihnen um die Hand Ihrer Tochter anzuhalten,« aber so vergeßlich in Bezug auf mich selbst hatte die Liebe mich gemacht, daß in diesem Augenblicke der Gedanke an meinen Vater mich durchzuckte, so daß jene Worte nicht über meine Lippen wollten.
«Nun, Sir, warum denn? warum denn?«
Der Ton, in welchem dies gesagt ward, war so schroff, ich möchte fast sagen, so insolent, daß er in mir eine»Reaction zu Wege brachte, und sofort war ich wieder im Besitze meiner vollständigen Selbstbeherrschung.
»Um Sie, Mr. Sherwin, um die Erlaubniß zu bitten, Ihrer Tochter meine Huldigungen darbringen zu dürfen.«
Und um mich noch verständlicher zu machen, setzte ich hinzu:
»Und um ihre Hand anzuhalten«
Die Worte waren gesprochen. Mein Herz pochte gewaltig; ich fühlte, daß ich bleich ward. Wenn selbst es von mir abgehangen hätte, aus das, was ich so eben gesagt, zurückzukommen, so würde mir doch der Wille dazu gefehlt haben. Dennoch aber zitterte ich wider Willen, indem ich den ersten und entscheidenden Schritt in diesem gewagten Spiele, das ich unternommen, that, indem ich in geeignetes und gewöhnlichen Ausdrücken den Wunsch aussprach, den ich bis jetzt in meinen wonnigen Träumen gehegt, die von nun an aufhörten, nur mir bekannt zu sein.
»Mein Himmel« rief Mr. Sherwin, indem er sich kerzengerad an der Lehne seines Stuhles emporrichtete und mich mit so überraschter Miene ansah, daß seine beweglichen, zuckenden Züge einen Augenblick lang das Bild der Ruhe darboten; »Himmel, das ist ja etwas ganz Anderes – das ist sehr erfreulich! Ich fühle mich sehr geschmeichelt, mein werther Herr; denn vorhin fing ich an zu glauben, Sie würden mir den Vorschlag machen – Sie wissen schon! Die jungen Herren des Standes, welchem Sie angehören, setzen sich zuweilen Ideen in den Kopf, die in Bezug auf die Frauen und Töchter der Leute, die sich nicht als ihres Gleichen betrachten können, sehr frei und ungeniert sind. Aber darum handelt es sich also nicht. Ich Dummkopf! Ich bitte Sie, gestatten Sie mir, Ihnen nochmals ein Glas Wein anzubieten – Sie wollen durchaus nicht? Gut. – Also meine Tochter hat einen solchen Eindruck auf Sie gemacht – in der That, dies rührt mich. Sie haben aber wohl noch gar nicht mit ihr gesprochen?«
»O ja,»sagte ich die Augen niederschlagend.
»So so! Das sollte ich Ihnen eigentlich übel nehmen, aber man muß sich in die Dinge zu schicken wissen. Meine Tochter verdient aber auch Ihre Bewunderung – sie verdient sie wirklich.«
«Niemand ist davon mehr überzeugt als ich, Mr. Sherwin. Jetzt muß ich Sie bitten, mir Ihre Aufmerksamkeit noch ein wenig länger zu« schenken, denn ich muß Ihnen erklären in welche ungewöhnliche Stellung ich mich versetze, indem ich diesen Antrag an Sie richte.«
»Ja. ja«
Er neigte sich wieder mit dem Kopfe vorwärts und sein Gesicht gewann einen durch dringenderen und schlaueren Ausdruck als je.
»Ich habe Ihnen schon mitgetheilt, Mr. Sheriwin, daß ich es möglich gemacht habe, mit Ihrer Tochter zu sprechen, ja, sogar zwei Mal mit ihr zusprechen; Ich habe ihr als ehrlicher Mann meine Erklärung gemacht, und sie hat sie mit jener Bescheidenheit und jenem vollkommenen Anstande des Tones und der Manieren aufgenommen, den ich von ihr erwartete, und welchen die vornehmste Dame der Erde nicht auf bessere Weise hätte an den Tag legen können.«
Mr. Sherwin drehte sich nach dem an der Wand hängenden Bildnisse der Königin herum, dann suchten seine Augen die meinigen und er machte eine feierliche Verneigung mit dem Kopfe.
»Obschon sie,« fuhr ich fort, »mir kein einziges Wort gesagt hat, welches geeignet wäre, mich zu ermuthigen, so glaube ich doch ohne Anmaßung hoffen zu können. daß mehr das wohlverstandene Gefühl ihrer Pflicht als eine Abneigung gegen mich sie bewogen hat, so zu sprechen.«
»Ja, ja, ich verstehe; ich habe ihr die bewundernswürdigsten Grundsätze eingeprägt. Sie würde Nichts thun, ohne vorher meine Einwilligung erlangt zu haben, das versteht sich von selbst.«
»Ohne Zweifel ist dies einer von den Gründen, welche sie gehabt hat, mich so zu empfangen, wie sie gethan. Es ist aber auch noch ein andrer vorhanden, den sie mir auf die bestimmteste Weise entgegengestellt hat – die Ungleichheit unsres Standes.«
»Ah, davon hat sie also gesprochen! Sie hat daran gedacht! Das steht zu erwägen. Sie hat hierin eine Schwierigkeit gesehen. Ohne Zweifel, ohne Zweifel! Es find das ganz vortreffliche Grundsätze, mein Herr. Gott sei Dank, meine Tochter hat vortreffliche Grundsätze.«
»Ich brauche Ihnen wohl kaum zu sagen, Mr. Sherwin, wie ich das zarte Ehrgefühl zu würdigen weiß, welches Ihre Tochter durch diesen Einwand bethätigt hat: Was mich natürlich persönlich betrifft, so ist der Einwand so gut wie keiner, das werden Sie leicht begreifen. Von Miß Sherwin hängt das Glück meines ganzen Lebens ab. Die Schönheit und die Herzensgüte des Weibes, welches wir lieben sind Eigenschaften, die wir Höher stellen als alle anderen. Was mich betrifft, so besteht das größte Glück, welches ich mir denken kann, darin, Ihre Tochter meine Gattin zu nennen. Dies habe ich, ihr gesagt und ihr zugleich angedeutet, daß ich hierüber mit Ihnen– sprechen würde. Sie hat Nichts dagegen eingewendet, und deswegen bin ich, glaube ich, zu entschuldigen, wenn ich denke, daß, wenn Sie durch Ihre väterliche Autorität die Bedenklichkeiten Ihrer Tochter