Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Die Chefin Marianne freute sich über den Ansturm ebenso wie über die Hilfe. Im Augenblick konnte sie Hilfe gut brauchen. Nach dem Tod des Vaters litt ihre Mutter unter depressiven Verstimmungen, was sie sehr besorgte und beschäftigte.
»Aber Mama, warum hast du das getan?«, fragte sie ins Telefon. Sie stand hinter dem Tresen in der Ecke, während Felix die Kunden bediente. Goldenes Sonnenlicht fiel durch die Sprossenfenster und malte Muster auf den altehrwürdigen Dielenboden. »Nadja war doch eine große Hilfe.« Während sie telefonierte, musterte sie die Kundschaft im Verkaufsraum, die fast nur aus jungen Mädchen bestand, die den Pilotenschüler anhimmelten. Zum Glück war sie diesem Alter längst entwachsen. Marianne war sicher, dass auch sie sich sofort in ihn verliebt und viele schlaflose Nächte verbracht hätte. Zwischen all den Mädchen fiel ihr ein Mann auf, der mit grimmiger Miene darauf wartete, bedient zu werden. Sie wusste, wer er war. Doch er war noch nicht an der Reihe, und so konzentrierte sich Marianne wieder auf das Telefonat. »Natürlich ist das deine Sache«, sagte sie zu ihrer Mutter. »Trotzdem darf ich mir doch wohl Sorgen machen. Es geht ja nicht nur um Nadja, sondern auch um ihren Mann. Wie willst du denn jetzt ganz allein mit dem großen, alten Haus fertig werden?« Eine tiefe Falte zierte ihre Stirn, während sie in den Hörer lauschte.
Inzwischen arbeitete Felix zügig, sodass die Reihe bald an dem Mann war.
»Was kann ich für Sie tun?«, erkundigte er sich. »Der Renner sind heute unsere Kirschtaschen. Falls Ihnen der Sinn aber eher nach …«
»Die Mühe kannst du dir sparen«, unterbrach der vermeintliche Kunde ihn. Seine Stimme dröhnte durch das kleine Geschäft. »Ich muss mit der Chefin reden.«
Marianne sah wieder hoch. Sie nickte ihm zu und bat mit einer Geste um Geduld.
»Also schön, Mama. Ich muss jetzt Schluss machen. Bitte sag Bescheid, wenn du Hilfe brauchst.« Es war ihr anzusehen, dass die Antwort wenig freundlich ausfiel. Marianne verabschiedete sich seufzend und legte auf.
Auf diesen Moment hatte der Mann vor dem Tresen nur gewartet. Gregor Holzmann war ein Lieferant und dafür bekannt, dass nicht gut Kirschen essen mit ihm war. Dummerweise bot er die feinsten Fondants, die zarteste Schokolade und ausgefallensten Backdekorationen weit und breit an. Wenn man Erfolg ihm Geschäft haben wollte, kam man an ihm nicht vorbei.
»Na endlich!«, schnauzte er sie auch prompt an.
Um keine entsprechende Antwort zu geben, atmete Marianne tief durch.
»Ich nehme an, es geht um die Rechnung«, säuselte sie lächelnd..
»Ihre blitzschnelle Auffassungsgabe ist bemerkenswert.«
Felix schickte der Verlobten seines Onkels einen raschen Blick. Es war ihm anzusehen, dass er am liebsten eingegriffen hätte. Mit einer versteckten Geste hielt Marianne ihn davon ab.
Sie funkelte Holzmann aus schmalen Augen an.
»Vielen Dank für das Kompliment.« Ihr Lächeln war das eines Engels. »Leider sind Sie umsonst gekommen. Ich hab sie nämlich längst bezahlt.« In ihrer Stimme lag deutlicher Triumph.
Felix wurde hellhörig, während Gregor Holzmann den Kopf schüttelte.
»Wenn das so wäre, hätte ich ja wohl kaum den Weg hierher gemacht. Das können Sie mir glauben. Ich will mein Geld. Und zwar sofort!«
Allmählich war Marianne mit ihrer Geduld am Ende angelangt. Sie stemmte die Hände in die Hüften und blitzte Holzmann an.
»Wenn Ihnen niemand beigebracht hat, wie man Kontoauszüge liest, kann ich nichts dafür«, konterte sie. Gleichzeitig spürte sie, wie sie am Ärmel gezupft wurde. Daraufhin bekam auch Felix einen wütenden Blick ab. »Schon gut, Felix, du kannst gehen. Ich brauch dich jetzt nicht mehr.«
»Aber …«
»Ich. Brauch. Dich. Nicht. Mehr!« Sie betonte jedes einzelne Wort.
Er dachte kurz nach. Er hätte Marianne diese Peinlichkeit gern erspart. Doch es half alles nichts.
»Kann ich dich kurz allein sprechen? Es dauert auch nicht lang.«
Marianne hielt große Stücke auf Felix. Nur deshalb stutzte sie.
»Hat das nicht Zeit?«
»Es geht um die Rechnung.«
Die Tortenkünstlerin, die eine Zeit lang in Tatjanas Café ›Schöne Aussichten‹ gearbeitet hatte und nicht unerheblich am Anfangserfolg beteiligt gewesen war, zögerte, ehe sie sich an Gregor Holzmann wandte.
»Einen Kaffee?«
»Wenn’s denn unbedingt sein muss …«
Marianne drehte sich zur Kaffeemaschine um und schenkte Kaffee ein. Dampf stieg aus dem Becher und ein Duft nach frisch gerösteten Bohnen. Sie stellte Milch und Zucker dazu, ehe sie Felix ins kleine Büro folgte, das im hinteren Teil der Bäckerei und Konditorei lag.
»Was gibt’s denn so Dringendes?«
Wortlos ging er zum Schreibtisch und wühlte eine Weile zwischen Rechnungen, Werbeschreiben und Kinderzeichnungen, die von kleinen Patienten stammten. Es dauerte, bis er das fand, wonach er gesucht hatte. Schließlich hielt er Marianne das Blatt Papier hin.
»Was ist das?«, fragte sie und nahm es in die Hand. Beim genaueren Hinsehen wurde sie blass. »Aber … aber ich dachte …«, stammelte sie.
»Sieht so aus, als hättest du dich getäuscht.«
»Wie kann das nur sein?« Sie ließ das Papier sinken und sah Felix an.
Der zuckte mit den Schultern.
»Vielleicht hattest du vor, sie zu bezahlen, und dann ist dir irgendwas dazwischen gekommen«, mutmaßte er.
Seufzend fuhr sie sich durch das Haar, das auch an diesem Morgen ihrem Bändigungsversuch widerstanden hatte.
»Und ich führ mich so auf vor Herrn Holzmann. O Gott, ist mir das peinlich.«
Beim Gedanken daran wurde Marianne rot.
»Shit happens, wie der Engländer sagt«, grinste Felix. »Gibt Schlimmeres!« Er deutete auf die Narbe an seiner Stirn, die ihm vom Flugzeugabsturz geblieben war, ihn in den Augen der Mädchen aber nur noch attraktiver machte.
Marianne schnitt eine Grimasse.
»Stimmt schon«, räumte sie ein. »Trotzdem ist es mir unangenehm.«
»Wenn du willst, gehe ich raus und lass mich fressen«, bot Felix an.
Doch sie schüttelte den Kopf.
»Kommt gar nicht in Frage. Die Suppe, die ich mir eingebrockt hab, löffle ich auch selbst aus.« Sie zwang sich ein Lächeln auf die Lippen, holte tief Luft und verließ das Büro. Felix sah ihr nach, bereit, ihr zu Hilfe zu eilen, wenn es doch nötig sein sollte.
*