Mann und Weib. Уилки Коллинз
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Lady Jane überreichte dem Advokaten den Trauschein.
»Beantworten Sie mir bitte«, sagte sie ungeduldig, »kurz die Frage, was bedeutet dieser Schein?«
»Ganz kurz, gnädige Frau«, antwortete Delamayn, »dieser Schein ist ein werthloses Stück Papier.«
»Er ist also nicht verheirathet?«
»Nicht verheirathet.«
Nach einer kurzen Pause warf Lady Jane der schweigend neben ihr stehenden Mrs. Vanborough einen durchdringenden Blick zu und fuhr entsetzt zurück. »Bringen Sie mich fort«, rief sie mit dem Ausdruck des Schauders vor dem geisterhaft bleichen Antlitz mit den starren unheimlich funkelnden Augen, das ihr gegenüber stand. »Bringen Sie mich fort von hier, das Weib will mir an’s Leben!«
Mr. Vanborough reichte ihr seinen Arm und führte sie hinaus. Im Zimmer herrschte Todtenstille. Mrs Vanborough folgte den Fortgehenden mit demselben furchtbar starren Blick, bis sich die Thür hinter ihnen schloß. Der Advokat, der sich nun mit der verleugneten und verlassenen Frau allein befand, legte den werthlosen Schein schweigend auf den Tisch. Eine kurze Weile hatte sie abwechselnd auf den Schein und auf ihn geblickt, als sie plötzlich, ohne einen Schrei auszustoßen und ohne daß sie einen Versuch gemacht hätte, sich aufrecht zu erhalten, bewußtlos dicht vor ihm zu Boden sank.
Er hob sie auf und legte sie, in der Erwartung, daß Vanborough gleich wieder kommen werde, auf das Sopha. Bei dem Anblick ihres, noch in diesem Zustande der Bewußtlosigkeit schönen Gesichts, mußte selbst dieser Mann in seiner unerschütterlichen Kälte sich gestehen, daß ein hartes Schicksal diese Frau betroffen habe.
Aber die Verantwortlichkeit dafür hatte allein das Gesetz zu tragen.
Draußen ließ sich das Rollen eines Wagens vernehmen. Lady Jane fuhr weg. Delamayn fragte sich, ob der Mann dieser unglücklichen Frau zurückkommen werde; der Mann dieser Frau! So mächtig ist die Gewohnheit, selbst Delamayn sah trotz des Gesetzes und des eben Vorgefallenen noch immer in Vanborough den Mann dieser Frau.
Aber er kam nicht! Eine Minute nach der andern verging und noch immer erschien er nicht.
Es schien nicht gerathen, das Haus zu arlarmiren. Nur ungern mochte er allein die Verantwortlichkeit dafür übernehmem daß die Dienstboten von Dem, was vorgefallen war, Kenntniß erhielten. Aber noch immer lag sie bewußtlos da. Die kühle Abendluft drang durch das geöffnete Fenster in’s Zimmer und bewegte die leichten Bänder ihrer Spitzenhaube und die kleine Haarlocke, die sich gelöst hatte und auf den Hals herabhing. Da lag sie, das Weib, das Vanborough geliebt hatte, die Mutter seines Kindes.
Endlich mußte Delamayn sich entschließen, Hilfe herbeizurufen. Aber in dem Augenblick, wo er sich anschickte, die Glocke zu ziehen, wurde die Stille dieses Sommerabends noch einmal unterbrochen. Wieder ließ sich das Rolleii eines Wagens vernehmen, der sich rasch dein Hause näherte und plötzlich hielt.
War es Lady Jane, die zurückkam?
War es Vanborough?«
Die Hausglocke wurde stark angezogen, die Thür öffnete sich rasch und das Rauschen weiblicher Kleidung ließ sich auf dem Corridor vernehmen. Die Thür des Zimmers öffnete sich und eine Dame trat ein. Nicht Lady Jane, sondern eine Fremde, die um viele Jahre älter war, als Lady Jane. Eine Frau, die vielleicht zu andern Zeiten häßlich erschienen wäre, die aber jetzt in der Freude, die ihr Gesicht. verklärte, fast schön aussah.
Bei dem Anblick der bewußtlosen Gestalt auf dem Sopha eilte sie mit einem Schrei des Entsetzens auf dieselbe zu. Sie sank auf die Knie, drückte. das hilflose Haupt an ihr Herz und bedeckte die kalten, bleichen Wangen mit schwesterlichen Küssen.
»O, mein Herz!« rief sie, müssen wir uns so wiedersehen?«
Ja, nach den langen, seit dem Abschiede in der Schiffskajüte verflossenen Jahren, sahen sich die beiden Schulfreundinnen zum ersten Male so wieder.
Zweiter Theil.
Der Gang der Ereignisse
V
Das Vorspiel geht von dem Zeitpunkt der zuletzt geschilderten Begebenheiten im Sommer 1855 zu einem zwölf Jahre späteren Zeitpunkt über, nachdem die Erlebnisse der mit dem Trauerspiel in der Villa zu Hampstead verknüpften Personen rasch vor den Augen des Lesers vorüber geführt sind, und derselbe bis an die Schwelle der Erzählung, die im Frühjahr 1868 beginnt, geleitet sein wird.
Zu melden ist zunächst die Verheirathung des Mr. Vanborough mit Lady Jane Parnell. – — Drei Monate nach jenem denkwürdigen Tage konnte Vanborough, nachdem er von seinem Advokaten die Gewißheit erlangt hatte, daß er ein freier Mann sei und daß die Gesetzgebung Großbritanniens seinen schmählichen Verrath sanctionire, die Frau, deren Besitz er erstrebt hatte, sein eigen nennen.
Er wurde in’s Parlament gewählt, er gab, Dank der Stellung seiner Frau, sechs der größten Diners und zwei der fashionabelsten Bälle in der Saison; seine erste Rede im Unterhause wurde beifällig aufgenommen; er stiftete eine Kirche in einer armen Gegend der Nachbarschaft; er schrieb einen Artikel in einer Vierteljahrsschrift, der die allgemeine Aufmerksamkeit aus sich zog; er entdeckte und denuncirte einen schreienden Mißbrauch in der Verwaltung einer öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalt und bewirkte dessen Abstellung; er konnte – ebenfalls Dank der Stellung seiner Frau – während der Herbstferien auf seinem Landhause unter seinen Gästen ein Mitglied der königlichen Familie begrüßen. Das waren seine Triumphe, das seine Fortschritte auf dem Wege zum Oberhause während der ersten Jahre seiner Ehe mit Lady Jane.
Es gab nur noch eine Gunst, welche das Glück seinem Schooßkind gewähren konnte, und auch diese Gunst gewährte es ihm. So lange die Frau, die er verleugnet und verlassen hatte, am Leben war, haftete ein Makel an Vanborough’s vergangenem Leben. Gegen Ende des ersten Jahres aber starb diese Frau und der Makel war getilgt.
Sie hatte die ihr angethane schimpfliche Beleidigung mit seltener Geduld, mit bewundernswerthem Muthe hingenommen. Man darf Vanborough die Anerkennung nicht versagen, daß er ihr Herz unter strengster Beobachtung der Gebote der Schicklichkeit brach. Er ließ ihr durch seinen Advokaten ein sehr anständiges Jahrgehalt für sie und ihre Tochter anbieten. Sie lehnte das Anerbieten, ohne sich einen Augenblick zu bedenken, ab. Sie wollte weder seinen Namen mehr tragen, noch sein Geld annehmen. Unter dem Namen, den sie als Mädchen getragen und der sie in der Kunstwelt berühmt gemacht hatte, waren Mutter und Tochter von nun an allen Denen bekannt, die es noch der Mühe werth hielten, sich um sie zu kümmern, seit sie in stiller Verborgenheit lebten.
Es war kein falscher Stolz in dieser Haltung, zu der sie sich entschloß, nachdem ihr Gatte sie verlassen hatte. Mrs. Silvester, wie sie sich jetzt nannte, nahm die Unterstützung der theuren alten Freundin, die sie in ihrem Unglück wiedergefunden hatte, und die ihr bis an das Ende ihres Lebens treu blieb, für sich und ihre Tochter Anne dankbar an.
Sie lebten bei dieser Freundin Lady Lundie, bis Mrs. Silvester sich stark genug fühlte, ihren künftigen Lebensplan, ihr Brot als Gesanglehrerin zu verdienen, zur Ausführung zu bringen. Dem äußern Anschein nach erholte sie sich und war nach Verlauf weniger Monate wieder ganz die Alte. Sie kam in ihrem neuen Beruf sehr gut fort, überall erwarb sie sich Sympathie, Vertrauen und Achtung, als plötzlich