Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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»Blöderweise ist das erst der Anfang. Der freundliche Empfang hat unserem lieben Herrn Klotz neuen Mut gemacht. Er hat darauf bestanden, mich zum Essen einzuladen.«
Vor Schreck fiel Janine das Brot aus der Hand. Dunkelbrauen Spritzer verteilten sich auf ihrem rosafarbenen Shirt. Doch sie achtete nicht darauf.
»Du hast doch hoffentlich nicht zugesagt?«
»Ich hab mich gewunden wie eine Schlange. Vergeblich.« Deprimiert sah Wendy ihre Freundin und Kollegin an. »Du siehst, du bist doch nicht besser als ein Pinguin!«
*
Während Titus die Getränke nach draußen brachte, blieb Josephine in der Backstube. Trotz der guten Vorsätze wurde sie erneut schwach und beobachtete ihren Freund durch’s Fenster. Als er das Glas vor der hübschen Blondine von vorhin abstellte, lächelte die ihn strahlend an. Schon wieder schnürte sich Josys Hals zu.
»Ich hoffe, du hast keine Schwierigkeiten bekommen«, sagte Anneka. Die Sonne blendete sie, und sie kniff die Augen zusammen. Ihre Nase kräuselte sich, und unwillkürlich schlug Titus‘ Herz schneller.
»Nein, nein, kein Stress«, versicherte er hastig. Ihr Anblick ließ seinen Atem schneller gehen. »Wir sind noch nicht lange getrennt, und irgendwie kommt Josy nicht drüber weg.« Er wusste selbst nicht so genau, warum er das sagte. Er wusste nur, dass er sich nicht dafür schämte.
»Oh, das tut mir leid.« Sofort war Annekas Gesicht voller Mitgefühl. »Das Blöde an solchen Trennungen ist ja, dass einer meistens weiter ist als der andere.« Unwillkürlich wanderten ihre Gedanken zu ihrem Freund Noah. War es bei ihnen nicht ähnlich? In letzter Zeit fiel ihr immer öfter auf, wie langweilig ihr gemeinsamer Alltag geworden war. Als sie versucht hatte, mit ihm darüber zu reden, hatte er abgeblockt. Noah empfand völlig anders als sie und hatte nicht so recht verstanden, wovon sie überhaupt sprach. Er war zufrieden und glücklich so, wie es war. Aber sie? Was war mit ihr? Hatte sie nicht auch ein Recht auf Glück?
»Stimmt was nicht?« Titus hatte den Ausdruck in Annekas Augen bemerkt. »Ich wollte dich nicht traurig machen.« Der Hals war ihm eng geworden. Unwillkürlich fasste er sich an die Kehle.
Das Lachen ihrer Mitschülerinnen riss Anneka aus ihren Gedanken.
»Nein, nein, schon in Ordnung.« Sie zwang sich ein Lächeln auf die Lippen, als sie bemerkte, wie Titus nach Luft schnappte. »Stimmt was nicht?«
Er konnte nicht antworten, starrte sie nur aus angsterfüllten, großen Augen an. Einen Wimpernschlag später stürzte er zwischen den Tischen zu Boden.
*
»Vor allem der linke Lungenflügel hebt sich nicht wie bei Gesunden schwarz vom restlichen Brustkorb ab.«
Der Radiologe Dr. Reinhard Witt deutete auf den entsprechenden Bereich auf dem Bildschirm.«
Fee stand davor und betrachtete nachdenklich die Röntgenbilder.
»Sieht aus wie milchige Wolken.«
»Ein Hinweis auf eine beginnende Lungenentzündung«, bestätigte Dr. Witt.
»Dazu passt das Fieber der Patientin.« Sie seufzte. Nach der Einlieferung in die Behnisch-Klinik hatte sich Melanie Platz‘ Zustand verschlechtert. »Dann hat Lammers recht. Was schlagen Sie vor?« Obwohl sie einen Therapieansatz im Kopf hatte, bezog sie den Kollegen mit ein.
»Eine Antibiotikatherapie, die sich gegen die gängigsten Krankheitserreger von Lungenentzündungen richtet.«
Das war auch ihr Gedanke gewesen.
»Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
»Gern geschehen. Halten Sie mich auf dem Laufenden!« Reinhard Witt lächelte die geschätzte Kollegin an und sah ihr nach, als sie das Zimmer verließ.
Auf dem Weg zu Melanie begegnete Fee ein Kollege, der Kinderarzt Götz Grabmann.
»Wohin des Wegs, schöne Frau?«, fragte er.
Obwohl sie wusste, dass das nur Spaß war, schlug ihr Herz schneller. Sie fühlte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss.
»Ich hab Ihnen schon mal gesagt, dass Sie sich nicht lustig machen sollen über mich.«
»Und ich hab geantwortet, dass mir nichts ferner liegt«, erwiderte er schlagfertig. »Stört es Sie, wenn ich Sie ein Stück begleite?«
Felicitas schüttelte den Kopf.
»Ganz im Gegenteil. Ich habe eine Bitte an Sie.«
»Lassen Sie mich raten! Sie erhören mein Flehen und gehen mit mir essen?« Sein hoffnungsfroher Blick ruhte auf Fee und machte sie nervöser, als ihr lieb war.
»Wie oft muss ich Ihnen noch sagen, dass ich eine verheiratete Frau bin?«
Mitten auf dem Flur blieb Götz abrupt stehen und wartete darauf, dass Felicitas es ihm gleichtat.
»Herrgott noch einmal, Felicia, es geht um ein Abendessen. Ich hab Ihnen kein unsittliches Angebot gemacht.« Zum ersten Mal benutzte er diesen Namen und irritierte sie damit noch mehr.
»Mein Name ist Felicitas«, wies sie ihn schroff zurecht.
Götz lächelte ebenso entwaffnend wie unbeeindruckt.
»Die italienische Form steht Ihnen aber besser. Sie ist nicht so hart, sondern weicher, weiblicher. Genau wie Sie!«
»Jetzt ist es aber genug!« Am anderen Ende des Flurs bog Volker Lammers um die Ecke. Zum allerersten Mal freute sich Fee, ihn zu sehen. Sein Auftauchen war ein guter Grund, um dieses unangenehme Gespräch zu beenden. Fee ärgerte sich nur darüber, dass ihre Stimme nicht halb so abweisend war wie beabsichtigt. »Um auf meine Bitte zurückzukommen: Wir brauchen ein großes Blutbild von Melanie Platz«, kehrte sie zum Thema zurück. »Lassen Sie auf Krankheitserreger testen und prüfen Sie, ob eine HIV-Infektion für die Atembeschwerden verantwortlich sein kann.«
Als Lammers in diesem Moment vorbeiging, schickte er den beiden Kollegen einen argwöhnischen Blick. Fee dankte dem Himmel, dass er diesmal auf eine anzügliche Bemerkung verzichtete und kommentarlos in seinem Büro verschwand.
»Alles klar, Chefin.« Götz Grabmann hatte den stummen Befehl in ihren Augen gesehen und kehrte zur gewohnten Anrede zurück. Auf keinen Fall wollte er es sich mit dieser faszinierenden Frau verderben. Seit er sie in der Klinik kennengelernt hatte, träumte er von ihr, wohlwissend, dass sie unerreichbar war.
Felicitas dagegen kehrte gedankenvoll in ihr Büro zurück. Warum fühlte sie sich von Götz Grabmanns Annäherungsversuchen geschmeichelt? Sicher, es lagen schwere Monate hinter Daniel und ihr, in denen ihre Liebe viel zu kurz gekommen war. Aber das war kein Grund, sich an den Komplimenten eines anderen zu freuen. Oder war das nach so langer Ehe ganz normal?
*
Als Titus vor aller Augen im Garten zusammengebrochen war, hatte nicht nur Josy in der Backstube aufgeschrien. Auch die Frauen draußen taten ihr Entsetzen lautstark kund. Lediglich Anneka fackelte nicht lange. Sie sprang vom Stuhl auf