Die Heirath im Omnibus. Уилки Коллинз

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Die Heirath im Omnibus - Уилки Коллинз

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Kapitel

      In der Nordvilla angelangt, ward ich in ein Gemach geführt, welches, wie ich vermuthete, der Salon war.

      Alles war hier so neu, daß es unangenehm berührte. Die Thür mit ihrem frischen glänzenden Firnißanstriche öffnete sich mit einem Knarren, welches einem Pistolenschusse zu vergleichen war. Die Tapete mit ihren blendenden Malereien und vergoldeten rothen und grünen Blumen schien noch nicht trocken zu sein. Die pomphaften weißen und himmelblauen Vorhänge und der noch pomphaftere gelbwollene Teppich schienen erst am Abende vorher aus dem Magazin geholt worden zu fein. Der runde Tisch von Rosenholz war so blank polirt, daß Einem die Augen wehthaten.

      Die illustrirten Bücher in Maroquinband, die man hier aufgestellt sah, schienen niemals von ihrer« Stelle entfernt, ja seit ihrem Ankaufe nicht ein einziges Mal geöffnet worden zu sein. Die auf dem Piano liegenden Musikalien waren ebenfalls neu, und keine Spur verrieth, daß man sich ihrer jemals bedient hatte.

      Kein reich möblirtes Zimmer wäre geeigneter gewesen, einen Menschen, der seine Bequemlichkeit liebt, zur Verzweiflung zu bringen. Das Auge ward nach allen Richtungen hin peinlich berührt und fand nirgends einen Ruhepunkt.

      Es– gab keinen einzigen schattigen, verschwiegenen Winkel, der zwischen diesen glänzenden und funkelnden vier Wänden zur Ruhe eingeladen hätte. Alle hier den Beschauer umgebenden Gegenstände schienen in die Augen zu springen und ihm näher zu sein als sie wirklich waren. Ein nervenschwacher Mensch wäre keine Viertelstunde in diesem Zimmer geblieben, ohne Kopfschmerzen zu bekommen.

      Ich brauchte nicht lange zu warten. Ein abermaliges lautes Knarren der neuen Thür verkündete mir den Eintritt Mr. Sherwin’s in eigener Person.

      Er war ein langer, hagerer Mann, mit ziemlich krummen Schultern und schwachen Beinen, welchen Uebelstand er durch die Weite seiner Beinkleider zu verdecken suchte.

      Er trug ein weißes Halstuch und einen übermäßig hohen Hemdkragen. Seine Gesichtsfarbe war fahl, die Augen klein, schwarz, funkelnd und immer in Bewegung.

      Ueberhaupt waren alle seine Gesichtszüge in ganz eigenthümlicher Weise beweglich und mit krampfhaften Zuckungen behaftet, welche Stirn, Mund und Wangenmuskeln von oben nach unten und nach allen andern Richtungen hin zerrten. Sein Haar war schwarz gewesen, gewann aber jetzt allmählich eine eisengraue Farbe. Es war sehr trocken, sehr stark und borstig, und ragte fast horizontal über die Stirn hervor.

      Eine der besondern Angewohnheiten dieses Mannes bestand darin, daß er sein Haar nöthigte, diese Richtung anzunehmen, indem er von Zeit zu Zeit wüthend mit den Fingern darin herumfuhr. Seine Lippen waren schmal, farbloß und von zahlreichen Falten umgeben.

      Wenn ich ihn unter gewöhnlichen Umständen gesehen hätte, so würde ich gleich aus den ersten Blick. der Meinung gewesen sein, daß er ein Mann von sehr beschränktem Verstande sei. Ein kleinlicher Mann in seiner kleinen Sphäre gegen Alle, die von ihm abhängig waren – ein niedriger Schmeichler alles Dessen, was in Bezug auf Vermögen und Rang über ihm stand; ein überzeugter Anhänger der herkömmlichen Theorieen in Bezug auf sociale Respectabilität – ein Mann von unerschütterlichem Glauben an seine eigne Unfehlbarkeit beseelt.

      Jedoch, er war Margarethens Vater, und ich hatte mir einmal vorgenommen, ihn nach meinem Geschmacke zu finden.

      Er begrüßte mich mit übertriebener Höflichkeit, näherte sich dem Fenster, um hinauszusehen, machte, als er den Wagen sah, der mich vor seiner Thür erwartete mir eine zweite ehrerbietige Verbeugung und wollte mich durchaus mit seinen eignen Händen meines Hutes entledigen.

      Nachdem er dies gethan, schneuzte er sich und fragte mich, was er thun könne, um mir angenehm zu sein.

      Ich empfand eine gewisse Verlegenheit, wie ich das Gespräch eröffnen sollte. Dennoch aber durfte ich ihn nicht lange auf eine Antwort warten lassen. Ich begann damit, daß ich mich entschuldigte.

      »Ich fürchte, Mr. Sherwin, daß Sie meinen Schritt als den eines Fremdlings, der ich für Sie bin –«

      »Nun, ein Fremdling sind Sie eigentlich nicht für mich, wenn ich mir erlauben darf, diese Bemerkung zu machen.«

      »Wirklich nicht?«

      »Ich habe das große Vergnügen, den seltenen Genuß und, wie ich wohl sagen kann, die ausgezeichnete Ehre gehabt, voriges Jahr, während Ihre Familie von London abwesend war, Ihre Stadtwohnung in Augenschein nehmen zu dürfen. In der That ein sehr schönes Haus! Ich hatte Gelegenheit, die Bekanntschaft des Intendanten Ihres Herrn Vaters zu machen, und er hatte die Güte, mich in allen Zimmern herumzuführen. Es ist wirklich interessant, so Etwas zu sehen. Die Möbels, die Draperieen und alles Uebrige war im höchsten Grade geschmackvoll und trefflich arrangiert. Und die Gemälde – einige davon gehören zur Zahl der schönsten, die ich jemals gesehen. Ich war ganz entzückt – förmlich hingerissen!«

      Sein Sprachorgan war ein dumpfes und seine Aussprache, besonders bei gewissen Worten, eine auffallend schleppende. Die Nerven seines Gesichts hörten nicht auf zu zucken, eben so wenig als seine Augen zu blinzeln, während er mit mir sprach.

      In dem Zustande von Aufregung und Verlegenheit, in welchem ich mich befand, hatte diese Angewohnheit für mich etwas Störendes und brachte mich mehr aus der Fassung, als ich zu sagen wage.

      Ich hätte Alles in der Welt darum gegeben, wenn; er mir den Rücken gekehrt und Zeit gelassen hätte, wieder das Wort zu ergreifen.

      »Ich freue mich, zu hören, daß meine Familie und mein Name Ihnen nicht unbekannt sind, Mr. Sherwin, hob ich wieder an. »In Folge dieses Umstandes fühle ich mich ermuthigt, Sie ohne weitere Umschweife von dem Zwecke meines Besuchs in Kenntniß zu setzen«.

      »Ja wohl, ja wohl; kann ich Ihnen mit Etwas dienen? Mit einem Glase Sherry, oder –«

      »Ich danke,. ich danke, Mr. Sherwin. Vor allen Dingen muß ich Ihnen sagen, daß ich Gründe habe, zu wünschen, daß die Eröffnung, welche ich Ihnen zu machen habe, wie Sie dieselbe auch ausnehmen mögen, als eine streng vertrauliche betrachtet werde. Kann ich überzeugt sein, daß ich in dieser Beziehung von Ihrer Gefälligkeit nicht zu viel verlange?«

      »Versteht sich – versteht sich – die unbedingteste Verschwiegenheit Rechnen Sie darauf. Fahren Sie fort, wenn ich bitten darf«

      Er rückte mir mit seinem Stuhle ein wenig näher. Trotz des Zuckens seiner Gesichtsmuskeln und des Blinzelns seiner Augen erkannte ich in seinem Gesichte den Ausdruck der Neugierde und einer Verschmitztheit die auf ihrer Hut ist.

      Er hielt meine Karte zwischen den Fingern und rollte sie unaufhörlich zusammen und wieder aus, denn die Ungeduld, zu wissen, was ich ihm zu sagen hätte, ließ ihm keine Ruhe.

      »Ich muß Sie« auch bitten, sich nicht eher auszusprechen, als bis Sie mich zu Ende gehört haben. Vielleicht wären Sie von vorn herein geneigt, mich ungünstig zu beurtheilen – Kurz, Mr. Sherwin, ohne weitere Einleitung, mein Besuch betrifft Ihre Fräulein Tochter, Miß Margarethe Sherwin.«

      »Meine Tochter, Meine Margarethe – bei meiner Seele, das hätte ich nicht gedacht!««

      Er schwieg, halb außer Atem, neigte den Kopf vorwärts nach mir zu und zerzauste meine Karte in ganz kleine Stückchen.

      »Es ist ungefähr eine Woche her,« fuhr ich fort, »so begegnete ich Miß Sherwin zufällig in einem Omnibus Sie war von einer älteren Dame begleitet –«

      »Von meiner Frau,« sagte er, indem er mit der Hand eine ungeduldige Geberde machte, als ob Mistreß Sherwin ein unbedeutendes Hinderniß für unsre Conversation

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