Der kleine Fürst Staffel 8 – Adelsroman. Viola Maybach
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Alexis hatte klar umrissene Pläne. Wenn er die Pferde, die er billig erworben hatte, teuer verkauft und sich außerdem noch das Gut mit dem umliegenden Land angeeignet hatte, um es ebenfalls teuer zu verkaufen, konnte er sich am anderen Ende der Welt ein neues Leben aufbauen. Geld in Hülle und Fülle, keine Verpflichtungen mehr, keine Zwänge. Er würde nur noch tun, was ihm gefiel, und niemand konnte ihn mehr daran hindern. Wenn seine Mutter ihn sehen wollte, würde sie ihn besuchen müssen, denn ihm war schon klar, dass seine krummen Geschäfte vielleicht irgendwann ans Licht kamen, also konnte er nicht nach Deutschland zurückkehren. Doch das kümmerte ihn nicht. Im Augenblick jedenfalls machte er sich keinerlei Sorgen – ihm kam niemand so leicht auf die Schliche.
Der einzige Unsicherheitsfaktor war Robert von Hoyningen, doch den hatte er in der Hand. Außerdem war er ein schwacher Charakter, der es niemals wagen würde, seine eigene Existenz aufs Spiel zu setzen, um ihn, Alexis, auffliegen
zu lassen.
Er warf noch einen letzten zufriedenen Blick auf das jammervoll zugerichtete Haus, bevor er sich abwandte. Ein weiteres Problem war gelöst, er kam seinem Ziel jeden Tag ein Stück näher. Und der erste Pferdeverkauf war auch bereits völlig reibungslos über die Bühne gegangen. So leicht also konnte man heutzutage eine knappe Million verdienen.
Er lachte in sich hinein. »Ich bin ein Genie!«, murmelte er.
*
»Bis morgen«, sagte Lucius, als er sich von Franziska verabschiedete.
»Du musst doch arbeiten«, erwiderte sie.
»Aber hinterher komme ich, um zu begutachten, was mein Onkel und seine Freunde geleistet haben.«
»Du Angeber!«, rief Ulrich. »Habt ihr das gehört, Männer?«
Bodo, Kurt und Armin grinsten. »Wenn er uns am Wochenende helfen will«, meinte Kurt, »dann kann er uns ja zeigen, was er kann.«
»Und was soll ich morgen kochen?«, fragte Elsbeth. »Hat jemand einen Wunsch?«
»Schnitzel mit Pommes und Salat«, antwortete Armin sehnsüchtig. »Das habe ich schon so lange nicht mehr gegessen. Früher …« Er verstummte, bevor er verlegen hinzusetzte: »Früher gab es das bei uns öfter, das war immer mein Lieblingsessen.«
»Alle einverstanden?«, fragte Elsbeth.
Einstimmiges Nicken antwortete ihr, daraufhin fuhren die Männer ab. Lucius brachte Bodo und Kurt nach Hause, Ulrich nahm Armin mit.
Als Lucius die Männer abgesetzt hatte, beschloss er, noch einmal bei Ulrich vorbeizufahren. Sein Onkel war der einzige Mensch, mit dem er offen über seine Gefühle für Franziska reden konnte – und danach sehnte er sich jetzt.
Als er die Straße hinauffuhr, an dessen Ende Ulrichs Haus stand, beschlich ihn plötzlich ein seltsames Gefühl. Später kam er zu der Erkenntnis, dass er wohl eine Art Vorahnung gehabt hatte. Ulrich war noch nicht da – Armin wohnte ein ganzes Stück entfernt.
Lucius’ Blick fiel auf das Haus, und vor Schreck trat er so heftig auf die Bremse, dass der Motor stotternd erstarb. Das Haus sah aus, als hätte ein Sturm gewütet – doch das Wetter war ja vollkommen ruhig gewesen, diese Erklärung für die Verwüstungen fiel also aus.
Das Herz schlug ihm bis zum Hals, seine Hände krampften sich um das Lenkrad seines Wagens. Was war da passiert? Er stellte fest, dass er davor zurückschreckte, weiterzufahren. Langsam stieg er aus und spähte zum Haus hinüber. Nur zögernd nahm sein Gehirn die Einzelheiten wahr: das teilweise abgedeckte Dach, die zerhackte Eingangstür, die niedergerissenen Zäune, die eingeschlagenen Fenster.
Er hörte, wie sich ein Wagen näherte und zuckte vor Schreck zusammen. Kamen diejenigen, die für die Verwüstung verantwortlich waren, noch einmal zurück? Würden sie jetzt auch ihn angreifen, weil er die Schandtat entdeckt hatte? Aber als er sich umdrehte, erkannte er den Wagen seines Onkels. Er erschrak erneut. Wenn der Anblick des Hauses schon auf ihn eine solche Wirkung ausübte – um wie vieles schlimmer musste er dann für Ulrich sein!
Ulrich hupte, doch Lucius war unfähig, sich zu rühren. Er sah seinen Onkel nur an, daraufhin stieg dieser ebenfalls aus. Er setzte schon zu einer Frage an, als sich seine Augen plötzlich weiteten: Nun hatte auch er entdeckt, was geschehen war.
»Nein!«, stieß er hervor. Gleich darauf stürzte er vorwärts, Lucius folgte ihm. Die Autos ließen sie mitten auf der Straße stehen.
Was nun folgte, beschrieben beide Männer später als Albtraum. Zögernd und mit angehaltenem Atem betraten sie das Haus, liefen durch die Zimmer, registrierten die Schäden, ohne wirklich zu begreifen, wie das alles hatte geschehen können. Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis Ulrich imstande war, zum Telefon zu greifen und die Polizei anzurufen.
Danach setzte sich der Albtraum fort, denn nun mussten Spuren gesichert, das Grundstück abgesperrt werden. Da die Haustür nicht mehr existierte und mehrere Fenster eingeschlagen worden waren, hätte sonst jeder, der vorbeikam, das Haus ungehindert betreten können.
Noch während die Beamten ihrer Arbeit nachgingen, rief Lucius auf Gut Randershausen an, um Franziska und Elsbeth zu benachrichtigen. Nun waren alle schönen Pläne hinfällig, die sie gemacht hatten, denn Ulrich würde für lange Zeit damit beschäftigt sein, das eigene Haus wieder herzurichten.
*
Franziska war leichenblass, als sie zu Elsbeth zurückkehrte. Die beiden Frauen hatten noch draußen gesessen, der Abend war schön und mild, und nach wie vor war die Temperatur zumindest tagsüber draußen angenehmer als im Haus.
»Ist etwas passiert?«, fragte Elsbeth beunruhigt. Das Telefon hatte Franziska zuvor ins Haus gerufen.
»Ulis Haus ist vollkommen demoliert worden«, antwortete Franziska tonlos. »Das war Lucius, er war den Tränen nahe. Er sagte, so etwas hätte er in seinem ganzen Leben noch nicht gesehen.« Sie beschrieb Elsbeth, was sie soeben gehört hatte.
Elsbeth war nicht weniger entsetzt, sie hatte sich jedoch besser unter Kontrolle. »Aber wer tut denn so etwas – und warum?«, fragte sie mit gerunzelter Stirn. »Ich verstehe das nicht, Franzi.«
»Wer versteht so etwas schon? Er tut mir so leid, Elsbeth – er ist so ein feiner Mann. Warum machen Menschen so etwas?«
»Hatte er Geld und Wertsachen im Haus?«
»Das weiß ich nicht. Lucius hat nur erwähnt, dass offenbar nichts gestohlen worden ist. Er meinte, da wäre jemand aus purer Lust an der Zerstörung am Werk gewesen. Jedenfalls ist das das Ende unserer Pläne für das Gutshaus.«
Elsbeths Blick glitt in die Ferne. »Vielleicht«, murmelte sie nach einer Weile nachdenklich, »ist das der wahre Grund für die Zerstörung.«
»Was meinst du denn damit?«
»Dass es nicht um Ulis Haus ging, sondern um deins. Dass es jemandem nicht gefällt, wenn hier plötzlich gearbeitet wird und es so aussieht, als bliebst du hier.«
»Ich verstehe dich immer noch nicht«, erklärte Franziska unsicher.
»Bist