Mann und Weib. Уилки Коллинз

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Mann und Weib - Уилки Коллинз

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der Jahre, die wir jetzt an uns vorüberziehen lassen, durch zwei wichtige Ereignisse unterbrochen. Im Jahre 1858 brachte die Ankunft Sir Thomas Lundie’s neues Leben in das Haus, und im Jahre 1865 wurde der Haushalt in Folge der Rückkehr Sir Thomas Lundie’s nach Indien in Begleitung seiner Frau ganz aufgehoben.

      Lady Lundie’s Gesundheit war seit einiger Zeit schwankend geworden. Die zu Rathe gezogenen Aerzte erklärten, zufällig gerade zu der Zeit, wo Sir Thomas wieder nach Indien zurückkehren mußte, daß eine Seereise gerade das geeignete Mittel sei, die Kräfte ihrer Patientin wiederherzustellen. Um seiner Frau willen fand sich Sir Thomas bereit, seine Rückkehr zu verschieben, um die Seereise mit ihr machen zu können.

      Die einzige Schwierigkeit, die bei dieser Reise zu überwinden war, bestand darin, daß man Blanche und Anne während der Zeit in England zurücklassen mußte.

      Die Aerzte hatten nämlich erklärt, daß sie es nicht für gerathen halten könnten, Blanche in dem kritischen Zeitpunkt ihrer Entwickelung mit ihrer Mutter nach Indien zurückkehren zu lassen. Gleichzeitig erboten sich nahe und liebe Verwandte, freundschaftlichst bereit, Blanche und ihre Erzieherin bei sich aufzunehmen, während sich Sir Thomas seinerseits verpflichtete seine Frau in anderthalb, höchstens zwei Jahren nach England zurückzubringen. Von allen Seiten bestürmt, mußte Lady Lundie endlich ihre Abneigung, die Mädchen zu verlassen, überwinden Sie entschloß sich zu der Reise mit schwerem Herzen und sorgenvollen Gedanken an die Zukunft.

      Im letzten Augenblick nahm sie Anne Silvester mit sich in einen Winkel des Zimmers, wo Niemand von den Anwesenden sie hören konnte. Anne war jetzt zweiundzwanzig, Blanche fünfzehn Jahr alt.

      »Mein liebes Kind«, sagte sie ruhig, »ich muß Dir etwas anvertrauen, was ich meinem Mann nicht sagen kann, und was ich mich Blanche zusagen scheue. Ich verlasse Euch mit schlimmen Ahnungen. Ich fühle, daß ich nicht wieder nach England zurückkehren werde, und ich glaube, mein Mann wird sich nach meinem Tode wieder verheirathen. Vor Jahren war Deine Mutter auf ihrem Totenbett besorgt für Deine Zukunft, jetzt bin ich für Blanches Zukunft besorgt. Damals versprach ich meiner theuren verstorbenen Freundin, daß ich für Dich wie für mein eigenes Kind sorgen wolle, und das beruhigte sie. Beruhige Du jetzt mich, Anne, vor meiner Abreise. Was auch im Lauf der Zeit geschehen möge, versprich mir, immer für Blanche zu sein, was Du ihr jetzt bist, eine Schwester.« Zum legten Male reichte sie ihr die Hand. Mit ganzer Innigkeit küßte Arme Silvester diese Hand und versprach es.

      IX

      Zwei Monate später war eine der bösen Ahnungen, die auf Lady Lundie’s Gemüth gelastet hatten, in Erfüllung gegangen. Sie starb während der Reise und fand ihr Grab in der kalten See.

      Ein Jahr später hatte sich auch ihre zweite Befürchtung bestätigt. Sir Thomas Lundie verheirathete sich zum zweiten Mal. Gegen Ende des Jahres 1866 kam er mit seiner zweiten Frau nach England zurück.

      Das Leben schien in dem neuen Haushalt ebenso ruhig wie in dem alten verlaufen zu sollen. Sir Thomas ehrte das Vertrauen, das seine erste Frau auf Anne gesetzt hatte. Die neue Lady Lundie richtete ihr Benehmen in dieser Angelegenheit kluger Weise nach dem ihres Mannes und ließ die Dinge, wie sie dieselben in dem neuen Hause fand. Im Beginn des Jahres 1867 war das Verhältniß zwischen Anne und Blanche das zweier mit inniger Zuneigung aneinanderhängender Schwestern. Die Aussichten in die Zukunft waren die freundlichsten.

      Von den mit dem Trauerspiel, das vor zwölf Jahren in der Villa in Hampstead gespielt hatte, verknüpften Personen waren um diese Zeit drei bereits gestorben, und eine in freiwilliger Verbannung im Auslande. In England lebten nur noch Anne und Blanche, die damals Kinder gewesen waren, und der Advocat, der die Ungültigkeit der irischen Heirath entdeckt hatte. – damals Mr. Delamayn, jetzt Lord Holchester.

      Ende des Vorspiels.

      Die Erzählung

      Der Garten-Pavillon

       Erstes Kapitel.

      Die Eulen

      Im Frühling des Jahres 1868 lebten in einer schottischen Grafschaft zwei ehrwürdige weiße Eulen.

      Sie bewohnten einen verfallenen und verlassenen Garten-Pavillon. Dieser stand in einem Garten, der zu einem unter dem Namen Windygates bekannten Landsitz in Perthshire gehörte.

      Windygates lag nach der wohlüberlegten Wahl des Erbauers in jenem Theil der Grafschaft, wo die fruchtbare Ebene in hügeliches Land überzugehen anfängt. Das Herrenhaus war mit Umsicht erbaut und prächtig eingerichtet. Die Ställe waren ein Muster von lustiger Geräumigkeit, und Garten und Park waren eines fürstlichen Besitzers würdig.

      Trotz dieser ausgezeichneten Vorzüge gerieth Windygates nicht lange nach seiner Erbauung in Verfall. Der Fluch eines Prozesses lag auf dem Hause und den dazu gehörigen Ländereien. Länger als zehn Jahre umfing ein endloser Rechtsstreit den Landsitz enger und enger mit seinen unbarmherzigen Armen und machte denselben nicht nur unbewohnbar, sondern auch völlig unnahbar. Das Haus war geschlossen. Der Garten wurde zu einer von üppigem Unkraut überwucherten Wildniß. Der Garten-Pavillon ward von Schlingpflanzen fast erdrückt und den Schlingpflanzen folgten die Nachtvögel.

      Jahrelang lebten die Eulen ungestört auf dem Grund und Boden, den sie kraft des ältesten aller bestehenden Rechte, der Besitzergreifung, erworben hatten. Den Tag über saßen sie in feierlichem Schweigen mit geschlossenen Augen in dem kühlen Dunkel, mit welchem der Epheu sie umgab. Mit Anbruch der Dämmerung gingen sie auf ihr eigentliches Geschäft. In weiser Verbrüderung flogen sie geräuschlos über die friedlichen Gartenwege hin, sich den Stoff für ihre Mahlzeit zu suchen. Einmal jagten sie wie ein Hühnerhund über ein Feld hin und stürzten sich auf eine nichts Böses ahnende Maus; ein andermal flogen sie zur Abwechselung gespensterhaft über die schwarze Oberfläche eines Teiches hin und erbeuteten einen Barsch. In ihrer Nahrung nicht wählerisch, nahmen sie auch mit Ratten und Insecten fürlieb; es gab aber Momente, stolze Momente in ihrem Leben, wo sie einen schlafenden Vogel zu fangen wußten. In solchen Fällen erfüllte sie das Gefühl der Ueberlegenheit über die kleinen Vögel, welches die großen überall empfinden, mit einem Behagen, dem sie durch heiseres Gekreisch in der Stille der Nacht Ausdruck gaben.

      So verlebten die Eulen Jahre lang die Tage in glücklichem Schlaf, die Nächte in Erbeutung ihrer Nahrungsmittel. Sie hatten sich gleichzeitig mit den Schlingpflanzen in den Besitz des Garten-Pavillons gesetzt, folglich bildeten die Schlingpflanzen einen wesentlichen Bestandtheil der Verfassung des Garten-Pavillons, und folglich waren die Eulen die Wächter dieser Verfassung. Es giebt menschliche Eulen, die ebenso raisonniren, wie unsere Nachtvögel, und die ihnen nicht nur in dieser Beziehung, sondern auch in Betreff des Schnappens nach kleineren schlafenden Vögeln wunderbar gleichen.

      Die Verfassung des Garten-Pavillons hatte bis zum Frühjahr 1868 bestanden, als sich plötzlich die ruchlosen Tritte der Neuerung dem Platze näherten, und die ehrwürdigen Privilegien der Eulen zum ersten Mal einen Angriff erfuhren.

      Uneingeladen erschienen zwei ungefiederte zweibeinige Wesen an den Pforten des Garten-Pavillons, nahmen die verfassungsmäßigen Schlingpflanzen in Augenschein und sprachen zu einander: »Die Schlingpflanzen da müssen herunter,« blickten in das entsetzliche Tageslicht und sprachen: »das muß hineindringen,« kamen überein, daß das morgen geschehen müsse und gingen wieder fort.

      Und die Eulen sprachen: »Haben wir das Sommerhaus darum Jahrelang mit unserer Gegenwart beehrt, daß das entsetzliche Tageslicht nun doch endlich auf uns eindringe? Mylords und meine Herren vom Hause der Gemeinen, die Verfassung ist in ihren Grundfesten erschüttert!«

      Sie faßte eine Resolution in diesem Sinn, wie es bei ihresgleichen gebräuchlich ist. Und darauf schlossen sie in dem Bewußtsein treuer Pflichterfüllung

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